Trotz ausserordentlich tiefer Zinse können viele Haushalte selbst mit mittlerem Verdienst keine Hypothek aufnehmen. Grund ist die Tragbarkeitsregel, nach der sich Banken richten. Sie ziehen nämlich einen Zinssatz von fünf Prozent heran, um zu berechnen, ob das Einkommen für eine Hypothek ausreicht. Damit soll verhindert werden, dass jemand bei steigenden Zinsen in Schieflage geraten.

Raiffeisen-Chef Patrik Gisel kündigte im vergangenen September an, seine Bank wolle diese Regelung "flexibilisieren", so dass auch Personen mit geringerem Verdienst sich Wohneigentum leisten können. Etwa durch vereinbarten Schuldenabbau wollte die Bank sicherstellen, dass die Risiken trotz lockerer Vergabekriterien nicht steigen.

Noch Mitte Dezember bekräftigte die Bank, sie werde das Angebot in den kommenden Wochen vorstellen. Doch nun tönt es anders: "Das machen wir nun nicht", sagte Gisel in einem Interview mit der Zeitung "Schweiz am Sonntag".

Obwohl er den Plan im Prinzip hätte umsetzen dürfen, fügt sich Gisel nach "intensivem Austausch" zumindest vorerst den Bedenken der Behörden. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde FINMA habe die Risiken der neuen Regeln anders beurteilt als die Bank, sagte Gisel. "Sie hatte Bedenken, dass wir eine Spirale in Gang setzen."

Sorgen bereitete der FINMA nach Gisels Darstellung, dass andere Banken den gleichen Schritt getan hätten - zumal die Raiffeisen-Gruppe Marktführerin ist - und dann womöglich zu locker mit den Tragbarkeitsregeln umgegangen worden wäre. Nach Bekanntwerden der Raiffeisen-Pläne warnte nebst der FINMA auch die Nationalbank vor steigenden Immobilienpreisen und einer Blase.

Ganz fallenlassen will Gisel seinen Plan aber dennoch nicht. "Wir halten grundsätzlich an unserer Vision fest", sagte er. Angesichts der tiefen Zinse sei Wohneigentum "für viele Haushalte richtig" - aber wegen der 5-Prozent-Regel gingen viele leer aus.

"Wir suchen nach neuen Wegen, bei denen nicht immer von dieser Tragbarkeit geredet wird", sagte Gisel. Dies könne beispielsweise über "regulatorisch vorgesehene Ausnahmen" gehen, von denen speziell junge Familien profitieren könnten.

Nach dem Hauptunterschied gefragt zwischen der ursprünglichen Idee und der neuen, sagte er: "Der Hauptunterschied wird sein, dass wir kein Marketing mehr fahren werden." Vom Effekt eines solchen Werbeefforts auf die Konkurrenz soll sich die FINMA vor allem gefürchtet haben.

(SDA)