Schlechte Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten! Schwächere Wirtschaftsdaten auf beiden Seiten des Atlantiks haben Risikoanlagen auf neue Höchststände getrieben. Mit einer rückläufigen Inflation sowohl in den USA als auch in der Eurozone und schwächeren als erwarteten PMI- und anderen Indikatoren erwartet der Markt, dass die Fed ihre Zinserhöhungen so gut wie beendet hat und die EZB noch höchstens einmal die Zinsen anheben wird. Momentan gehen die Marktteilnehmer gar davon aus, dass die Fed die Zinssätze bis zum ersten Quartal des nächsten Jahres senken wird. Der Spread zwischen 2- und 10-jährigen US-Staatsanleihen handelt derzeit nahe ihrem tiefsten Stand seit 1981. Der S&P 500 und der Nasdaq-100 haben in den letzten Wochen kräftig zugelegt, bevor sie am Dienstag nach Herabstufung der USA durch die Rating-Agentur Fitch einen Dämpfer hinnehmen mussten. Beide Indizes notieren immer noch nur knapp unter ihren Allzeithochs. Als weiteres Zeichen dafür, dass der Markt die von den Zentralbanken propagierte Storyline einer «weichen Landung» als Basisszenario akzeptiert hat, haben sich die Risikoaufschläge für amerikanische und zu einem geringeren Ausmass auch europäische Unternehmensanleihen in den letzten Wochen verringert.

Kryptowährungen konnten derweil nicht von der optimistischen Stimmung an den traditionellen Märkten profitiert. Der Korrelations-Trend zwischen Bitcoin und traditionellen Vermögenswerten, insbesondere US-Technologieaktien, nimmt weiterhin ab. Die rollierende 3-Monats-Korrelation zwischen Bitcoin und dem Nasdaq-100 liegt derzeit unter 0.1, dem niedrigsten Stand seit Mai 2021. Nachdem die Märkte im Juni durch die Bewerbung von Blackrocks Bitcoin-ETF einen Schub erhalten hatten, dümpeln die Kurse momentan vor sich her. Bei geringem Handelsvolumen scheitern Kryptowährungen derzeit daran, aus ihrem mittelfristigen Trendkanal auszubrechen. Der diese Woche in den USA eingereichte Antrag mehrerer grosser Vermögensverwalter auf einen Futures-basierten Ethereum-ETF fand an den Märkten ebenfalls wenig Beachtung. Auch der Derivatemarkt ist nach wie vor defensiv positioniert. Die Preise für kurzfristig auslaufende Optionen gemessen an der implizierten Volatilität handeln derzeit nahe ihren historischen Tiefständen.

Im letzten Monat haben wir über die regulatorischen Unsicherheiten geschrieben, mit denen die Anlageklasse konfrontiert ist, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Als kurze Zusammenfassung: Die US-Börsenaufsichtsbehörde (SEC) machte Anfang Juni Schlagzeilen, als sie mehrere Coins, darunter SOL, ADA, MATIC, SAND, BUSD, BNB und ATOM, als Wertpapiere einstufte und damit einen zusätzlichen Anlegerschutz forderte. Ripple Labs, das Unternehmen hinter dem Coin XRP - der zuvor ebenfalls als Wertpapier eingestuft wurde - hat einen bahnbrechenden Sieg gegen die Behörde errungen. Ein US-Bundesgericht hat entschieden, dass Ripple-Labs nicht gegen die Wertpapiergesetze verstoßen hat, als es den Token XRP einem breiten Anlegerpublikum anbot. Der Fall XRP wird von Branchenbeobachtern wegen der weitreichenden Auswirkungen, die das Urteil auf die gesamte Krypto-Branche ausstrahlt, aufmerksam verfolgt. Nun hat Coinbase CEO Brian Armstrong in einem Gespräch mit der Financial Times erläutert, dass die SEC Coinbase vor der Anzeige aufgefordert hat, den Handel mit allen Kryptowährungen außer Bitcoin einzustellen. Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass die SEC ihre Autorität auf die gesamte Krypto-Branche ausweiten möchte, ohne dafür eine klare rechtliche Grundlage zu haben. Dies schafft Rechtsunsicherheit und verhindert Innovation in dieser aufstrebenden Industrie.

Wie bereits in der Vergangenheit geschrieben, könnte das teilweise erratische Vorgehen der amerikanischen Aufsichtsbehörden, dem europäischen Innovationsstandort zugutekommen. Immer mehr Krypto- und Handelsfirmen (u.a. Bittrex, Binance, Jump, Jane-Street) schränken ihre Aktivitäten in den USA ein und weiten ihre Aktivitäten in der Schweiz, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in der EU und im Vereinigten Königreich aus. Die Regulierungsrichtlinie MiCA, die im April mit überwiegender Mehrheit vom europäischen Parlament verabschiedet wurde, stellt ein klares Signal dar, dass man in der EU an die Zukunft des Sektors glaubt. Ähnliche Charme-Offensiven sind auch im Vereinigten Königreich im Gange. Auch in der Schweiz hat der Gesetzgeber die Weichen bereits früh gestellt, um Krypto-Firmen hierzulande ansässig zu machen.

Weitere Krypto-relevante Nachrichten im Juli sind:

- Inmitten der internationalen Isolation durch den Ukraine-Konflikt verfolgt Russland Pläne zur Einführung eines digitalen Rubels. Die Zentralbank Russlands will die digitale Währung im nächsten Monat testen und Privatpersonen und Unternehmen die Möglichkeit geben, digitale Geldbörsen auf der Plattform der Zentralbank zu erstellen.

- Das von OpenAI-CEO Sam Altman gegründete Unternehmen Worldcoin stellte sein innovatives "digitales Reisepass"-System World ID vor, das einen persönlichen Iris-Scan einsetzt, um Nutzer als echte Menschen und nicht als KI-Bots zu verifizieren.

- Die US-Regierung hat den FedNow Service eingeführt, eine sofortige Zahlungsinfrastruktur, die die traditionelle Geldtransferlandschaft revolutioniert. Mit FedNow erhalten Finanzinstitute sofortigen Zugang zu Geldmitteln, so dass die Nutzer zu jeder Tages- und Nachtzeit Geld erhalten und verwenden können.