Die AHV-Rente und die Bezüge aus der Pensionskasse lassen sich einfach errechnen - dann kommt es darauf an, wie viel jemand ansparen muss, um seine finanziellen Vorstellungen im Ruhestand verwirklichen zu können. Die meisten Leute hätten aber keine Ziele, sagt Willy Graf, Inhaber und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens VVK Vorsorge- und Vermögenskonzepte in Teufen AR, im cash-Talk: "Wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind richtig."

Deswegen empfiehlt der Vorsorgespezialist, dass sich in erster Linie jeder Gedanken über die Menge Geld machen soll, von der er im Alter leben will: "Das Haushalt-Budget muss gedeckt sein." Graf nennt zudem Vor- und Nachteile von verschiedenen Wegen, dieses Ziel zu erreichen.

Säule 3a: Die Säule 3a ist für Graf trotz der aktuell tiefen oder gar auf null gesenkten Verzinsung immer noch eine gute Vorsorgemöglichkeit. Indem man Jahr für Jahr das Maximum einbezahle (in diesem Jahr sind dies 6768 Franken), spare man Steuern. Im Kanton Zürich liessen sich 2000 Franken im Jahr sparen, das wiege auch ein besserer Zins nicht auf. Die Säule 3a in unterschiedlichen Ausprägungen empfehle sich für verschiedende Alterskategorien: "Wenn Sie jünger sind als 45, lohnt sich ein Bank-Fondskonto." Wer über 45 oder sogar über 55 Jahre alt sei, müsse bei den Fonds mehr auf die Entwicklung der Börsen achten. Um das Risiko zu minimieren, dass beim Zeitpunkt des regulären Bezugs die Kurse im Keller sind, kann man beispielsweise auf Versicherungsprodukte umschwenken, welche zumindest die angelegte Summe garantieren.

Bank- und Lebensversicherungsprodukte: Grafs Rat: "Wir empfehlen, so früh wie möglich anzufangen." Investieren könne man aber nur Geld, das nicht für das tägliche Leben gebraucht werde. Zu beachten sei, dass Bankprodukte nur so sicher seien wie der Emittent. Bei Lebensversicherungen könne man sich darauf verlassen, dass das Geld ausbezahlt werde. Einen wichtigen Hinweis für Vorsorgeprodukte aus der privaten Finanzindustrie gibt Graf aber auch mit: "Der Kunde sollte nur in Produkte investieren, die er kennt und versteht." Um ein genaues Studium der Angebote kommt man nicht herum, zumal es kostspielig ist, sich aus solchen Produkten wieder herauszukaufen. 

Kapitalbezug für Wohneigentum: "Wenn sie Geld aus der Pensionskasse beziehen, reduziert sich die Rente im Alter. Beim Bezug von 200'000 Franken reduziere sich die Rente bei einem Umwandlungssatz von 6 Prozent um 12'000 Franken jährlich. Darum müsse der Kapitalbezug für Wohneigentum sehr genau überlegt sein. Graf empfiehlt dies nur, wenn die AHV, die Pensionskasse und allenfalls weitere Geldquellen wie Erspartes oder ein Erbe dies zulassen. "Nur arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten, damit man die Lücke wieder schliessen kann - lassen Sie lieber die Finger davon." Eine Alternative sei, die Pensionskasse zu verpfänden und andere Quellen für die Wohnfinanzierung zu suchen.

Nachzahlung in die Pensionskasse: Nachzahlen soll man laut Graf, wenn AHV und Pensionskasse für das Alter zu wenig hergeben - immer gemessen daran, mit welchem Budget gerechnet wird. Das Nachzahlen habe zudem den Vorteil, dass es wie die Säule 3a steuerlich begünstigt werde, sagt Graf. Aus steuerlichen Gründen könne es aber geradeso gut von Vorteil sein, Geld aus der Vorsorge zu beziehen.

Kapitalbezug: Beim Kapitalbezug sei genauso wie beim Bezug für Wohneigentum zu beachten, dass die verbleibende Rente schrumpfe. Beim Kapitalbezug empfiehlt Graf in jedem Falle das Erstellen eines Risikoprofils: "Dabei geht es um Risikofähigkeit und Risikowilligkeit: Will man überhaupt Kapital verbrauchen?" Ein Teil der in die Pension Gehenden habe einfach Angst davor, vom Konto zehren zu müssen: "Wenn man früher von Lohn lebte, kommt es einem Paradigmenwechsel gleich, wenn man fortan Geld aufbraucht." Wer sich dann aber für die Rente entscheide, müsse mit höheren Steuern leben. Die ideale Lösung sei, mit der Rente das Budget zu decken.

Frühpensionierung: Die Frühpensionierung liege schlicht und einfach dann drin, wenn man es sich leisten könne. Zu beachten gilt laut Graf, dass im Alter regelmässige Ausgaben wie die Einzahlungen in die Säule 3a oder Lebensversicherungen ja wegfielen und allenfalls auch Berufsauslagen nicht mehr fällig seien: "Ihr Altersbudget ist tiefer als heute."

Ziel der meisten Menschen sei es nicht, möglichst viel Geld für das Alter aufzuhäufen, sondern den angestammten Lebensstandard zu wahren. "Die grössten Fehler sind: Man hat keine Disziplin oder man lässt sich beeinflussen." Tagesereignisse und "Ratschläge" aus dem Umfeld sollten laut Graf nicht als Richtschnur für Vorsorgeentscheidungen herhalten: "Sie müssen immer individuell für sich entscheiden."