Kein anderer Trend in der Investmentwelt hat in den letzten Jahren einen derartigen Siegeszug erlebt wie das Thema «ESG». Die drei Buchstaben stehen für drei parallele Ansätze für nachhaltiges Unternehmertum und entsprechendes Anlegerverhalten. E steht für «Environmental» (Umweltschutz), also den Einfluss von Unternehmen auf Natur und Umwelt. Das S steht für «Social» (Soziales), sprich nachhaltige Beziehungen zu den verschiedenen Stakeholdern. Die wichtigsten sind Investoren (vor allem Aktionäre), Lieferanten, öffentlich-rechtliche Körperschaften (sprich das Gemeinwesen) und die Mitarbeitenden. Der Buchstabe G steht für «Governance» (Unternehmensführung); hier geht es um die unternehmerische Ausrichtung beispielsweise in Bezug auf die Führung, Vergütungsmodellen, Audits und internen Kontrollen.

Das Wort «parallel» ist wichtig: Bei ESG geht es nicht einfach um Diversity oder einen kleineren CO2-Fussabdruck oder Menschenrechte. Es geht um eine Vielzahl von Kriterien, welche die Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführung in ihrer Gesamtheit betrachten.

Trotzdem hat auch ESG, obwohl es beispielsweise deutlich über «Impact Investing» hinausgeht, Limitationen. ESG ist bis heute nicht klar definiert – ebensowenig, was genau in ein ESG-kompatibles Portfolio gehört (und was nicht hineingehört). Vontobel gleicht diese Schwäche mehr als aus, indem die Kriterien in eine Gewichtung fliessen, indem die Vontobel-Expertinnen und -Experten mit Verantwortlichen von an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen qualifizierte Interviews führen und auch die zukünftige Entwicklung ins Kalkül ziehen (mehr dazu hier). Die Vontobel-Invest-Strategie baut auf sechs Kategorien auf :

Vontobel-Invest-Strategie

Sechs Kategorien als Basis:

  • Exklusion: Ein Negativ-Screening, um einzelne Unternehmen oder Branchensektoren auszuschliessen
  • Best-in-class: Diejenigen Unternehmen auswählen, die im Vergleich zu ihrer direkten oder indirekten Konkurrenz die beste ESG-Charakteristik aufweisen
  • Integration: Der klare, systematische Einbezug von ESG-Kriterien
  • Thematisches Investieren: Weitgehende Konzentration auf Investitionen in Themen oder Vermögenswerte mit Bezügen zur Nachhaltigkeit
  • Impact Investing: Investieren mit klaren sozialen und/oder ökologischen Zwecken und Zielen
  • Engagement: Investitionen zur Beeinflussung des Unternehmensverhaltens nutzen

 

Wunsch von Investoren …

Wie wirkt sich ESG auf die Performance der Unternehmen und damit auf die Investments aus? Früher herrschte die Meinung vor, die Berücksichtigung von ESG-Faktoren koste Rendite, da man auf lukrative, aber umstrittene Investmens verzichten müsse – die Stichworte heissen Niedriglohn und Kinderarbeit, Umweltzerstörung, fossile Brennstoffe, Tabak, Glücksspiele und vieles mehr.

Doch inzwischen ist sich die Wissenschaft darin einig, dass das konsequente Ausrichten auf ESG-Kriterien positive Auswirkungen auf die Performance hat. Fasst man die wichtigsten und grössten Studien zusammen, kommen über 90 Prozent von ihnen zum Schluss, dass der Einfluss sicher nicht negativ ist. Noch klarer sagt es eine Studie der Universität Oxford: Sie untersuchte mehr als 200 akademische Studien, Branchenberichte, Zeitungsartikel und Bücher. Von den Quellen gaben 88 Prozent an, dass Unternehmen mit überzeugenden Nachhaltigkeitspraktiken eine bessere operative Leistung aufweisen, was sich auch direkt in den Cashflows niederschlägt. Darüber hinaus zeigten 80 Prozent, dass klare Nachhaltigkeitspraktiken einen positiven Einfluss auf die Anlageperformance haben.

Eine Studie, die in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Lausanne entstand, untersuchte den Zusammenhang zwischen ESG-Investitionen und der allgemeinen Anlageperformance auf Portfolioebene. Die Ergebnisse: ESG-Investoren müssen keine Kompromisse bei der Performance eingehen. Eine positive Screening-Strategie auf Basis von ESG-Scores kann das ESG-Profil von Portfolios erhöhen, ohne die risikoadjustierte Rendite zu verringern. Und noch ein Beispiel: Der MSCI World Socially Responsible Index hat sich in den Jahren 2015 bis 2019 besser entwickelt als sein Geschwister, der klassische MSCI World Index. Zwar machen ESG-kompatible Fonds in Europa erst rund 15 Prozent des Marktvolumens aus, aber die Assets flossen hier im Jahr 2020 bereits zur Hälfte in ESG-Fonds – Europa ist hier weltweit vorne, und die EU ist der Taktgeber. Das lässt sich schon allein in einem EU-Papier von 2017 ablesen, dass alle börsennotierten Unternehmen in der EU mit mehr als 500 Mitarbeitenden in ihren Jahresberichten eine Reihe von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Korruption offenlegen müssen.

… und Druck von Regulatoren

Den Investorinnen und Investoren ist bewusst, dass es auch einen erheblichen und auch wachsenden Druck von der Seite der Regulatoren gibt. Es begann mit der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC, die börsennotierten US-Unternehmen vorschreibt, Angaben zum Humankapital zu machen. Die EU veröffentlicht im Zusammenhang mit dem Pariser Klimaabkommen derzeit eine neue Sozialtaxonomie, die sich an den Menschenrechten orientiert. Eine Herausforderung besteht unter anderem darin, dass soziale Themen eher qualitativer Natur sind und in einem Teil der Welt anders gesehen werden können als in einem anderen – hier gibt es noch grossen Abstimmungsbedarf.

Doch es dürfte in diesen von Transformation geprägten Zeiten klar sein, dass die Ansprüche weiter steigen werden und sich in der Zukunft niemand vorwerfen lassen will, hier nicht schon vor Jahren Engagement gezeigt zu haben. Vontobel hat ausgerechnet, dass von den 100 von Vontobel analysierten Schweizer Unternehmen zwei Drittel eine ESG-Strategie definiert haben, und ein Viertel machen das Erreichen von ESG-Zielen zu einem Kriterium der Kadervergütungen – Tendenz steigend.

Gemäss einer Umfrage von Natixis Investment Managers wollen sieben von zehn Anlegern in Unternehmen investieren, die einen positiven sozialen Einfluss und eine gute Umweltbilanz haben, und 65 Prozent der institutionellen Anleger glauben, dass ESG innerhalb der nächsten fünf Jahre zu einem Branchenstandard werden wird.

Mehr zu nachhaltigen Anlagethemen finden Sie in der cash Rubrik "ESG-Investing".

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