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Ab März wird die Europäische Zentralbank (EZB) Monat für Monat im atemberaubenden Umfang von 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und verbriefte Schuldforderungen aufkaufen. Schon heute gilt als sicher, dass die damit verbundene Liquiditätsschwemme an den Finanzmärkten ein neues Kapitel in der Jagd nach Rendite öffnen wird.

Auch bei uns in der Schweiz ist die Bewertung dividendenstarker Aktien in den letzten Wochen und Monaten noch einmal sprunghaft gestiegen. Und das nicht nur aufgrund einschneidender Gewinnschätzungsreduktionen im Zusammenhang mit dem unpopulären Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den vor gut drei Jahren eingeführten Euro-Mindestkurs aufzugeben.

Als Dividendenperle gilt hierzulande auch die Aktie von Valora. Denn obschon dem Basler Detailhandelskonzern über die vergangenen Jahre ein kalter Wind ins Gesicht blies, schüttete er jeweils 12,50 Franken pro Titel aus. Trotz oder gerade wegen den in der jüngeren Vergangenheit vollzogenen Anpassungen im Firmenportfolio dürfen die Aktionäre kommenden Mai auf einen weiteren Geldregen hoffen und sich an einer rechnerischen Dividendenrendite von knapp 6 Prozent erfreuen.

Eine Woche ist es nun her, dass sich das Unternehmen zu einer Reduktion der firmeneigenen Mittelfristziele gezwungen sah. Für das zurückliegende Geschäftsjahr wird den Aktionären zwar ein operativer Gewinn (EBIT) von 30 Millionen Franken in Aussicht gestellt, was sich mit den Markterwartungen deckt. Bei der Zürcher Kantonalbank wird allerdings eine deutliche Verschlechterung der Ergebnisqualität befürchtet, wobei für die Aktionäre kaum noch etwas übrigbleiben könnte.

Auf die Jahre 2015 und 2016 bezogen werden Analysten und Aktionäre ebenfalls über die Bücher gehen müssen. Selbst unter Ausklammerung des Ergebnisbeitrags aus dem zum Verkauf stehenden Handelsgeschäft liegen die neuen Ziele für den operativen Gewinn (EBIT) substanziell unter den jeweiligen Markterwartungen.

Mit anderen Worten: Valora wird in den kommenden zwei Jahren vermutlich weit weniger Gewinn erzielen, als über eine stabile Ausschüttung an die Aktionäre ausbezahlt würde. Noch unklar ist, ob und zu welchem Preis das verlustreiche Handelsgeschäft verkauft werden kann.

Dennoch befürchte ich, dass der Basler Detailhandelskonzern die grosszügige Dividendenpolitik der letzten Jahre irgendwann nicht mehr fortsetzen kann. Und falls doch, dann nur zu Lasten der Substanz.

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Den Namenaktien von Nestlé haftet der Ruf des trägen und langweiligen Indexschwergewichts an. Allerdings werden diese Attribute dem Nahrungsmittelkonzern nicht gerecht, haben die Entscheidungsträger am Hauptsitz in Vevey in den vergangenen Jahren doch vieles richtig gemacht.

Gerade im angelsächsischen Raum stehen die Aktien deshalb hoch in der Anlegergunst. Jüngstes Beispiel ist die Kurszielerhöhung auf 83 (70) Franken durch RBC Capital Markets. In einer Studie zum europäischen Nahrungsmittel- und Getränkesektor zählen die Kanadier die mit "Outperform" eingestuften Papiere weiterhin zu den Schlüsselkaufempfehlungen.

Verübeln kann man das den Studienverfassern von RBC Capital Markets nicht. Denn durch die Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die SNB ist die Dividendenrendite für Anleger aus dem Dollarraum quasi über Nacht um 14 Prozent gestiegen.

Ausserdem verfügt Nestlé über eine grundsolide Bilanz. Dank dieser weisen einige der ausstehenden Obligationsanleihen der Westschweizer mittlerweile sogar negative Renditen auf. Mit anderen Worten: Anleger stellen dem Unternehmen nicht nur Geld zur Verfügung, sondern sind sogar bereit, dafür zu bezahlen.

Damit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Adecco hat es im Sommer vor knapp drei Jahren vorgemacht und eine Anleihe zur Finanzierung eines Aktienrückkaufprogramms aufgelegt. Mit einer gerade mal dem 0,7-fachen operativen Gewinn (EBITDA) entsprechenden Nettoverschuldung könnte auch Nestlé ein bisschen Bilanzoptimierung betreiben und damit Aktionärswerte schaffen.

Ich bin mir zwar nicht sicher, ob diese Idee bei den als zurückhaltend bekannten Entscheidungsträgern am Hauptsitz in Vevey überhaupt zur Diskussion steht. Im Interesse der Aktionäre müssten sie allerdings ein mittels einer Anleihe finanziertes Aktienrückkaufprogramm nach dem Vorbild von Adecco zumindest mal durchrechnen.
 

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