Zwar hat das Fernostland mit seinen vermuteten Interventionen diese Woche dem Yen kurzfristig eine Atempause verschafft. Doch Analysten zufolge muss sich das Land auf ein womöglich langwieriges Kräftemessen einstellen. Denn an den Devisenmärkten steht die Währung seit geraumer Zeit ganz weit oben auf den Verkaufslisten. Der Yen gewann seit Montag zum Dollar wieder rund fünf Prozent an Wert. Zu Wochenbeginn hatte der Yen-Kurs noch kräftig nachgegeben - die US-Währung war im Gegenzug auf 160,245 Yen geklettert und damit auf den höchsten Stand seit April 1990.

Die japanische Regierung hat bislang noch nicht mitgeteilt, ob sie, wie an der Börse allseits angenommen wird, zur Stützung des Yen interveniert hat. Händler schätzen, dass Japans Notenbank diese Woche fast 59 Milliarden Dollar zur Verteidigung der Währung aufgewendet hat. Die Folge: Der Yen steuerte am Freitag auf die beste Wochenperformance seit über einem Jahr zu. Aber die Kursrally beim Yen diese Woche verlief alles andere als linear. Denn der Verkaufsdruck hält an. Dafür sorgen allein schon die ultraniedrigen Zinsen in Japan im Vergleich zu anderen wichtigen Ländern und Währungsräumen. An dieser weiterhin bestehenden Zinsdifferenz konnten auch die mutmasslichen Interventionen nicht rütteln.

«Nichts hat sich tatsächlich geändert», sagt etwa der Leiter des Asien-Pazifik-Research beim Bankhaus ING, Rob Carnell. «Ich glaube, das hat für eine vorübergehende Pause gesorgt, was unweigerlich erneut von den Märkten getestet werden wird.» Denn der Yen sei zum Traum eines jeden Händlers geworden, da hier leicht verdientes Geld winke. Dafür müsse nur Dollar für Yen erworben werden, der Anstieg des Währungspaars abgewartet und dann wieder verkauft werden, wenn Japans Notenbank eingreife, um den Yen zu stützen. «Man wäre verrückt, das nicht zu testen, wissend, dass sie irgendwann eingreifen werden,» merkte er an.

Renditedifferenz spricht gegen den Yen

Die Renditedifferenz - der sogenannte «Spread» - zwischen den richtungsweisendem zehnjährigen US-Staatsanleihen und japanischen Staatsbonds liegt inzwischen bei rund vier Prozentpunkten. Das macht den Dollar-Raum im Vergleich zu Japan für Investoren attraktiver. Aus Sicht von Ben Bennett, Anlagestratege für den asiatisch-pazifischen Raum bei Legal And General, ist sich Japans Finanzministerium (MOF) sehr wohl dessen bewusst, dass die Rahmenbedingungen für den Yen ungünstig sind. Das MOF versuche lediglich, das Tempo der Kursabwertung zu begrenzen, meint der Experte. «Interventionen sind mit Kosten verbunden, und ich glaube, dass das Finanzministerium nicht nur einfach Geld für ein bestimmtes Ziel verschleudern will.»

Analysten zufolge erachtet Japans Notenbank derzeit einen Kurs von 160 Yen zum Dollar als Marke, die es zu verteidigen gelte. Aus Sicht von Yujiro Goto, Leiter Währungsstrategie Japan beim Bankhaus Nomura will das Land seine Importeure lediglich dabei unter die Arme greifen, dass sie die benötigten Dollar-Devisen erhalten. «Meiner Meinung nach sind 150 ideal für japanische Importeure,» sagte er. Der Dollar bei 152 bis 152,50 Yen sei wahrscheinlich das Niveau, das das MOF erreichen wolle. Aber das sei nicht geschafft worden. «Es besteht daher das Risiko, dass das MOF für eine weitere Runde zurückkommen könnte.»

Japan besitzt rund 1,3 Billionen Dollar an Devisenreserven, die es für mögliche Interventionen anzapfen kann. Allerdings machen Schätzungen zufolge Einlagen davon nur rund 155 Milliarden Dollar aus. Rund 994 Milliarden Dollar werden in Form von Wertpapieren gehalten, ein grosser Teil davon in US-Staatsanleihen. Analysten sind sich uneins, wie gross der finanzielle Spielraum für Interventionen aktuell ist. Manche Experten gehen von einer Obergrenze von etwa 300 Milliarden Dollar aus. Andere wiederum schätzen das Limit deutlich höher ein.

(Reuters)