Nach einem turbulenten März, in welchem Ängste um den Bankensektor das Wertversprechen von Bitcoin als Inflations- und Makroabsicherung wiederbelebt haben, ist die relative Ruhe an den traditionellen Märkten auch auf die Kryptomärkte übergeschwappt. Die realisierte Volatilität von BTC und dem restlichen Kryptomarkt ist deutlich heruntergekommen. Der Preis von Bitcoin handelt derzeit in einer engen Spanne. Die Positionierung an den Derivatemärkten ist aktuell ebenfalls defensiv. Die Entkopplung zwischen traditionellen und Krypto-Märkten setzt sich derweil fort. Die 3-monatige rollierende Korrelation zwischen BTC und dem Tech-Index Nasdaq-100 hat derweil ihren tiefsten Wert seit November 2021 erreicht.

Trotz des positiven Momentums seit Jahresbeginn zögern derzeit institutionelle Investoren in den Markt einzusteigen. Gebrandmarkt von den Skandalen von 2022 um den Stable-Coin Terrra Luna und der Kryptobörse FTX ist das Misstrauen der traditionellen Anleger in Kryptowährungen nach wie vor gross. Dazu scheint auch das regulatorische Durchgreifen der USA beigetragen zu haben. Seit Jahresbeginn haben verschiedene US-Aufsichtsbehörden gezielt Krypto-Unternehmen ins Visier genommen und u.a. Kraken, Binance, Genesis, Gemini gebüsst. Die US-Behörden scheinen für ihre Laissez-faire Politik der vergangenen Jahre kompensieren zu wollen. Das Durchgreifen erscheint erratisch, zumal der gesetzliche Rahmen in den vergangenen Monaten nicht angepasst wurde. Immer mehr Firmen kehren dabei den USA den Rücken zu. Die Kryptobörse Bittrex hat vor kurzem ihre US-Einheit geschlossen. Binance möchte sich neu im Vereinigten Königreich regulieren lassen. Die beiden Market Maker Jump Trading und JaneStreet haben ebenfalls angekündigt, ihre Krypto-Aktivitäten in den USA zu reduzieren. Coinbase hat einen Brief bei der Aufsichtsbehörde SEC eingereicht, mit der Bitte um Klarstellung der Vorschriften für die Krypto-Industrie. Die Einreichung erfolgt nach einer Petition von Coinbase im Juli 2022, in der die SEC aufgefordert wurde, formelle Regelungen zur Bereitstellung von Leitlinien für den Krypto-Sektor zu verwenden. Coinbase erwägt laut eigenen Angaben ebenfalls einen Abzug aus den USA. Die Rechtsunsicherheit bleibt hoch.

Auf der anderen Seite des Atlantiks bewegt man sich glücklicherweise in eine andere Richtung. Das EU-Parlament hat Ende April die Regulierungsrichtlinie MiCA mit überwiegender Mehrheit verabschiedet.  MiCA zielt darauf ab, regulatorische Lücken im Zusammenhang mit der Herausgabe, dem Handel, dem Konsumentenschutz und dem Angebot von Dienstleistungen von Kryptowährungen EU-weit zu schliessen. Das regulatorische Rahmenwerk stärkt das Vertrauen in die Anlageklasse und positioniert Europa als Drehkreuz und Innovationsstandort für Kryptowährungen. Gut möglich, dass in den USA irgendwann ein Umdenken stattfindet und MiCA als Vorbild für einen amerikanischen Gesetzesvorstoss dienen wird. Schweizer Krypto-Unternehmen werden sich wohl ebenfalls an die MiCA-Bestimmungen orientieren müssen, ähnlich wie sie dies bereits im Rahmen von MiFid-II tun, wenn sie weiterhin Dienstleistungen in die EU anbieten möchten.

Die regulatorische Offensive muss begrüsst werden. Zu lange herrschte Wilder Westen im Krypto-Land. Zu viele undurchsichtige Geschäftsmodelle und Geschäftspraktiken konnten im regulatorischen Limbo gedeihen. Zu viele Anleger wurden geprellt. Zu viel Kapital und Vertrauen ging verloren. Obwohl der unmittelbare Preisschub nach Verabschiedung von MiCA ausblieb, sind wir der Meinung, dass die Krypto-Industrie von einer klaren, transparenten rechtlichen Basis mittel- bis langfristig massiv profitieren wird. Rechtssicherheit ist eine Conditio sine qua non für insitutionelle Investoren. Die positive Kursentwicklung seit Jahresbeginn, die grossmehrheitlich unter dünneren Handelsvolumina stattgefunden hat, könnte bei einem Stimmungsumschwung unter traditionellen Investoren zusätzlichen Schub erhalten.