Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im |
Die grünliberale Kathrin Bertschy ist Co-Präsidentin des Dachverbandes Alliance F. Damit die AHV-Reform am 25. September eine Mehrheit findet, erwartet die Bernerin von den bürgerlichen Männern ein klares Bekenntnis, dass sie in der zweiten Säule für eine bessere Absicherung der Frauen sorgen. Es müsse erreicht werden, dass Teilzeiterwerb und geringe Einkommen künftig besser versichert würden. Das sagte sie am 11. August den Tamedia-Blättern.
Also wollen wir doch mal schauen, was die bürgerlichen Männer im National- und Ständerat diesbezüglich im Sinn haben. Der Nationalrat hat seinen Vorschlag in der zurückliegenden Wintersession verabschiedet. Der Ständerat dürfte in der Herbstsession darüber beraten.
Das Hauptproblem heisst Koordinationsabzug. Das ist ein fixer Betrag von derzeit 25'095 Franken, der vom AHV-Lohn in Abzug gebracht wird. Je grösser dieser Abzug, desto kleiner der versicherte Lohn, desto geringer die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge und damit desto geringer die Leistungen im Alter. Weil eben dieser Betrag fix ist, nimmt er auf Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte keine Rücksicht. Arbeitet ein Paar je 50 Prozent, so wird beiden von ihrem versicherten Lohn der volle Koordinationsbeitrag in Abzug gebracht.
Bundesrat und Nationalrat wollen deshalb den Koordinationsabzug halbieren. Das lindert zwar das Problem, doch die Benachteiligung der Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigten wird mit einem fixen Abzug nicht aus der Welt geschafft. Die "einzig faire Lösung" ist laut Kathrin Bertschy, den Koordinationsabzug prozentual zu gestalten. So wie das nach dem Willen der ständerätlichen Sozialkommission geschehen soll, indem 85 Prozent des AHV-Lohns versichert sein sollen.
Achtung: nur bei AHV-Löhnen bis 86'040 Franken. Lohnbestandteile über diesem oberen Grenzbetrag sind nicht obligatorisch zu versichern. Somit beliefe sich der maximale Koordinationsabzug auf 12'906 Franken. Das sind ebendiese 15 Prozent vom oberen Grenzbetrag von 86'040 Franken. Bei einem Einkommen von zum Beispiel 50'000 Franken würden als Koordinationsbeitrag nur noch 7500 Franken statt wie bisher 25'095 Franken in Abzug gebracht.
Fazit laut Alliance F: "Kleine und hohe Einkommen werden genau gleich gut abgesichert. Paare können Erwerb und Familienarbeit aufteilen, ohne Einbussen in der Altersrente zu erfahren. Auch Mehrfachbeschäftigte erfahren keinen Nachteil mehr."
Die Gewerkschaften wollen von diesem Modell trotzdem nichts wissen. Die gewerkschaftsnahe Organisation PK-Netz sagt es so: "Die Beschlüsse der ständerätlichen Sozialkommission sind gut gemeint, sie sind aber leider ganz einfach zu teuer."
Wobei noch zu präzisieren wäre, dass in der Summe auch die Arbeitgeberbeiträge steigen. Für Arbeitnehmer gibt es in der zweiten Säule nichts Lukrativeres als möglichst hohe Arbeitgeberbeiträge.