Der deutsche Dax hat am Donnerstag ein neues Rekordhoch erreicht. Für gute Stimmung sorgten unter anderem Aussagen aus der britischen Zentralbank, die die Hoffnung auf eine baldige Lockerung der Geldpolitik in ganz Europa bestärkten. Der deutsche Leitindex schloss ein Prozent fester mit 18.686 Punkten und damit so hoch wie noch nie. Im Verlauf war er sogar auf 18.699 Zähler geklettert. Der EuroStoxx50 legte 0,3 Prozent zu auf 5054 Stellen.
In London kletterte der FTSE 100 erneut in bislang nicht gekannte Höhen. Etwas unter dem Rekordhoch stand am Ende des Tages beim «Footsie» ein Plus von 0,33 Prozent auf 8381,35 Punkten zu Buche. Der Leitzins im Vereinigten Königreich wurde unterdessen bei 5,25 Prozent belassen, womit Ökonomen überwiegend gerechnet hatten.
Die Bank of England (BoE) hielt ungeachtet der nachlassenden Inflation vorerst an ihrer Hochzinspolitik fest, signalisierte aber zugleich eine nahende Zinswende. Das Pfund verlor daraufhin zeitweise bis zu 0,4 Prozent auf 1,24 Dollar. Es baute die Gewinne allerdings bald wieder ab und lag nahe der Null-Marke wie vor der BoE-Sitzung. «Die Frage ist, ob sie schon im nächsten Monat im Einklang mit einem wahrscheinlichen Schritt der EZB erfolgen oder bis August warten», sagte Hussain Mehdi, Stratege bei HSBC Asset Management. «So oder so, die Zinsen in Europa werden sinken, und zwar wahrscheinlich vor der geldpolitischen Wende der US-Notenbank Fed, der die Hände durch die hartnäckigere Inflation in den USA gebunden sind.»
Im Plus lagen auch die wichtigsten US-Indizes. Die von frischen Jobdaten angespornte Hoffnung auf eine erste Zinssenkung der Fed vor der US-Präsidentenwahl im November glich Kursverluste grosser Firmen nach enttäuschenden Bilanzen aus.
Im Rampenlicht stand auch China. Überraschend starke Aussenhandelsdaten für April weckten Hoffnungen auf eine Erholung in der Volksrepublik. China ist allerdings nicht mehr der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Die USA überholten die Volksrepublik im ersten Quartal, wie Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters auf Basis von offiziellen Daten des Statistischen Bundesamtes ergeben.
Die Aussicht auf eine steigende Nachfrage aus China nach den starken Daten zu Importen und Exporten stützte die Preise am Ölmarkt. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verteuerten sich um jeweils gut 0,1 Prozent auf 83,65 beziehungsweise 79,16 Dollar pro Barrel (159 Liter). Dazu trug auch ein Rückgang der US-Vorräte bei. Die Lagerbestände des weltweit grössten Ölverbrauchers sanken überraschend stark, da die Raffinerieaktivität in Erwartung einer höheren Nachfrage nach Benzin in der Urlaubssaison zugenommen habe, erläuterten die Experten von ANZ Research.
Gefragt bei den Einzelwerten waren unter anderem die Aktien des Chipherstellers Infineon, die um 2,3 Prozent auf 36,89 Euro vorrückten. Die Experten der US-Grossbank Morgan Stanley hatten das Kursziel auf 45 von 40 Euro angehoben. Die Verlangsamung in Infineons Industrie- und Automobilgeschäft sei kurz davor, den Tiefstpunkt zu erreichen und einen Erholungskurs einzuschlagen, hiess es in der Erklärung.
Aus den Depots flogen dagegen zahlreiche Aktien nach der Ausschüttung der Dividende. Die Papiere von Unternehmen wie Mercedes-Benz, Allianz und Vonovia verloren zwischen 2,7 und 5,8 Prozent.
Im Rampenlicht an der Börse in Madrid standen die Banken. Ein feindliches Übernahmeangebot der Konkurrentin BBVA trieb die Aktie von Banco Sabadell um 3,1 Prozent an. BBVA verloren im Gegenzug 6,7 Prozent. Das in Bilbao ansässige Geldhaus wendete sich direkt an die Sabadell-Aktionäre, nachdem die kleinere Rivalin ihre Kaufofferte abgelehnt hatte.
(Reuters)