Mit dem Mindestzinssatz wird bestimmt, wie hoch das Vorsorgeguthaben der Versicherten im Obligatorium gemäss Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) mindestens verzinst werden muss. Entscheidend für seine Höhe ist die Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften.

Dazu schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung vom Mittwoch, der Zinssatz der Bundesobligationen sei 2022 deutlich angestiegen. Habe die Verzinsung der zehnjährigen Bundesobligationen Ende 2021 noch bei minus 0,13 Prozent gelegen, sei der Zinssatz per Ende September 2023 auf 1,09 Prozent angestiegen.

Während der Wertzuwachs von Aktien und Anleihen im letzten Jahr negativ ausgefallen sei, hätten sich in diesem Jahr die Werte wieder verbessert. Die negative Entwicklung bei den Anleihen sei von der Erholung der Märkte im laufenden Jahr aber «bisher nur teilweise relativiert» worden.

Insgesamt sei die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen stabil. Trotz der ungünstigen Finanzmarktentwicklung im Jahr 2022 sei angesichts dieser Stabilität und der höheren Verzinsung eine leichte Anhebung der Mindestverzinsung gerechtfertigt.

Aktuell beeinträchtigten die höhere Inflation und der damit verbundene Kaufkraftverlust die Leistungsfähigkeit der zweiten Vorsorge-Säule. Da die Zinsen jedoch ebenfalls gestiegen seien, hätten sich die Renditeerwartungen und die Sanierungsfähigkeit der Vorsorgeeinrichtungen verbessert.

Forderungen zwischen 0,75 und 2 Prozent

Die Landesregierung folgt mit ihrem Entscheid einer Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für berufliche Vorsorge (BVG-Kommission) vom September. In Stellungnahmen zu dieser Empfehlung forderten die Gewerkschaften laut dem Bundesrat eine Erhöhung der Mindestzinssatzes auf 2 Prozent.

Sie schrieben im September, mit einer Erhöhung auf 1,25 Prozent hinke der Mindestzinssatz der Teuerung hinterher. Das Alterskapital der Versicherten verliere so weiter an Wert, und die Zinswende komme nicht bei den Erwerbstätigen an.

Travailsuisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden, zeigte sich hingegen im September erfreut über die Empfehlung. Die BVG-Kommission trage der Zinswende endlich Rechnung, schrieb der Verband damals.

Laut dem Bundesrat wollten die Fédération des Entreprises Romandes und der Kaufmännische Verband 1,5 Prozent. Der Bauernverband und der Gewerbeverband sprachen sich für 1 Prozent und der Arbeitgeberverband für 0,75 Prozent aus.

Die Verzinsung der Altersguthaben, die ausserhalb des Obligatoriums liegen, also der überobligatorischen beruflichen Vorsorge zuzurechnen sind, wird nicht vom Bundesrat, sondern vom obersten Organ der Vorsorgeeinrichtung beschlossen.

(AWP)