Der Basler Pharmazulieferer Lonza hat die beste Corporate Governance in der Schweiz. Zu diesem Schluss kommt die jährlich durchgeführte Untersuchung über gute Unternehmensführung von Inrate, einer unabhängigen Nachhaltigkeits-Ratingagentur und Aktionärsdienstleister mit Sitz in Zürich.

Lonza, deren Aktie seit Anfang 2015 rund 700 Prozent zugelegt hat, steht zusammen mit Swisscom auf dem obersten Platz, wie an einer virtuellen Präsentation von Inrate am Donnerstagmorgen gesagt wurde. Lonza erreiche aber Platz 1 aufgrund der höheren Punktzahl in der Kategorie "Mitwirkungsrechte der Aktionäre".

Die beiden Unternehmen waren im Vorjahr schon auf dem Podest und konnten nach der Dekotierung von Sunrise einen Rang gutmachen. Lonza ist in der Inrate-Studie seit 2009 in den vorderen Rängen anzutreffen.

171 börsenkotierte Schweizer Gesellschaften analysiert

Inrate führte die Studie zur guten Unternehmensführung bereits zum dreizehnten Mal durch. Das Unternehmen bewertet nach eigenen Angaben die Corporate Governance der Schweizer Publikumsgesellschaften mit einem Scoring-Modell unter Zuhilfenahme von 65 quantitativen und qualitativen Kriterien. Im Jahr 2021 wurden ingesamt 171 börsenkotierte Schweizer Gesellschaften anhand der Statuten, Geschäftsberichte und den Entscheidungen an den Generalversammlungen (GV) analysiert. 

Inrate identifiziert gemäss Eigendefinition dabei potenzielle Unternehmensrisiken aus Sicht der Corporate Governance, die auf den Unternehmenswert durchschlagen und sich deshalb negativ auf den Minderheitsaktionär auswirken könnten.

Für den Begriff Corporate Governane gibt es keine einheitliche Defition. Im wesentlichen geht es um eine verantwortungsbewusste und nachhaltige Unternehmensführung, welche alle internationalen und nationalen Regeln und Verfahren berücksichtigt. Dabei geht es unter anderem um den Umgang mit Risiken,  klaren Abläufen und Transparenz bei Wahl von Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, möglichen Verflechtungen zwischen den Vergütungsgremien unterschiedlicher Firmen oder um eine transparente Kommunikation des Unternehmens.

Orior mit grossem Aufstieg

Auf den dritten Platz beim Inrate-Ranking stiess der Nahrungsmittelkonzern Orior mit den Brands Rapelli oder Biotta. Orior war zuletzt 2014 unter den drei Besten. Verbessert hat sich die Firma vor allem in den Bereichen der Zusammensetzung der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates sowie bei den Vergütungsmodellen. 

Verbesserungen gab es insbesondere auch bei Meier Tobler, Poenina , Coltene, SIG Combibloc und Swissquote. Diese Unternehmen haben sich laut Inrate durch Statuten- und Praxisanpassungen verbessert.

Die schlechteste Corporate Governance haben drei Westschweizer Firmen. Am Schluss der Tabelle steht der Lausanner Finanzbroker Compagnie Financière Tradition, hinter Kudelski. Auf der drittletzten Position ist Wisekey. Das Genfer Unternehmen mit Gründer, Verwaltungsratspräsident und CEO Carlos Moreira konnte die rote Laterne damit immerhin abgeben.

Partners Group schlechteste SMI-Firma - aber mit guter Börsenleistung

Nicht überraschend sind auch die schlechten Rankings von Swatch (viertletzte Position), Lindt&Sprüngli (sechstletzte Position) und Schindler (achtletzte Position): Diese Unternehmen schneiden in Corporte Governance-Studien vor allem wegen der Kapitalstruktur und/oder Vergütungsmodellen traditionell ungenügend ab. Die Firma aus dem Swiss Market Index mit der schlechtesten Unternehmensführung ist Partners Group. Der Zuger Vermögensverwalter kommt bloss auf Rang 129 von 171 untersuchten Firmen.

In der ersten Studie von Inrate ging hervor, dass Unternehmen mit einer guten Corporate Governance auch über eine positive Aktienkursentwicklung verfügen. Daraus abgeleitet müsste Partners Group eigentlich keine gute Performance an der Börse haben - was aber nicht zutrifft. Der Aktienkurs von Partners Group hat seit Anfang 2015 rund 450 Prozent zugelegt. Auch aufgrund dessen wurde der Titel kürzlich in den SMI aufgenommen.

Der CEO-Medianlohn hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Er beträgt 1,3 Millionen Franken. "Ganz hohe Saläre wie früher gibt es nicht mehr", sagte Christophe Volonté, stellvertretender CEO bei Inrate, an der Präsentation.  Es seien dies durchaus Zeichen, dass die Mitbestimmungsrechte dank der "Abzocker"-Initiative eine gewisse Disziplinierung gebracht hätten. Und bei Firmen, die trotz Coronaeinfluss hohe Einzelvergütungen ausbezahlt haben wie Dufry (5,7 Millionen Franken) und Valora (2,4 Millionen Franken), seien die Vergütungsberichte von den Aktionären nur mit relativ tiefen Zustimmungsraten angenommen worden.