Plastik verschmutzt die Gewässer unseres Planeten massiv. (Bild: gettyImages)
Plastik verschmutzt die Gewässer unseres Planeten massiv. (Bild: gettyImages)

Ob nachfüllbare Zahnpastatuben oder recycelte Plastikflaschen – grosse globale Unternehmen wie Colgate, Nestlé und Unilever beginnen, Produkte und Lösungen zu entwickeln, die die Welt für eine Zukunft ohne Plastikmüll braucht. "Das Problem ist nur, dass es niemandem schnell genug geht", stellen die Experten von Fidelity International fest.

Da der Verbrauchergeschmack seit den 1980er Jahren exponentiell gestiegen ist, hat sich die schiere Menge des von uns produzierten Mülls zu einem unserer grössten Probleme entwickelt. Jährlich nimmt die Weltwirtschaft fast 400 Millionen Tonnen neues Plastik auf – und spuckt dann mindestens die Hälfte davon wieder aus, um sie nie wieder zu verwenden. Wie die Expertinnen und Experten von Fidelity weiter erklären, ist Kunststoff billig, leicht und oft weniger kohlenstoffintensiv als Glas und hat daher enorme Vorteile für die Hersteller, aber weniger als 9 Prozent des Materials werden jemals recycelt. Die daraus resultierenden Umweltauswirkungen sind enorm. Man schätzt, dass jede Minute etwa ein Müllwagen mit Plastik in den Ozean gelangt, was katastrophale Folgen für die Meeresbewohner hat.

Engagement bei Konsumgüterherstellern

Im Rahmen seiner breit angelegten Bemühungen um die biologische Vielfalt und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft hat Fidelity mit neun grossen Konsumgüterherstellern, die selbst täglich Tausende von Tonnen Plastik verbrauchen, über ihre Pläne zur Verringerung der Plastikverschmutzung gesprochen. Diese Gespräche tragen laut eigenen Angaben dazu bei, die Meinung der Fidelity-Analysten über die Unternehmen zu prägen, aber sie werden auch genutzt, um auf Veränderungen zu drängen, von denen Fidelity glaubt, dass sie sich positiv auf die Bewertung der Unternehmen und die Welt auswirken werden. Die Zielvorgaben für das Engagement wurden auf der Grundlage der Menge an Kunststoffverpackungen ausgewählt, die in die Umwelt gelangen.

Ranking: Unternehmen, die den Plastikverbrauch reduzieren

In Anbetracht des Umfangs der Aufgabe und der Investitionen, die für einen wirklichen Wandel erforderlich sind, zeigen die Gespräche laut den Analysten, dass viele der Unternehmen Schwierigkeiten haben werden, zumindest einige der selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Sie zeigen aber auch, dass Unternehmen von Nestlé über Unilever bis Coca-Cola Fortschritte machen. Die Förderung der Annahme von Zielvorgaben und die Einhaltung dieser Ziele durch die Unternehmen werde ein zentrales Anliegen von Fidelity sein, um in den kommenden Jahren nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, und die Verringerung des Plastikverbrauchs werde ebenfalls einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass diese Unternehmen ihre Netto-Null-Ziele erreichen. Nestlé zum Beispiel gebe an, dass alle Verpackungen 12 Prozent seines CO2-Fussabdrucks ausmachen.

Alle an Bord des EMB

Die meisten Unternehmen, mit denen die Fidelity-Analysten gesprochen haben, seien Unterzeichner des Global Commitment on Plastics der Rekordweltumseglerin Ellen MacArthur, deren Ziele und Methodik zur Messung der Fortschritte auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft der Asset Manager empfiehlt.

MacArthurs Stiftung, der EMB, wurde vor mehr als einem Jahrzehnt ins Leben gerufen, als die Unternehmen begannen, nach nachhaltigeren Lösungen zu suchen. Sie habe Erfolg gehabt, wo andere Interessengruppen gescheitert seien, indem sie grosse Unternehmen davon überzeugt habe, sich Ziele zu setzen und tatsächliche Zahlen zum Kunststoffverbrauch zu melden: Ihr Fortschrittsbericht für 2021 zeige, dass der Verbrauch von Neuplastik im zweiten Jahr tatsächlich gesunken ist. "Es sind jedoch noch enorme Fortschritte erforderlich", so die Experten.

Fidelity regt fünf wichtige Best-Practice-Beispiele in der Branche an

  • Erstens müssen die Unternehmen ihre Definitionen für die Recyclingfähigkeit angleichen, wobei die EMB-Definition von "in der Praxis und in grossem Massstab" die am weitesten verbreitete ist. Häufig berichten Unternehmen über Verpackungen, die theoretisch und nicht in der Praxis wiederverwertbar sind.
  • Zweitens sind Ziele für die Verringerung von Kunststoffen zwar wichtig, und die Verringerung jeglicher Art sollte an der Spitze der Abfallhierarchie stehen, aber die beste Praxis besteht darin, Ziele für die Gesamtreduzierung und nicht nur für neue Kunststoffe zu setzen.
  • Drittens sollten die Unternehmen, auch wenn sie heute auf Branchenebene nur in geringem Umfang tätig sind, glaubwürdige Wiederverwendungsstrategien verfolgen.
  • Viertens ermutigt Fidelity die Unternehmen, einen wissenschaftlich fundierten Ansatz zu verfolgen, um unbeabsichtigte Folgen abzumildern.
  • Und schliesslich ermutigt der Asset Manager, da die Kunststoffverschmutzung ein globales Problem ist, zur branchenweiten Zusammenarbeit und zum Austausch bewährter Praktiken.

Alles in Flaschen abgefüllt

Coca-Cola, das mit Abstand grösste Erfrischungsgetränkeunternehmen der Welt und der grösste Plastikverbraucher, hat laut Fidelity seine Abfüllung schon vor langer Zeit an ein Netz regionaler Anbieter ausgelagert. Deren Leistungen in Sachen Nachhaltigkeit sind unterschiedlich, aber Coke hat sich verpflichtet, bis 2025 alle Plastikflaschen recycelbar, kompostierbar oder wiederverwendbar zu machen, und die meisten seiner Abfüller haben diese Ziele bereits fast erreicht.

Auch wenn die von Coke verwendeten Kunststoffverpackungen recycelbar sind, werde in der Praxis nur ein Bruchteil davon tatsächlich wiederverwertet. Das Unternehmen brauche also neue Ansätze, um die Auswirkungen des von ihm verwendeten Kunststoffs langfristig zu verringern.

Coke sei optimistisch, was die Zunahme von wiederbefüllbaren und wiederverwendbaren Verpackungen angeht, die aus der Pandemie hervorgehen, und habe eine echte Veränderung in der Politik in Bezug auf offizielle Pfandrücknahmesysteme (DRS) für Plastikflaschen herbeigeführt, die Anreize für das Recycling schaffen und dieses finanzieren sollen. Dies spiegelt die allgemeine Besorgnis in der Branche über das Tempo der Entwicklung der Infrastruktur und der Rechtsvorschriften wider, die zur Unterstützung des Massenrecyclings erforderlich sind. In den USA beispielsweise gebe es derzeit nur in 10 Bundesstaaten ein DRS-System, und die Einführung eines solchen Systems auf nationaler Ebene würde den Wandel wirklich vorantreiben, meinen die Fidelity-Analysten.

Aggressive Ziele erforderlich

Alle Unternehmen, mit denen Fidelity gesprochen habe, strebten ein gewisses Mass an Verringerung des Verbrauchs von Neukunststoff an, aber Unilever sei das einzige grosse Unternehmen für schnelldrehende Konsumgüter (FMCG), das sich ein Gesamtziel für die Verringerung des Kunststoffverbrauchs gesetzt habe, d. h. sowohl für neu hergestellten als auch für recycelten Kunststoff.

"Dies sollte für die Branche als Best Practice gelten. Der Ausbau des mechanischen Recyclings, bei dem Kunststoff zu Granulat zerkleinert und zu neuen Flaschen verarbeitet wird, ist ein positiver Schritt nach vorn. Das Gleiche gilt für Systeme, die ein komplexeres chemisches Recycling ermöglichen, sofern sie sich bewähren. Längerfristig muss jedoch die Gesamtmenge des verwendeten Kunststoffs sinken", erklären die Experten.

Recyclebare, wiederverwendbare und kompostierbare Verpackungen (in %)

Das Ziel von Unilever für 2025 ist eine Verringerung des Verbrauchs von 700'000 Tonnen im Jahr 2020 um 100'000 Tonnen, einschliesslich einer 50-prozentigen Verringerung von Neukunststoffen. Die Zahlen seien zwar nicht direkt vergleichbar, aber andere Unternehmen, mit denen Fidelity zusammenarbeite, strebten lediglich eine Verringerung von 5 bis 33 Prozent an.

Herausforderungen bei der Versorgung

Selbst diese Reduktionsziele würden jedoch Fragen hinsichtlich der Lieferkette des stattdessen verwendeten recycelten Kunststoffs aufwerfen. Die Versorgung mit hochwertigem rPET – der recycelten Version des Kunststoffs, der zum Beispiel in Softdrinkflaschen verwendet wird – wird laut Fidelity von vielen Akteuren als Herausforderung genannt. PCR (Post-Consumer-Recycling-Kunststoff) in Lebensmittelqualität werde von der Modeindustrie gekauft, die kein lebensmitteltaugliches Material benötigt, was den Preis für diesen Kunststoff in die Höhe treibe. Modeartikel werden nach ihrem Gebrauch in der Regel nicht recycelt, so dass potenziell recycelbarer Kunststoff dem Kreislaufsystem entzogen wird. Das Analystenteam von Fidelity spricht dies in seinen Gesprächen mit Modeunternehmen an.

Die Analysten sind der Meinung, dass in jedem Fall die Unternehmen deutlich grössere Recyclingpartner benötigen werden, um ihre Versprechen einhalten zu können. Mit der Festlegung ihrer Ziele stimulieren die Unternehmen, mit denen sie gesprochen haben, den Markt, um die entsprechenden Kapazitäten zu schaffen. Einer der grössten Abfüller von Coke, CCH, verlagere bereits einen grösseren Teil des Recyclingprozesses ins eigene Haus, und auf dem gesamten Markt gebe es Anzeichen für eine rasche Ausweitung des Angebots. Hier komme den Regierungen eine wichtige Rolle zu, wenn es darum gehe, Rücknahme und Recycling vorzuschreiben. Sie hätten sich jedoch nur langsam bewegt, was zum Teil auf die Pandemieprobleme der letzten zwei Jahre zurückzuführen sei.

Mehr Technik erforderlich

Fortschritte bei verschiedenen technischen und chemischen Lösungen seien ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Erst letztes Jahr habe Colgate die erste recycelbare Zahnpastatube auf den Markt gebracht und damit die Aluminiumfolie abgeschafft, die bisher die Wiederaufbereitung der Tuben erschwert habe. Wichtig sei, dass das Unternehmen diese Innovation mit seinen Konkurrenten geteilt habe – ein Schritt, den Fidelity begrüsse und dem andere folgen sollten.

Der Oreo-Kekshersteller Mondelez hingegen hinke seinen Konkurrenten weit hinterher, weil er flexible, dünne Verpackungen verwendet, die derzeit nicht so recycelbar sind wie Colaflaschen oder Eisbecher. "Dies ist ein langer Weg: Derzeit sind nur 5 der 17 in Verpackungen verwendeten Kunststoffarten in grossem Umfang recycelbar. Fortschritte hängen von technologischen Innovationen und möglicherweise von umfassenderen Änderungen der Art und Weise ab, wie oder wo Produkte verkauft und verwendet werden", so die Experten.

Nicht rezyklierbare Plastikproduktion nach Typ

Obwohl er die Ellen MacArthur Commitments nicht unterzeichnet habe, zeige der weltgrösste FMCG-Konzern Procter&Gamble einen durchdachten Ansatz bei der Festlegung und Umsetzung von Zielen für die Kreislauffähigkeit von Verpackungen.

Das Unternehmen entwickle einige der vielversprechendsten technologischen Lösungen, wie z. B. chemisches Recycling und digitales Wasserzeichen auf Verpackungen, und arbeite gemeinsam mit dem Materialhersteller Eastman an seinem "molekularen" Recycling. Die meisten chemischen Recyclingtechnologien sind zwar laut Fidelity noch nicht erprobt, haben aber das Potenzial, Produkte zu recyceln, die derzeit nicht recycelt werden können, und endlose geschlossene Kreisläufe zu schaffen, was beim mechanischen Recycling nicht möglich ist.

Monatelange Lobbyarbeit

In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung von Eisbohrkernen wurden erstmals Spuren von winzigen Nanokunststoffen in beiden Polarregionen nachgewiesen. Ihre etwas grösseren Verwandten, das Mikroplastik, ist inzwischen in unseren Lebensmitteln und im Wasser allgegenwärtig, und es ist unklar, welchen Schaden sie im Laufe der Zeit für die menschliche Gesundheit anrichten werden. Die Ozeane sind mit bis zu 200 Millionen Tonnen Plastik und die Mülldeponien mit weiteren Milliarden Tonnen belastet. Beim derzeitigen Tempo wird die Menschheit in den nächsten zehn Jahren mehr Plastik verbrauchen als im gesamten 20. Jahrhundert.

Wie die Fidelity-Analysten weiter ausführen, haben sich fast 200 Länder im März darauf geeinigt, ein globales UN-Abkommen auszuhandeln, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen abdeckt und auf die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft abzielt. Dies war das Ergebnis monatelanger Lobbyarbeit einer globalen Allianz von Unternehmen, darunter Fidelity International, gegen den erbitterten Widerstand von Öl- und Chemieproduzenten. Die Details des Abkommens, die in den nächsten zwei Jahren ausgehandelt werden, sollten Fortschritte sowohl auf politischer als auch auf Unternehmensebene unterstützen.

"Um die enormen Schäden, die Kunststoffe an der Artenvielfalt und der Natur anrichten, zu stoppen, muss jedoch in skalierbare Lösungen investiert werden, die für die Klimakrise das leisten können, was das Model T einst für den Automobilbau geleistet hat. Grosse Unternehmen wie Proctor&Gamble oder Coca-Cola müssen einen grossen Teil der erforderlichen Technologien, Investitionen und Veränderungen bereitstellen, aber Regierungen, Investoren und Verbraucher müssen sie immer wieder dazu drängen, ihren Teil dazu beizutragen, dass Recycling funktioniert", fordern die Fidelity-Analysten abschliessend.

Dieser Artikel wurde cash von Investrends.ch zur Verfügung gestellt. Verpassen Sie keine News zu aktuellen Themen aus der Fonds- und Asset-Management-Branche. Investrends.ch liefert Ihnen im Newsletter zweimal wöchentlich die Zusammenfassung der Nachrichten und informiert Sie über Sesselwechsel und wichtige Veranstaltungen. Hier abonnieren