Die grössten börsennotierten Unternehmen Chinas lassen noch wenig Dringlichkeit bei der Förderung der Geschlechtervielfalt erkennen. (Bild: GettyImages)
Die grössten börsennotierten Unternehmen Chinas lassen noch wenig Dringlichkeit bei der Förderung der Geschlechtervielfalt erkennen. (Bild: GettyImages)

Fidelity International analysiert zum ersten Mal in einem umfassenden Bericht – dem China Gender Diversity Report – den Status Quo zur Geschlechtervielfalt in China. Der Bericht basiert auf einer firmeneigenen Analyse der FTSE China A50-Konstituenten, den 50 grössten chinesischen Onshore-Aktien nach Marktkapitalisierung. In dem Kontext wurden die Jahresberichte, Nachhaltigkeitsberichte und Websites der A50-Unternehmen geprüft und analysiert, um relevante Strategien oder Massnahmen zur Förderung der Geschlechtervielfalt auf Vorstandsebene und in der gesamten Belegschaft herauszufiltern.

Unternehmen grösstenteils im Anfangsstadium

Wie Flora Wang, Director Sustainable Investing bei Fidelity International, erläutert, zeigen die Ergebnisse des ersten Berichts, dass es zwar einen stetigen Anstieg der Geschlechtervielfalt in den vergangenen Jahren gab, die grössten börsennotierten Unternehmen Chinas jedoch wenig Dringlichkeit bei der Förderung der Geschlechtervielfalt erkennen lassen. Zudem mangele es an systematischen Massnahmen zur Förderung weiblicher Führungskräfte und zur Unterstützung des beruflichen Erfolgs von Frauen.

"Die Unternehmen bewegen sich hier grösstenteils in einem Anfangsstadium. Dabei hat nur eines der A50-Unternehmen eine formelle Politik der Geschlechtervielfalt offengelegt, während 19 andere allgemeine Erklärungen abgaben, in denen sie die Bedeutung einer weiblichen Vertretung anerkannten, ohne jedoch konkrete Massnahmen zur Förderung der Vielfalt zu ergreifen. Von den 19 Unternehmen, die allgemeine Erklärungen abgaben, sind 17 in Hongkong börsennotiert, wo sie von den Aufsichtsbehörden dazu verpflichtet sind. Dies zeigt, dass die führenden chinesischen Unternehmen derzeit offenbar nur einen auf die Einhaltung der Vorschriften ausgerichteten Ansatz in Bezug auf die Geschlechtervielfalt verfolgen und keine Schritte unternehmen, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen", kommentiert Wang.

Einiges deute auch darauf hin, dass die Managementteams von Unternehmen in China noch weniger divers sind als die Vorstände. Wie aus dem Bericht hervorgehe, seien in den A50-Unternehmen durchschnittlich 12% der Positionen im oberen Management mit Frauen besetzt, und nur zwei A50-Vorstandsvorsitzende seien weiblich, während mehr als ein Fünftel der A50-Unternehmen weibliche Finanzvorstände hätten.

Weibliche Direktoren und Vorsitzende in China

Quelle: Nankai University, Fidelity International, Dec. 2021.
Quelle: Nankai University, Fidelity International, Dec. 2021.
Quelle: Nankai University, Fidelity International, Dec. 2021.
Quelle: Nankai University, Fidelity International, Dec. 2021.

China – im internationalen und asiatischen Vergleich

"Wie in den meisten Teilen Asiens ist auch in China das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Geschlechtervielfalt im Vergleich zum Westen geringer – obwohl China in vielerlei Hinsicht immer noch stärker ist als Nachbarländer wie Japan, Südkorea und Indonesien. So schnitt China besser ab als Japan und Südkorea, wo Frauen 12,6% bzw. 8,7% der Vorstandsmitglieder ausmachten", so die Nachhaltigkeitsexpertin.

Insgesamt ergab die Analyse der im FTSE A50 vertretenen Unternehmen eine Quote von 14% weiblicher Direktoren. Im direkten Vergleich zum weltweiten Durchschnitt schneide China schlecht ab. Laut dem jährlichen MSCI-Bericht "Women on Boards" lag die durchschnittliche Frauenquote in chinesischen Unternehmen im Jahr 2021 bei 13,8%, verglichen mit 22,6% im MSCI All Country World Index und 14,5% im MSCI Emerging Markets Index.

Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder nach Regionen

Quelle: MSCI ESG Research, Fidelity International, Dec.2021.
Quelle: MSCI ESG Research, Fidelity International, Dec.2021.
Quelle: MSCI ESG Research, Fidelity International, Dec.2021.
Quelle: MSCI ESG Research, Fidelity International, Dec.2021.

Die Studie ergab zudem, dass der Frauenanteil in chinesischen Aufsichtsräten im Jahr 2020 bei 12,6% lag, mit einem Durchschnitt von 1,3 weiblichen Mitgliedern pro Aufsichtsrat. Das ist zwar immer noch deutlich weniger als in den meisten grossen Industrieländern, stellt aber eine Verbesserung gegenüber dem Anteil von 8,6% Frauen in den Vorständen und weniger als einer Frau im Durchschnitt pro Vorstand im Jahr 2011 dar. Gleichzeitig stieg der Anteil der börsennotierten Unternehmen mit einer Vorstandsvorsitzenden von 3,2% im Jahr 2011 auf 5,8% im Jahr 2020.

Starke Initiative auf politischer Ebene für mehr Geschlechtervielfalt

Auch wenn die Unternehmen laut Wang zögern, werden die politischen Entscheidungsträger aktiv. Die Regierung kündigte im September 2021 eine Reihe von neuen Massnahmen zur Unterstützung weiblicher Beschäftigter als Teil eines neuen nationalen 10-Jahres-Plans für die Entwicklung von Frauen und Kindern. Chinas Alterungsproblem habe die Notwendigkeit verstärkt, dass Arbeitnehmerinnen eine grössere Rolle in der Wirtschaft spielen.

Der neue Plan wurde vom Kabinett gebilligt und enthält rund 200 Ziele und Massnahmen zur Förderung der Rechte von Frauen in Bereichen wie Beschäftigung, Gesundheitsversorgung und Bildung. Ein besonderer Schwerpunkt liege auf dem Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles und der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz, sowie Leitlinien zu spezifischen Themen wie schwangerschaftsbedingte Lohnkürzungen und Entlassungen. Zu den klaren numerischen Zielen des Plans gehört laut Wang eine Mindestfrauenquote von 40% für Unternehmen in städtischen Gebieten sowie die Erhöhung des Frauenanteils in Unternehmensvorständen und Geschäftsleitungen. Es bestehe zudem die Verpflichtung, den Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft Chinas über 45% zu halten.

Die Rolle von Vermögensverwaltungen

"Untersuchungen haben gezeigt, dass eine grössere geschlechtsspezifische Vielfalt langfristig mit einer besseren Unternehmensleistung einhergeht", betont Wang. "Es ist ermutigend zu sehen, dass sich der Anteil der weiblichen Führungskräfte in China in den letzten zehn Jahren stetig verbessert hat. Mit Blick auf die Zukunft könnten die Unternehmen jedoch in Erwägung ziehen, systematische Strategien zur Förderung weiblicher Führungskräfte zu formulieren, gleiche Bedingungen für alle Mitarbeiter zu schaffen, indem sie für gleiche Bezahlung sorgen, vergleichbare Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaube anbieten und Massnahmen ergreifen, um unbewusste Vorurteile bei Einstellungs- und Beförderungsprozessen zu bekämpfen. All dies kann in einer klaren Politik der Geschlechtervielfalt mit messbaren Zielen und Umsetzungsplänen festgehalten werden", fügt die Nachhaltigkeitsexpertin hinzu.

Als globaler Vermögensverwalter, der sich dem nachhaltigen Investieren verschrieben habe, sieht Fidelity International in der aktiven Steuerung einen konstruktiven Ansatz zur Verbesserung der Geschlechtervielfalt in Unternehmen. Im Laufe der Jahre habe Fidelity kontinuierliche Gespräche mit Beteiligungsunternehmen in China geführt, um deren ESG-Profile zu verbessern, einschliesslich des Status der Geschlechtervielfalt. Im Jahr 2020 gehörte Fidelity zu den Gründungsmitgliedern der Shenzhen Xiangmihu Board Gender Diversity Initiative, einer der ersten Kampagnen in China zur Förderung der Geschlechtervielfalt in Vorständen.

Dieser Artikel wurde cash von Investrends.ch zur Verfügung gestellt. Verpassen Sie keine News zu aktuellen Themen aus der Fonds- und Asset-Management-Branche. Investrends.ch liefert Ihnen im Newsletter zweimal wöchentlich die Zusammenfassung der Nachrichten und informiert Sie über Sesselwechsel und wichtige Veranstaltungen. Hier abonnieren