Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft dürfte 2022 nicht mehr so stark sein wie im vergangenen Jahr. (Bild: Shutterstock.com/Jaro68)
Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft dürfte 2022 nicht mehr so stark sein wie im vergangenen Jahr. (Bild: Shutterstock.com/Jaro68)

Die Schweizer Wirtschaft dürfte 2022 nicht mehr so stark zulegen wie im vergangenen Jahr, aber doch mit einem BIP-Wachstum von 2,5 Prozent erneut überdurchschnittlich wachsen. Nach dem Abebben der aktuellen Omikron-Welle orten die Raiffeisen-Ökonomen vor allem bei den während der ganzen Pandemie stark gebeutelten personennahen Dienstleistungsbranchen weiteres Aufholpotenzial. Die Inflation bleibe dabei in der Schweiz im Zaum, auch wegen eines unverändert zur Stärke neigenden Schweizer Frankens.

Anders als in den USA und eventuell auch im Euroraum dürfte in der Schweiz 2022 noch keine erste Zinsrunde eingeläutet werden. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff rechnet für dieses Jahr wieder mit einer Rückkehr der Schweizer Wirtschaft auf den Wachstumspfad vor der Pandemie. Die Einschränkungsmassnahmen und das Durchschütteln des Welthandels haben die Konjunktur jeweils nur kurzzeitig – und von Welle zu Welle immer weniger stark – in die Knie gezwungen. Dies dürfte auch für Omikron gelten.

Selbst bei einem explosionsartigen Anstieg der Infektionen sowie einer noch nie dagewesenen Anzahl Quarantänefälle veranschlagen die Raiffeisen-Ökonomen den maximalen Arbeitsausfall auf umgerechnet 0,3% des Jahres-BIP.

Wirtschaft wieder in reifer Phase

Wie die Raiffeisen-Ökonomen weiter ausführen, wird nach einem holprigen Jahresstart die Schweizer Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf wieder auf den Potenzialwachstumspfad zurückfinden. Die Corona-Delle konnte in der Schweiz erstaunlich schnell ausgebügelt werden. Die umfangreichen staatlichen Auffangmassnahmen, darunter hauptsächlich die Kurzarbeitsentschädigung (KAE COVID-19), die Covid-19-Kredite und die Härtefallhilfen konnten eine Pleitewelle und massive Arbeitsplatzverluste verhindern. Die Arbeitslosenquote ist mittlerweile nahezu auf den Vorkrisenstand zurückgegangen. Damit befindet sich die Schweizer Wirtschaft nach Einschätzung der Raiffeisen-Ökonomen, ungeachtet der noch nicht einmal beendeten Pandemie, bereits wieder in einer reifen Phase.

Diese Erholung gelte umso mehr für die USA und etwas verzögert auch für die Eurozone. Die robuste Konjunktur – zusammen mit den grossen Fortschritten an den Arbeitsmärkten – dürften nach Einschätzung der Raiffeisen-Ökonomen den Preisdruck höher als vor der Krise halten, auch nach der Auflösung der enormen angebots- und nachfrageseitigen Corona-Verzerrungen. Kurzfristig signalisierten die sehr hartnäckigen Lieferengpässe sowieso noch keine nennenswerte Preisberuhigung. Damit erwarten die Ökonomen auch im Jahr 2022 für die Schweiz erneut eine deutlich höhere Jahresinflation von 1,5% – was jedoch im internationalen Vergleich nach wie vor ein äusserst verhaltenes Niveau darstellt.

Keine Zinsrunde der EZB vor 2023 erwartet

"In Anbetracht des höheren Inflationspfads können die Notenbanken ihre ultralockere Geldpolitik nicht mehr aufrechterhalten. In den USA dürften daher die Zinsen im laufenden Jahr dreimal angehoben werden, womit aber nicht mehr als eine kleine Zinsnormalisierung eingeläutet würde", betont Neff. Sogar für die Europäische Zentralbank (EZB) dürften dann in absehbarer Zeit die Bedingungen für den Beginn einer Zinsnormalisierung erfüllt sein. Auch wenn die EZB derzeit noch keinerlei Anstalten macht, die Quantitative Lockerung zu beenden, hält der Chefökonom es für möglich, dass Anfang 2023 auch in Europa eine erste Zinsrunde eingeläutet werden könnte. Damit würde sich auch der Bewegungsspielraum der Schweizerischen Nationalbank vergrössern, zumindest eine Abkehr von den Negativzinsen einzuleiten. Dies dürfte aber sicherlich erst 2023 eintreffen, so Neff.

Generell seien die Perspektiven der Schweizer Wirtschaft für eine weitere Erholung 2022 intakt, die Prognoseunsicherheit sei aber unvermindert gross. Neben der Corona-Pandemie sei auch die geopolitische Gemengelage ein unberechenbarer Faktor, weshalb durchaus auch andere Szenarien denkbar seien. Doch die "wundersame Heilung" halten die Raiffeisen-Ökonomen für genauso unwahrscheinlich, wie einen nochmaligen Absturz analog zum März 2020.

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