Herr De Coensel, sie sagten bereits Ende 2016 eine Änderung der Volatilität und der Geldpolitik in bedeutenden Märkten voraus und begannen, in Ihrem internationalen Obligationenportfolio die Gewichtung von Staatspapieren allmählich anzuheben. Dies hat sich ausgezahlt, und auch die Märkte schliessen sich bereits Ihrer Einschätzung an. Ist eine defensive Strategie nun die einzig Richtige?

Peter De Coensel: Überzogene Erwartungen und zugehörige Wetten auf eine niedrige Volatilität, die hohe Fluktuation bei den engsten Mitarbeitern des US-Präsidenten im Weissen Haus und ein aufkeimender Handelskrieg zwischen China und den USA sorgten im ersten Quartal in der Tat für erhebliche Turbulenzen an den Märkten. In der Folge wendeten sich Anleger Vermögenswerten zu, die als "sichere Häfen" gelten.

In der folgenden Abbildung des MOVE-Index, der die Volatilität der Zinsen in den USA darstellt, fällt auf, dass Anfang 2018 an den Märkten für Staatsobligationen der G4 (USA, Grossbritannien, EU und Japan) auf die kleine Spitze höhere Laufzeitprämien folgten. Die dunkelgrüne Linie stellt den Unterschied zwischen den 10- und 2-jährigen Zinsen der G4-Staatsobligationen dar, wobei die Kennzahl BIP-gewichtet ist. In den letzten Jahrzehnten fielen Perioden mit niedriger Volatilität von Obligationenzinsen in den Industrieländern mit einem kleineren Zinsgefälle und daher einer flacheren Kurve zusammen. Da die Zentralbanken ihre unkonventionellen Lockerungsmassnahmen allmählich zurückfahren, dürften nun vermehrt Perioden mit hoher Volatilität auftreten. Wir haben uns somit auf eine zukünftig steiler verlaufende Kurve vorbereitet.



Ende 2016 begannen wir, die Gewichtungen von Staats- und Unternehmensobligationen zu ändern. Damals lag der Anteil von Staatsobligationen im DPAM L Bonds Universalis bei knapp unter 30%. Mittlerweile ist er stetig auf deutlich über 60% gestiegen. Gleichzeitig haben wir uns auf der Ratingskala allmählich aufwärts bewegt. Knapp 40% unserer Positionen gehören den Ratingkategorien AAA bis A- an. Die Allokation in Hochzinsobligationen (ohne Staatsobligationen aus Brasilien, Südafrika und Portugal) und auch in Unternehmensobligationen mit niedrigerem Investment-Grade-Rating (BBB-) liegt hingegen bei weniger als 10%.

Im Rahmen unserer Relative-Value-Strategie, die auf starken Überzeugungen beruht, gewährleisten Kredit- und Zinsderivate ein hohes Mass an Schutz. In der nächsten Zeit werden wir diese defensiven Elemente aufrechterhalten oder sogar noch verstärken.

Gibt es denn noch Anlagechancen? Sind diejenigen Anleger, die jetzt erst damit beginnen Risiken abzubauen, zu spät dran?
In diesem Bereich halten wir uns im Allgemeinen an die Blue Chips der einzelnen Branchen und weniger beispielsweise an kleinkapitalisierte Emittenten. Wir gehen davon aus, dass die Fed in den USA ihren Normalisierungskurs fortsetzen wird. Deshalb konzentrieren wir uns bei Titeln ausserhalb des Finanzsektors, auf die sich höhere Zinsen nachteilig auswirken können, auf Obligationen mit mittlerer Laufzeit (3 bis 7 Jahre). Am langen Ende bevorzugen wir vorrangige Schuldtitel von Banken, da diese in der Regel von höheren Zinsen profitieren.

Wir rechnen damit, dass die Emissionstätigkeit der Unternehmen in Europa im zweiten Quartal anhalten wird. Die Emittenten müssen daher höhere Aufschläge bieten, um Anleger anzulocken. Durch das wachsende Angebot werden Obligationen von Unternehmen günstiger. Dadurch entsteht Aufwärtsdruck auf die Spreads. Unserer Analyse zufolge bieten sich bei Versicherungsgesellschaften einige Chancen mit Wertpotenzial. In Europa nehmen wir aktuell und wohl auch zukünftig variabel verzinsliche Obligationen ins Portfolio auf. Das Ziel besteht darin, das Kapital der Anleger bestmöglich zu schützen und von den anziehenden Zinsen zu profitieren. Die Nachfrage nach variabel verzinslichen Obligationen.

Ihre Erwartungen einer allmählich normalisierenden Geldpolitik und einer steigenden Inflation bleiben also unverändert?
Auf kurze Sicht bleiben wir diesbezüglich abwartend. Im Verlauf der nächsten zwei Jahre dürfte die US-Inflation anziehen. Dass sie höher als erwartet ausfallen wird, ist sehr wahrscheinlich, aber solche Überraschungen sind noch nicht eingepreist. Oft hört man den Rat: "Don’t fight the Fed", und wir beabsichtigen in der Tat nicht, uns gegen die Politik der Zentralbanken zu stellen. Wir rechnen 2018 in den USA mit insgesamt drei Zinsanhebungen – eine ist bereits erfolgt, zwei dürften noch bevorstehen. In Europa wird das Ende der quantitativen Lockerung in diesem Herbst zu einer indirekten Straffung führen. Daher sind wir zu etwa 25% in inflationsindexierten Obligationen investiert, 15% davon in US TIPS und 10% in spanischen und italienischen "Linkern". Ihr Potenzial wird freigesetzt, sobald die Inflationserwartungen anziehen.

Als Fazit lässt sich sagen, dass Anleger zwar eine defensive Mauer aufbauen, sich aber nicht dahinter verschanzen sollten. Denn es gibt zahlreiche Chancen, die es wahrzunehmen gilt. Das sich gegenwärtig ändernde Umfeld bedeutet lediglich, dass die Art der Chancen sich ändert. Wir empfehlen flexible Strategien, also Benchmark unabhängige Obligationenfonds und Strategien, die von steigenden Zinsen profitieren.

 

 

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