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Das Börsengeschehen ähnelt derzeit stark dem Erdgeschoss eines Kaufhauses. Überall locken tiefe Preise und um die Wühltische sammeln sich Schnäppchenjäger.

Inmitten dieses Geschehens stehen die Aktienanalysten. Gaben sie sich während des Ausverkaufs im Dezember eher kleinlaut, preisen sie ihre "Ware" mittlerweile wieder lauthals an. Je lauter, desto besser.

Das dürfte sich wohl auch Mark Purcell von Morgan Stanley gedacht haben. Der bekannte Pharmaanalyst erhöht sein Kursziel für die Genussscheine von Roche auf 316 (zuvor 307) Franken und empfiehlt die Papiere mit "Overweight" zum Kauf.

Purcell hält die Angst vor einer Umsatzerosion bei Schlüsselmedikamenten wie Rituxan, Avastin oder Herceptin für übertrieben. Gleichzeitig lobt er die hohe Innovationskraft des Pharma- und Diagnostikkonzerns aus Basel und schwört seine Anlagekunden stattdessen auf die nächste Welle von neuen Produkten ein. Um die jeweilige Wahrscheinlichkeit einer Marktzulassung bereinigt, sieht der Analyst die besagten Medikamente ab dem Jahr 2028 mehr als 28 Milliarden Dollar zum Jahresumsatz beitragen.

Unter gewissen Umständen traut man den Genussscheinen von Roche bei Morgan Stanley über die nächsten zwölf Monate gar einen Vorstoss auf 414 Franken zu. Das entspräche aus heutiger Sicht einem Kursanstieg um mehr als 50 Prozent.

Zur Erinnerung: Im Frühsommer letzten Jahres riet dieselbe amerikanische Investmentbank noch mit "Underweight" und einem Kursziel von gerade mal 230 Franken zum Verkauf dieser Valoren. Wer diesem Rat damals Folge leistete, löste keine 220 Franken. Heute kosten die Genussscheine mehr als 270 Franken.

Mit der grossen Kelle richtet hingegen Vontobel bei Straumann an. Der - wie auch Roche - in Basel beheimatete Dentalimplantatehersteller werde den Umsatz noch mindestens über die nächsten fünf Jahre hinweg prozentual zweistellig steigern, so begründet Analyst Daniel Buchta seine Kaufempfehlung für die Aktien des unangefochtenen Weltmarktführers. Um seiner Empfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, erhöht er auch gleich noch das Kursziel. Mit 910 (zuvor 900) Franken liegt dieses um fast 25 Prozent höher als heute und stellt das bisweilen höchste Kursziel der Commerzbank von 900 Franken in den Schatten.

Mit dem Vorstoss in neue Märkte - beispielsweise mittels der Übernahme von ClearCorrect in jenen für Zahnkorrekturen - sind die Weichen bei Straumann auf Wachstum gestellt. An dieser Stelle warne ich allerdings davor, das beeindruckende Umsatz- und Gewinnwachstum der letzten Jahre linear in die Zukunft zu projizieren. Denn die Vergangenheit zeigt, dass selbst der Weltmarktführer aus Basel nicht völlig immun gegen eine Eintrübung der Konsumentenstimmung ist.

Beeindruckende Kursentwicklung der Straumann-Aktien über die letzten sechs Jahre. (Quelle: cash.ch)

Angesichts der soliden Bilanz rechnet Buchta mit steigenden Ausschüttungen an die Aktionäre. Was der Analyst nicht schreibt: Selbst auf seinen Dividendenschätzungen für das nächste Jahr errechnet sich gerade mal eine Rendite von knapp 1 Prozent – wie sich das für eine Wachstumsaktie vom Schlag von Straumann halt gehört.

In meiner gestrigen Kolumne berichtete ich bereits von einer Liebeserklärung aus Paris an Novartis. Absender ist Analyst Florent Cespedes von Société Générale. Er umgarnt die Angebetete aus Basel mit einer Kaufempfehlung und einem 104 Franken lautenden Kursziel.

Dass er auch andere Seiten aufziehen kann, zeigt Cespedes bei der Platzrivalin Roche. Deren Genussscheine werden bei der französischen Grossbank nämlich mit einem Kursziel von 200 (zuvor 195) Franken zum Verkauf empfohlen.

Anders als sein Berufskollege bei Morgan Stanley geht er bei den Schlüsselmedikamenten Rituxan, Avastin und Herceptin von wegbrechenden Umsätzen aus. Folglich hält Cespedes die Gewinnerwartungen für um bis zu 8 Prozent zu hoch.

Nur derjenige Analyst, der am lautesten schreit, verschafft sich Gehör - so kommt es mir jedenfalls vor. Wenn Vertreter dieser Berufsgruppe bei ihren Empfehlungen und Kurszielen jeglichen Sinn für die Realität verlieren, ist bei den betroffenen Aktien meist vorsicht geboten. Anleger sind dann gut beraten, sich von solchen Empfehlungen nicht zu Entscheidungen verleiten zu lassen, die sie schon kurze Zeit später bereuen...
 

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