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In dem man auf Zeit spielt, löst man keine Krisen. Schon gar keine Schuldenkrise, wie Europa sie in den letzten Jahren erlebt hat. Die strukturellen Probleme schwelen noch immer vor sich hin. Denn zu mehr als zur blossen Bekämpfung der Symptome konnte sich die Politik bislang nicht durchringen - zu schmerzhaft und zu unpopulär wären die längst überfälligen Strukturreformen. Mit anderen Worten: Die europäische Politik scheut die Ursachenbekämpfung wie der Teufel das Weihwasser.

Dank dem entschiedenen Auftreten der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sich wenigstens die Situation an den Finanzmärkten beruhigt. Allerdings musste Präsident Mario Draghi auf Worte auch Taten folgen lassen, um die mächtigen Marktakteure versöhnlich zu stimmen.

Rückblickend musste er seine "Bazooka" gleich mehrmals nachladen: Zuerst in Form von Negativzinsen auf Einlagen der Geschäftsbanken und dann mit milliardenschweren Wertpapierkäufen. Nun droht sogar dieser Effekt zu verpuffen. Während die Welt an den Anleihenmärkten noch in Ordnung scheint, notieren die europäischen Aktienmärkte nach einem regelrechten Höhenflug wieder dort, wo sie vor der Ausweitung der Wertpapierkäufe auf Staatsanleihen gelegen hatten. Wäre der Abwertungswettlauf unter den führenden Zentralbanken eine Partie "Monopoly", hätte Draghi im übertragenen Sinn die berüchtigte "Zurück auf Start"-Karte gezogen.

Zumindest die Anlagekundschaft der UBS lässt sich weder davon, noch von der drohenden Neuauflage der Asienkrise ins Bockshorn jagen. In einem mir zugespielten Strategiepapier berichtet der für die Schweizer Grossbank tätige Autor von anhaltenden Frankenverkäufen. Trotz Turbulenzen an den Finanzmärkten würden sowohl Vermögensverwalter als auch Unternehmen, Hedgefonds und Privatanleger seit drei Wochen in Folge als Abgeber in Erscheinung treten. Und das erst noch in einem seit April vor zwei Jahren nicht mehr beobachteten Ausmass. Gefragt sei nicht nur der Dollar, sondern vermehrt auch wieder der Euro.

Für den Währungsstrategen stellt diese Flucht der Anleger aus dem Franken den Vermögenszufluss der letzten Jahre in die Schweiz vorerst noch nicht in Frage. Es gebe jedoch fundamentale Gründe, die für grundlegende Verschiebungen sprechen würden, so der Experte. Treibende Kraft sei vor allem die von Negativzinsen geprägte Geldpolitik der SNB und ihre Opportunitätskosten für Schweizer Anleger, die nicht in ausländische Vermögenswerte investieren.

Ich gehe davon aus, dass nicht nur die Kunden der UBS aus dem Franken flüchten. Vermutlich ist bei anderen Banken ein ähnlicher Trend feststellbar. Das würde auch erklären, weshalb der Franken schon seit Wochen Mühe bekundet, obschon er dank seinem Status als "sicherer Hafen" eigentlich die Muskeln spielen lassen müsste. Der Damm scheint nun endgültig gebrochen zu sein (siehe die Kolumne vom 10. September).

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Schon seit Jahren gehen die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse unterschiedliche Wege. Während sich Erstere nach und nach aus dem Investment Banking zurückgezogen hat, hält Letztere bis zum heutigen Tage an diesem sehr kapitalintensiven Geschäftszweig fest.

Zumindest für die Börse gibt es schon heute eine Gewinnerin: Die Aktien der UBS notieren noch immer gut 15 Prozent über dem Stand von Anfang Jahr. Aus Sicht der Aktionäre der Credit Suisse erwiesen sich diese Monate unter dem Strich als Nullsummenspiel.

Wäre die Börse das Mass aller Dinge, müsste der neue CS-Chef Tidjane Thiam seinen Arbeitgeber nach den Blaupausen der Erzrivalin UBS umbauen. Dass das geschieht, ist wenig wahrscheinlich. Denn anders als die UBS verfügt die Credit Suisse im Wealth Management nicht über die nötige Grösse - oder zumindest noch nicht.

In den letzten Tagen erhielt Thiam allerdings einiges an Vorschusslorbeeren. Die wohl mächtigste Bank der Welt, Goldman Sachs, setzte die Aktien der kleineren der beiden Schweizer Grossbanken auf die viel beachtete "Conviction Buy List" und erhöhte das 12-Monats-Kursziel im Hinblick auf die Strategiepräsentation vom Oktober auf 32,50 (30,80) Franken. Um ihrer Kaufempfehlung Nachdruck zu verleihen, stuften die Amerikaner die Papiere der UBS mit einem 12-Monats-Kursziel von 21,10 (20,70) Franken von "Buy" auf "Neutral" herunter.

Davon inspiriert kündigte auch der für Nomura tätige Experte der UBS und ihren Valoren ebenfalls die Liebe und senkte seine Anlageempfehlung ebenfalls von "Buy" auf "Neutral". Das Kursziel lautet unverändert 22 Franken. Im Gegenzug werden die Aktien der Credit Suisse mit einem Kursziel von 32 Franken als Schlüsselkaufempfehlung gefeiert.

Schon seit Jahren blasen Analysten bei den Aktien der Credit Suisse immer wieder zu einer Aufholjagd auf die Papiere der UBS. Bislang erwies sich die Zündschnur jeweils als zu feucht, um ein Kursfeuerwerk zu zünden. Den Aktionären der kleineren der beiden Schweizer Grossbanken dürfte auch in Zukunft viel Kraft und Geduld abverlangt werden. Bleibt zu hoffen, dass sich dies irgendwann doch noch bezahlt macht.
 

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