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Als am vergangenen Dienstag spätabends Meldungen aus Übersee eintrafen, wonach die Credit Suisse in New York erneut als Verkäuferin grösserer Aktienblöcke in Erscheinung getreten sei, war mir klar: Spekulationen über einen weiteren Milliardenverlust werden wohl nicht lange auf sich warten lassen.

Und tatsächlich berichtete die Nachrichtenagentur Reuters wenige Stunden später, dass der Grossbank im Zusammenhang mit Archegos und Greensill Verluste in Höhe von mehr als 10 Milliarden Dollar erwachsen könnten. Zur Erinnerung: Erst vor wenigen Wochen bezifferte die Credit Suisse selber die Kosten aus dem Kollaps des Investmentvehikels Archegos mit 4,4 Milliarden Franken. Ob und wieviel die Greensill-Affäre die Grossbank kosten wird, bleibt bis auf weiteres unklar.

Darf man dem für J.P. Morgan tätigen Bankenanalysten Kian Abouhossein Glauben schenken, dann könnte die Grossbank auf den jüngst bekannt gewordenen Paketverkäufen mit einem Gesamterlös in Höhe von gut 4 Milliarden Dollar gleich nochmals umgerechnet 360 Millionen Franken in den Sand gesetzt haben. Der Analyst will jedoch verstanden wissen, dass es sich dabei bloss um eine Milchbuchrechnung handelt. Die effektive Kostenentwicklung sei sehr viel komplexer und gleich von mehreren Unbekannten abhängig.

Seine unmissverständliche Forderung: Die Grossbank solle endlich Klartext reden, damit alle Beteiligten einen Schlussstrich unter die leidige Angelegenheit ziehen können.

Allerdings kann die Credit Suisse erst mit der Quartalsergebnisveröffentlichung vom kommenden Donnerstag konkret werden, befindet sie sich momentan doch in der sogenannten "Quiet Period". In dieser Zeit will oder darf sich die Grossbank nicht zu finanziellen Dingen äussern.

Die Aktien der Credit Suisse notieren wieder auf dem Stand von Anfang November (Quelle: www.cash.ch)

Ursprünglich war ja vorgesehen, dass ich die Zusammensetzung meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2021 nur alle drei Monate einer Überprüfung unterziehe. Allerdings mache ich angesichts der unklaren Nachrichtenlage rund um die Credit Suisse eine Ausnahme und reduziere dieses Engagement auf 5 (von zuvor 7,5) Prozent. Die Anpassung erfolgt vorerst zugunsten der taktischen Liquidität.

Mich bewegen gleich zwei triftige Gründe zu diesem ausserordentlichen Schritt: Einerseits steht zwar fest, dass die Credit Suisse im ersten Quartal einen Verlust in Höhe von 900 Millionen Franken vor Steuern erlitten hat. Wie sich der Zahlenkranz zusammensetzt und ob er den Qualitätsansprüchen gerecht werden kann, wird sich am Donnerstag zeigen. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass der Teufel im Detail steckt. Andererseits würde die Börse wohl ziemlich ungehalten auf zusätzliche Kosten aus dem Archegos-Debakel reagieren, sollten diese die von J.P. Morgan genannten 360 Millionen Franken übersteigen. Wäre Firmenchef Thomas Gottstein dann überhaupt noch vertrauenswürdig und tragbar?

Folglich ist es bestimmt nicht falsch, vorsorglich einen Drittel der "Spielchips" – von etwas anderem lässt sich bei diesem Titelengagement gar nicht mehr sprechen – vom Tisch zu nehmen...

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Das zweite Quartal ist zwar schon fast drei Wochen alt. Dennoch kommunizieren die in London sitzenden Strategen der Credit Suisse erst jetzt ihre Aktienempfehlungen für die Zeit bis Mitte Jahr.

Einmal mehr ist die Ausbeute aus Schweizer Sicht ziemlich mager. Auf der Liste der 43 europäischen Schlüsselkaufempfehlungen sind bloss die Aktien des Zementherstellers LafargeHolcim ("Outperform" mit einem Kursziel von 67 Franken), des Schraubenspezialisten SFS Group ("Outperform" mit einem Kursziel von 133 Franken), des Dentalimplantateherstellers Straumann ("Outperform" mit einem Kursziel von 1275 Franken) sowie der Erzrivalin UBS ("Outperform" mit einem Kursziel von 17 Franken) zu finden.

Straumann ist seit Jahren ein Börsenüberflieger wie er im Buche steht (Quelle: www.cash.ch)

Besonders positiv heben die für die Credit Suisse tätigen Strategen insbesondere jene von LafargeHolcim, SFS Group und UBS hervor. Diese drei Aktien erfüllen nämlich gleich mehrere Auswahlkriterien.

Auf der Liste der 33 Schlüsselverkaufsempfehlungen sind hingegen keine Vertreter aus der Schweiz zu finden. So weit – so gut.

Aus eigener Neugierde werde ich diese Aktien in den nächsten Wochen und Monaten mal etwas genauer im Auge behalten.

 

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