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In den letzten Jahren blieb der Gewinn der Zurich Insurance Group regelmässig hinter den Markterwartungen zurück. Mitte September sah sich der Versicherungskonzern nach mehrwöchigen Verhandlungen dann sogar dazu gezwungen, die milliardenschwere Übernahme des britischen Rivalen Royal Sun & Alliance abzusagen. Der Grund: Das in tiefrote Zahlen gefallene Schadensversicherungsgeschäft.

Wer damals auf einen einmaligen Ausrutscher hoffte, der wurde spätestens im Januar eines besseren belehrt. Denn erneut verhagelten Schadenersatzforderungen nach Unwetter in Grossbritannien sowie ein ausserordentlicher Goodwill-Abschreiber auch das Schlussquartal.

Daraufhin strichen viele Analysten nicht nur ihre Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre, sondern auch die Dividendenerwartungen zusammen. Die Zurich Insurance Group könne in Zukunft bestenfalls noch 12 bis 14 Franken je Aktie an die Aktionäre ausbezahlen, so hiess es damals.

Doch die Gäste hatten zu diesem Zeitpunkt die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Knapp einen Monat später folgte dann Entwarnung: Den Aktionären wird für das vergangene Jahr erneut eine ordentliche Dividende von 17 Franken je Aktie entrichtet - und das obschon diese nicht ganz vom Jahresgewinn gedeckt ist.

Mario Greco, der neue starke Mann beim traditionsreichen Versicherungskonzern, soll es nun richten. In Branchenkreisen eilt dem neuen Chef der Ruf des profunden Branchenkenners voraus. Dass Greco vor seinem Wechsel zum italienischen Rivalen Generali schon einmal dem Schadensversicherungsgeschäft vorstand, dürfte dabei keinesfalls von Nachteil sein.

Wie dem auch immer sei: Es wartet eine ganze Menge Arbeit auf ihn, will er das "Sorgenkind" bei der Zurich Insurance Group wieder auf Kurs bringen. Eine zentrale Frage bleibt, ob die in den letzten Jahren verbuchten Reserven ausreichen. Falls nicht, drohen schmerzhafte Nachreservierungen.

Gerade der für Bernstein Research tätige Versicherungsanalyst zeichnet diesbezüglich ein sehr düsteres Bild. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Versicherungskonzern aus Zürich die Reserven einmalig um 2 bis 2,5 Milliarden Dollar erhöhen muss, beziffert er auf 60 bis 70 Prozent.

Mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 bis 40 Prozent werde sich der Verwaltungsrat allerdings gegen eine solche Flurbereinigung entscheiden, so ist sich der Experte sicher. In diesem Fall sieht er den latenten Bedarf für Nachreservierungen zu einer "unendlichen Geschichte" werden.

Schon seit Monaten werden die Aktien der Zurich Insurance Group bei Bernstein Research mit "Underperform" und einem optisch tiefen Kursziel von 200 Franken zum Verkauf empfohlen. An dieser Stelle sei gesagt, dass dieser amerikanischen Investmentfirma schon seit Jahrzehnten ein guter Draht in die dortige Hedgefonds Industrie nachgesagt wird.

Am 1. April werden die Aktien ex Dividende gehandelt. Die 17 Franken je Aktie werden den Anteilseignern dann wenige Tage später aufs Konto gutgeschrieben. Verhält es sich wie in den letzten Jahren, wird es Wochen wenn nicht gar Monate dauern, bis diese Rendite-Perle den Dividendenabgang wieder wettgemacht hat.

Bleibt aus Aktionärssicht zu hoffen, dass Mario Greco die Probleme im Schadensversicherungsgeschäft möglichst rasch in den Griff bekommt. Schliesslich wächst der Jahresgewinn mit jedem Prozent, welches er das Combined Ratio zu senken vermag, um mehrere hundert Millionen Dollar.

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Nicht selten wird den Erwartungen an den Börsen ein höheres Gewicht eingeräumt als den harten Fakten. Das mussten in den letzten Tagen auch die Aktionäre von Aryzta schmerzhaft am eigenen Leib erfahren.

Am Zahlenkranz, welchen der Backwarenhersteller am frühen Montagmorgen vorlegte, gab es nämlich nicht viel auszusetzen. Das organische Umsatzwachstum belebte sich und übertraf die Analystenschätzungen leicht. Auch in Bezug auf die Barmittelgenerierung hielt das Unternehmen Wort und vermeldete gegenüber dem Vorjahr substanzielle Fortschritte.

Im vorbörslichen Handel wurden die Aktien anfänglich denn auch um 0,5 Prozent höher gestellt. Doch die Freude hielt nicht lange: Schon kurz nach Aufnahme des regulären Handels gerieten die Kurse ins Rutschen. Bei Börsenschluss resultierte ein sattes Minus von 11,6 Prozent.

Gestern setzte sich die Talfahrt ungebremst fort. Innerhalb von gerademal zwei Handelstagen ist der Börsenwert von Aryzta um knapp 800 Millionen Franken geschmolzen.

Erklärungen für diesen Kurszerfall liefert ein Kommentar aus dem Aktienhandel der MainFirst Bank. Wie diesem entnommen werden kann, äusserten sich die Unternehmensvertreter an der Analystenkonferenz eher vorsichtig, was das zukünftige Wachstum anbetrifft. Gleichzeitig hätten sie die Margenerwartungen zu dämpfen versucht, so heisst es. Alles in allem rechnet der Autor des Kommentars auf Stufe EBITA mit Abwärtsrevisionen von 6 bis 10 Prozent bei den Konsensschätzungen.

Er macht zudem eine interessante Beobachtung: Im März 2012 stellte Aryzta den Anteilseignern einen Jahresgewinn von 4 Euro je Aktie in Aussicht. Dieses Ziel wurde damals dann aber klar verfehlt. Für das laufende Jahr ist von einer Gewinnspannweite von 3,65 bis 3,85 Euro pro Titel die Rede. Obschon der Dollar gegenüber dem Euro seit damals deutlich stärker geworden ist, stagniert der Reingewinn schon seit Jahren.

Ungemach sieht der Verfasser auch im Zusammenhang mit dem Verlust des Coop-Geschäfts sowie mit Burger King und 3G, den kostensensitiven neuen Besitzern des Grosskunden Tim Horton.

Es überrascht schon sehr, dass die Aktien von Aryzta bei der MainFirst Bank offiziell mit "Outperform" und einem Kursziel von 60 Franken zum Kauf empfohlen werden.

Dass der Aryzta-Chef nach der Kursschwäche der letzten zwei Handelstage auf einem Teil seiner Mitarbeiteraktien "zwangsexekutiert" wurde, lässt im übrigen tief blicken.
 

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