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Hierzulande sorgt zu Wochenbeginn ein Strategiepapier von Kepler Cheuvreux zum Thema Geschäftsethik für Gesprächsstoff. Darin sehen die Verfasser gerade in der Pharmaindustrie einen gewaltigen Handlungsbedarf.

Wenig überraschend steht deshalb Novartis weit oben in der Liste europäischer Unternehmen mit Korruptionsrisiken. Der Basler Gesundheitskonzern bringt es immerhin auf 72 von 100 möglichen Risikopunkten. Mit 60 Punkten bildet Roche, zumindest was die Branche anbetrifft, das Schlusslicht.

Gefahren machen die verantwortlichen Experten unter anderem bei der Preisgestaltung aus. Aufgrund des Spardrucks der öffentlichen Hand seien die Behörden heute sehr viel wachsamer als in der Vergangenheit. Nach den USA gehe nun auch China systematisch gegen Preisabsprachen vor, um den Preisanstieg der letzten Jahre unter Kontrolle zu bekommen.

China untersuche nicht nur mögliche Preisabsprachen, sondern auch Korruptionsvorwürfe sowie Produktrückrufe. Dabei stünden zunehmend westliche Unternehmen im Fadenkreuz der Behörden. Darüber hinaus befürchten die Experten bei den betroffenen Firmen ein von China ausgehender Dominoeffekt auf andere Regionen.

Noch ist das finanzielle Ausmass für die beiden hiesigen Indexschwergewichte Roche und Novartis zwar nicht abschätzbar. Klar ist, dass sich die Produktvermarktung in der Pharmaindustrie zumindest in der westlichen Hemisphäre schon vor Jahren grundlegend verändert hat. Dieser Wandel erfasst nun auch die Schwellenländer. Nicht nur aus Aktionärssicht wäre eine möglichst rasche Bereinigung diesbezüglicher Altlasten äusserst wünschenswert.

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In einer am Freitag veröffentlichten Branchenstudie findet Morgan Stanley deutliche Worte: Der Ausblick für die europäischen Zementhersteller habe sich über die letzten Wochen spürbar eingetrübt. Die Studienverfasser fackeln denn auch nicht lange und nehmen ihr Anlageurteil von «In-Line» auf «Cautious» zurück.

Die Namenaktien von Holcim werden zwar wie bis anhin mit «Equal-weight» eingestuft. Nach einer einschneidenden Abwärtsrevision der Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre lautet das Kursziel allerdings nur noch 66 (71) Franken. Neu liegen die Gewinnschätzungen von Morgan Stanley zwischen 23 bis 25 Prozent unter den jeweiligen Konsensschätzungen des Marktes. Anders als ihre Berufskollegen bei anderen Banken rechnen die Experten im laufenden Jahr ausserhalb Chinas nur gerade mit einem Absatzwachstum der weltweiten Zementindustrie von 2 Prozent. Eine Rückkehr auf den langfristigen Wachstumspfad von 4,6 Prozent sei frühestens in zwei Jahren zu erwarten.

Obschon die Papiere von Holcim hinter jenen anderer europäischer Mitbewerber zurückgeblieben sind, geben die Experten vorerst keine Entwarnung. Die Konsensschätzungen seien zu hoch und die Bewertungskorrektur noch nicht ausgestanden.

Eigentlich hätten die Aktien von Holcim am Freitagnachmittag unter Verkaufsdruck geraten müssen, wie sich das bei solchen Wortmeldungen aus dem angelsächsischen Raum gehört. Die Papiere setzten stattdessen zu einer von Deckungskäufen begleiteten Erholung an.

Letztere gerät heute allerdings ins Stocken. Denn die vom indischen Rivalen Ultratech für das dritte Quartal veröffentlichte Ergebnis fällt ziemlich ernüchternd aus. Vermutlich hatten auch die beiden Holcim-Töchter ACC und Ambuja Cement im zurückliegenden Quartal mit Gegenwind zu kämpfen.

In meinem Empfinden stellt man sich beim Zürcher Mutterhaus im Vorfeld der Ergebnisveröffentlichung vom 5. November schon seit längerer Zeit auf eine Enttäuschung ein. Deshalb wird die Marktreaktion wohl nur noch moderat ausfallen, egal ob die Konsensschätzungen für die nächsten Jahre wie von Morgan Stanley vorhergesagt noch einmal fallen werden.

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Auch die Aktionäre von ABB befinden sich mit Blick auf die Quartalsergebnispräsentation vom kommenden Donnerstag in einem Wechselbad der Gefühle. CEO Ulrich Spiesshofer tritt ein schweres Erbe an und muss die unter seinem Vorgänger eingeleitete Restrukturierung möglicherweise beschleunigen.

Neben der verhaltenen Auftragslage wird zunehmend auch die Zahlungsdisziplin zu einem Thema für das in Zürich beheimatete Industrieunternehmen. Während die Zahlungsdisziplin bei Grossprojekten schon seit längerer Zeit gelitten hat, verschlechtert sie sich zunehmend auch bei kleineren Projekten. Zumindest zieht man bei Barclays Capital solche Rückschlüsse von den jüngsten Aussagen anderer europäischer Investitionsgüterhersteller wie SKF oder Outotec.

Vermutlich müssen die Aktionäre von ABB am kommenden Donnerstag noch einmal den Kopf einziehen. Die Auftragsflaute wird allerdings nicht ewig andauern und die Aktien hoffentlich schon bald danach auf neue Jahreshöchststände ansteigen.