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Die Geschichte von Autoneum und Rieter liest sich wie jene zweier kurz nach der Geburt voneinander getrennter Zwillinge. Während der eine in einer wohlhabenden Familie aufwächst und in Saus und Braus lebt, muss sich der andere in einem ärmlichen Umfeld durchschlagen.

Denn das gilt auch für die beiden mittelständischen Unternehmen. Stummer Zeuge ist die Kursentwicklung, welche bei den Aktien von Rieter mit einem Minus von 45 Prozent über die letzten vier Jahre ziemlich ernüchternd ausgefallen ist. Jene des Schwesterunternehmens Autoneum mauserten sich hingegen zu einem regelrechten Anlegerliebling und konnten seit der Abspaltung um ziemlich genau 90 Prozent zulegen.

Nicht zum ersten Mal bricht nun der für Helvea tätige Experte eine Lanze für die Namenaktien von Rieter. An dieser Stelle sei erwähnt, dass er diese zwar nicht erst seit gestern mit einem Kursziel von 200 Franken zum Kauf empfiehlt. Allerdings liest sich sein jüngster Kommentar so optimistisch wie schon lange nicht mehr.

Im Kommentar schreibt der viel beachtete Verfasser, dass der für das Unternehmen wichtige Textilmaschinenmarkt die Talsohle im Laufe der zweiten Jahreshälfte durchschreiten sollte. Die Kunden aus der Textilindustrie seien gut ausgelastet und die Preise für Baumwolle und Garn hätten sich zumindest stabilisiert, so der Experte. Die Kombination beider Faktoren lässt ihn eine steigende Investitionsbereitschaft erwarten.

Gleichzeitig rechnet er über die nächsten 12 bis 24 Monaten mit weiteren Kosteneinsparmassnahmen im Umfang von 10 bis 20 Millionen Franken, was das Unternehmen dem mittelfristigen Ziel einer operativen Marge (EBIT) von 10 Prozent wieder einen Schritt näher bringen würde.

Auf Basis der bankeigenen Schätzungen errechnet der Verfasser im Kommentar eine Free-Cash-Flow-Rendite von rund 10 Prozent für das laufende Jahr und darüber hinaus. Bei den Nettobarmitteln sei bis Ende Jahr von einem Anstieg auf 200 Millionen Franken auszugehen, was rund 30 Prozent der Börsenkapitalisierung entspricht.

Für das vergangene Jahr kamen die Aktionäre von Rieter in den Genuss einer Dividende von 4,50 Franken je Aktie. Das entspricht aus heutiger Sicht einer Rendite von 2,9 Prozent, ist allerdings ausbaufähig.

Was der Experte von Helvea nicht schreibt: Die attraktiv hohe Free-Cash-Flow-Rendite und die reichlich vorhandenen Nettobarmittel könnten dafür sorgen, dass der in Winterthur beheimatete Textilmaschinenhersteller auf der Wunschliste grosser ausländischer Finanzinvestoren weit nach oben rutscht. Ein Wörtchen mitzureden hätten auch die beiden Industriellen Peter Spuhler und Michael Pieper. Diese kontrollieren insgesamt 30,6 Prozent der Stimmen.

Da bei der Auftragslage von Rieter auch in Zukunft mit starken Schwankungen zu rechnen ist, werden den Aktionären starke Nerven abverlangt. Die Möglichkeit einer deutlich grosszügigeren Ausschüttungspolitik, einer Sonderdividende gar oder einer satten Übernahmeofferte aus dem Ausland, sollten jedoch dafür entschädigen.

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Dufry hat Grosses vor. Mit der 1,55 Milliarden Franken schweren Übernahme der Nuance Group stieg der Reisedetailhandelskonzern im vergangenen Juni über Nacht zum Weltmarktführer auf. Doch damit war der Hunger der Basler noch lange nicht gestillt. Nach wochenlangen Verhandlungen mit dem Hauptaktionär legten sie mit einem Angebot für den Rivalen World Duty Free nach.

Im ersten Moment wurden die Namenaktien von Dufry zwar für die Synergien aus den beiden milliardenschweren Firmenkäufen mit Kursavancen belohnt. Mittlerweile häufen sich allerdings die kritischen Stimmen. Diese warnen davor, dass sich das Unternehmen übernommen haben könnte.

Mit vorteilhaften Konditionen der geplanten Aktienemission für die Teilfinanzierung des Angebots für World Duty Free gelang es den Baslern zuletzt, die eigenen Aktionäre versöhnlich zu stimmen. Sowieso haben sich mit GIC, Qatar Investment Authority und Temasek bereits drei finanzkräftige Investoren längst bereit erklärt, im grossen Stil an der Kapitalerhöhung teilzunehmen.

In einem Kommentar aus dem Hause J.P. Morgan wird der Leser auf einen weiteren positiven Aspekt der Kapitalerhöhung aufmerksam gemacht. Letztere könnte nämlich schon Ende Juni zu einer ausserordentlichen Aufnahme in die vielbeachteten Aktienindizes von MSCI führen, so schreibt der Verfasser. Der Experte errechnet, dass indexorientierte Investoren in der Folge zwischen 1,8 und 2,1 Millionen Aktien erwerben müssten, was einem durchschnittlichen Volumen von bis zu 14 Handelstagen entsprechen würde.

Für mehr als eine kurzfristige Handelsempfehlung bieten sich die Papiere von Dufry jedoch nicht an. Nach mehreren Ergebnisenttäuschungen in Folge muss das Unternehmen nämlich zuerst den Beweis antreten, dass es aus den beiden Grossübernahmen auch wirklich Aktionärswerte schöpfen kann.

 

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