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Noch ist den Käufern an den Aktienmärkten der Atem nicht ausgegangen. Angepeitscht von überwiegend positiv gestimmten Aktienstrategen haben sich die amerikanischen Aktienindizes bis auf wenige Prozentpunkte an ihre bisherigen Höchststände herangepirscht. Im Windschatten davon konnten auch die europäischen Märkte Boden gut machen, der Schweizer Aktienmarkt eingeschlossen.

Es ist schon beeindruckend, wie schnell sich die Gewitterwolken wieder verzogen haben und dem stahlblauen Herbsthimmel gewichen sind. Überraschend ist das aber nicht. Denn die Liste der Banken, welche ihre Anlagekundschaft in geradezu aggressiver Weise zum Aktienkauf anstacheln, wird von Tag zu Tag länger.

Nach der Citigroup ("Jetzt Mut beweisen, denn er wird belohnt"), Barclays Capital ("der jüngste Ausverkauf ist übertrieben"), J. Safra Sarasin ("jetzige Korrektur könnte zu attraktiver Einstiegsgelegenheit führen"), der Credit Suisse ("Breiter Pessimismus, kurzfristig Raum für eine Gegenbewegung von 10 Prozent"), Julius Bär ("keine fundamentalen Gründe, die positive Einschätzung der Aktienmärkte in Frage zu stellen") und Morgan Stanley ("übertrieben scharfe Korrektur zum Zukauf nutzen") haben sich mit Nomura ("wenn das mal keine Kapitulation ist") und RBC Capital Markets ("europäische Politik hat die richtigen Schritte eingeleitet, um die Wachstumsschwäche zu bekämpfen") zwei weitere bestens bekannte Institute diesem Lager angeschlossen.

Die Argumente sind jeweils dieselben: Aufgrund der historisch tiefen Zinsen kommt man nicht um Aktien herum, ab dem kommenden Jahr werden die Unternehmensgewinne in Europa prozentual zweistellig wachsen, die Zins- und Geldpolitik vieler Zentralbanken ist immer noch expansiv, und sowieso sind Aktien an der Risikoprämie und an ihrer Dividendenrendite gemessen noch immer sehr günstig.

Der eigentliche Grund dürfte aber sein, dass sich ein Zukauf von Aktien in Rückschläge hinein in den vergangenen fünf Jahren als die einzig richtige Strategie erwiesen hat. An die grosse Glocke wird das aber nicht gehängt.

Innerhalb weniger Tage sind die konjunkturellen Wachstumsängste einer deutlich konstruktiveren Grundstimmung unter den Marktakteuren gewichen. Die Notenbanken führender Wirtschaftsnationen werden die Situation schon retten, so lautet der Tenor.

Interessant ist, was Albert Edwards in seinem neusten Kommentar schreibt. Einmal mehr nimmt der für das Cross Asset Research der Société Générale tätige Stratege kein Blatt vor den Mund. Seine unmissverständliche Botschaft: Es bedarf keiner wirtschaftlichen Rezession, um einen Börsencrash loszutreten.

Die Zuversicht in die wirtschaftliche Erholung der USA bezeichnet der Experte als stark übertrieben. Obschon die dortige Wirtschaft anfällig und verletzbar sei, drohe sie in den Abwärtssog der Wachstumsschwäche in anderen Weltregionen zu geraten.

Der amerikanische Aktienmarkt weise eine stratosphärisch hohe Bewertung auf. Alleine deshalb reiche schon die Angst vor einer Rezession aus, um zu einem Börsencrash zu führen. Edwards macht in diesem Zusammenhang deutliche Parallelen zur Situation im Oktober 1987 aus. Damals brach der breit gefasste S&P-500-Index innerhalb weniger Tage um knapp 30 Prozent ein.

Denn eines könne keine Notenbank der Welt mit keiner noch so expansiven Zins- und Geldpolitik: Den Wirtschaftszyklus völlig ausser Kraft setzen. Es sei dieser, welcher den grotesk überbewerteten und liquiditätsgetriebenen Aktienmärkten das Genick brechen werde, so der Stratege weiter.

Schon seit Jahren sagt Edwards der westlichen Welt der rekordhohen und noch immer steigenden Verschuldung wegen japanische Verhältnisse vorher. Und auch wenn er mit seinem Ziel von 450 Punkten für den S&P-500-Index bislang ziemlich daneben liegt, so hat er zumindest was die Entwicklung des Preisniveaus anbetrifft Recht bekommen.

Bislang lehnt sich kaum ein anderer Aktienstratege derart weit aus dem Fenster. Die meisten Berufskollegen von Edwards schwimmen viel lieber mit dem Strom und wähnen sich damit auf der sicheren Seite.

Nicht zuletzt aufgrund des Zweckoptimismus bei den Banken und ihren Aktienstrategen halte ich die jüngste Korrektur für noch nicht ausgestanden. Und auch wenn ich mir damit vermutlich keine Freunde mache: Der Nährboden für einen Börsencrash ist durchaus vorhanden – nicht zuletzt der Sorglosigkeit der Marktakteure wegen. Den Aktienmärkten steht die wahre Bewährungsprobe jedenfalls erst noch bevor.

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Die Auftragsflaute bei Meyer Burger geht in die Nachspielzeit. Diese Vermutung lässt zumindest der am späten Freitag bekanntgegebene Stellenabbau im Bereich der Diamantsägen-Technologie in Colorado Springs zu.

Einem Kommentar aus dem Hause Baader Helvea entnehme ich allerdings, dass die 105 Stellen dem finanziellen Kollaps von GT Advanced Technologies zum Opfer gefallen sind. Meyer Burger habe nicht nur Forderungen im Gesamtbetrag von 9,3 Millionen Dollar gegenüber den Amerikanern ausstehend, sondern am Standort Colorado Springs auch in ein gemeinsames Projekt investiert.

Der viel beachtete Experte findet allerdings auch sonst keine guten Worte für die Aktien des im bernischen Gwatt beheimateten Solarzulieferunternehmens. Sollten grössere Aufträge ausbleiben, verschiebe sich der operative Break-even bis ins Jahr 2016. Und obschon Katar an einer Grossanlage für die Herstellung von Solarzellen arbeite, seien in Anbracht des schwierigen geopolitischen Umfelds vorerst keine Aufträge aus dieser Region zu erwarten. Der Verfasser des Kommentars rät der eigenen Anlagekundschaft weiterhin dazu, die mit "Hold" und einem Kursziel von 10 Franken eingestuften Aktien zu meiden.

Das Nachbeben des finanziellen Kollapses von GT Advanced Technologies fällt für Meyer Burger heftiger als befürchtet aus. Der Stellenabbau in Colorado Springs ist möglicherweise nur eine der Folgen. Ich wäre nicht überrascht, würde das Unternehmen mit ausserordentlichen Wertberichtigungen nachlegen.

Obschon die Papiere des in Ungnade gefallenen Börsenlieblings weit von ihren Jahreshöchstständen zurückgefallen sind, drängt sich ein Einstieg meines Erachtens auch weiterhin nicht auf.