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Chefstratege Chris Potts von Kepler Cheuvreux wird nachgesagt, er sei anderen Berufskollegen immer eine Nasenlänge voraus. Schon seit Jahren stemmt er sich immer mal wieder gegen die allgemein gängige Meinung – und trifft damit nicht selten ins Schwarze.

In einem mir zugespielten Strategiepapier bricht Potts mit einem weiteren Tabu. Während sich viele seiner Berufskollegen für ihre Anlagekunden noch immer unbeirrt in den Technologiewerten tummeln, vollzieht der Stratege nicht nur eine Vollbremsung, sondern gar eine Kehrtwende. In Erwartung weiterer von New York ausgehender Kursverluste stuft er dieses äusserst beliebte Titelsegment von "Overweight" auf "Underweight" herunter.

Zuflucht sucht Potts bei den Pharmawerten, welche er von "Underweight" auf "Overweight" heraufstuft. Das wiederum hat Auswirkungen auf seine Einschätzung des Schweizer Aktienmarktes, steuern die beiden Schwergewichte Roche und Novartis beim Swiss Market Index (SMI) bekanntlich doch knapp 40 Prozent zur Gesamtkapitalisierung bei. Dass der Stratege bei Schweizer Aktien bloss von "Underweight" auf "Neutral" geht, lässt sich mit seiner negativen Haltung für Nahrungsmittelaktien wie Nestlé erklären. Für diese gilt nämlich weiterhin "Underweight".

Entwicklung des SMI mit Dividenden-Korrektur während den letzten 12 Monaten (Quelle: www.cash.ch)

Mit der Heraufstufung des Schweizer Aktienmarktes macht Potts einen Schritt vom Juni dieses Jahres rückgängig. Unserem Heimmarkt sogar eine überdurchschnittliche Gewichtung in den Wertschriftenportfolios seiner Anlagekunden einräumen – wie das bis Ende Mai der Fall war - will der Stratege allerdings nicht. Überzeugung sieht wahrlich anders aus.

Für Gesprächsstoff sorgt das Strategiepapier aus dem Hause Kepler Cheuvreux alleweil. Denn gerade mal eine Woche ist es her, dass die für Morgan Stanley tätigen Strategen um Graham Secker bei den europäischen Pharmawerten die Reissleine zogen und diese von "Neutral" auf "Underweight" abstuften. Zuvor hatte auch schon Chefstratege Andrew Garthwaite von der Credit Suisse die europäischen Pharmawerte von "Benchmark" auf "Underweight" gesenkt. Ähnlich wie Secker und seine Abteilungskollegen warnt auch Garthwaite vor einschneidenden Folgen einer Reform des amerikanischen Gesundheitswesens.

Darüber hinaus argumentiert man bei beiden Banken mit der hohen Abhängigkeit der Pharmawerte von der Zinsentwicklung. Das wiederum entbehrt nicht einer gewissen Ironie, rät Kepler Cheuvreux doch nicht zuletzt der steigenden Zinsen wegen zu Umschichtungen aus den Technologie- in die Pharmawerte. Und selbst Morgan Stanley bezeichnete steigende Zinsen erst kürzlich als "Gift" für Wachstumsaktien jeglicher Couleur.

Diese Häufung von Sektorumstufungen kommt übrigens nicht von ungefähr. Denn am nächsten Freitag steht der grosse Derivatverfall – auch "Quadruple Witching" genannt – an. Es wäre nicht der erste grosse Verfall, um den herum die Karten neu gemischt werden.

Anders als die Aktien von Nestlé (grün) hatten die Valoren von Roche (rot) und Novartis (gelb) zuletzt Auftrieb. Nisten sich ausländische Grossinvestoren wieder ein? (Quelle: www.cash.ch)

Ich wäre nicht erstaunt, könnten sich die mächtigen angloamerikanischen Grossinvestoren gemütlich zurücklehnen und zuschauen, wie die hiesige Lokalprominenz ihre Aktienportefeuilles neu ausrichtet. Vermutlich haben diese Grossinvestoren ihre Branchenpräferenzen schon vor Wochen grundlegenden Veränderungen unterzogen und den Champagner bereits kühlgestellt.

Ich bin jedenfalls jetzt schon neugierig, ob nach dem "Quadruple Witching" vom Freitag weitere Banken dem Beispiel von Kepler Cheuvreux folgen und sowohl die europäischen Pharmawerte als auch der Schweizer Aktienmarkt vermehrt wieder Zuspruch erhalten.

 

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