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Seit gestern wissen wir, dass Adecco gut ins Geschäftsjahr 2015 gestartet ist. Was das organische Umsatzwachstum anbetrifft, liess der Zahlenkranz für die ersten drei Monate zwar zu wünschen übrig. Insbesondere der Schlüsselmarkt Frankreich entwickelte sich etwas schwächer als von den Analysten erhofft. Auf den Stufen operativer Gewinn (EBITA) und Reingewinn wurden die Markterwartungen allerdings ziemlich deutlich übertroffen.

In Euphorie sollten die Aktionäre dennoch nicht verfallen, liegt der Teufel doch wie gewohnt im Detail: Denn sowohl beim EBITA als auch beim Reingewinn lässt sich die Differenz zwischen den Analystenschätzungen und den effektiven Zahlen mit einmaligen Sonderfaktoren erklären. Neben einer weiteren Steuergutschrift in Frankreich profitierte der Westschweizer Stellenvermittler im vergangenen Quartal auch von einem höheren Finanzertrag und einer geringeren Steuerbelastung.

Darüber hinaus nahm Adecco die Quartalsergebnispräsentation zum Anlass, um die Öffentlichkeit über die überraschenden Rücktritte von Patrick De Maeseneire als Geschäftsführer und Dominik de Daniel als Finanzchef in Kenntnis zu setzen. Die beiden waren massgeblich am Turnaround der letzten Jahre beteiligt und gelten als die Architekten des über eine Anleihe finanzierten Aktienrückkaufprogramms von vor knapp drei Jahren. Gerade in angelsächsischen Kreisen wurde bei De Maeseneire und de Daniel, in Anlehnung an den Comic-Helden Batman und seinem Mitstreiter Robin, auch gerne vom "Dynamischen Duo" gesprochen.

Es war denn auch dieser sich abzeichnende personelle Aderlass, welcher die Aktien von Adecco gestern vorübergehend um gut 7 Prozent auf 69,35 Franken einbrechen liess. Bis Börsenschluss resultierte immerhin noch ein Minus von 6,2 Prozent auf genau 70 Franken.

Dass im Tagesverlauf ein Gerücht das nächste jagte, liegt in der Natur der Sache. Denn über die Beweggründe für den Rücktritt hüllt man sich am Hauptsitz des Stellenvermittlers in Chéserex in Schweigen.

Während die einen Analysten den erfolgreichen De Maeseneire bereits mit 58 Jahren vorzeitig in den Ruhestand gehen sehen, rechnen andere mit einem Wechsel zu Barry Callebaut. Seit November ist bekannt, dass der Berufskollege beim Schokoladenhersteller bis Ende Jahr sein Amt aufgeben wird. De Maeseneire war schon in den Jahren 2002 bis 2009 an der Spitze von Barry Callebaut tätig. Auf eine Rückkehr wird auch deshalb spekuliert, weil das Unternehmen wie früher auch Adecco von der Familie Jacobs kontrolliert wird.

Auch über geschäftliche Gründe für die Personalrochade wurde spekuliert. Allerdings liess man bei Adecco an der gestrigen Analystenkonferenz durchblicken, dass es keine solchen gebe.

Innerhalb von gerademal fünf Handelstagen hat Adecco knapp 14 Prozent des Börsenwerts eingebüsst. Ich halte diesen Rückschlag für übertrieben und setze die Aktien des Westschweizer Stellenvermittlers auf die Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten (siehe Kolumne vom 4. Mai).

An den vielversprechenden Aussichten hat sich mit dem gestrigen Tag nichts geändert. Das Unternehmen selber rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit einer Wachstumsbeschleunigung. Auf Basis der diesjährigen Konsensschätzungen errechnet sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16,3. Das ist im historischen Vergleich zwar nicht günstig. Renditeinteressierte Anleger dürften jedoch grosszügig über diesen Umstand hinwegblicken. Schliesslich weisen die Aktien eine attraktiv hohe Dividendenrendite von 3 Prozent auf.

Interessant ist auch, dass Adecco im laufenden Jahr einen Cash Flow aus operativer Geschäftstätigkeit von 7,70 Franken je Aktie erzielen dürfte. Mit einer aktuellen Dividende von 2,10 Franken pro Titel besteht deshalb durchaus noch Luft nach oben.

Fantasie geht auch von der Möglichkeit eines weiteren fremdfinanzierten Aktienrückkaufprogramms aus. Die Westschweizer haben diesbezüglich vor drei Jahren Pionierarbeit geleistet und Aktionärswerte geschaffen.

Jedenfalls bietet der jüngste Kursrückschlag meines Erachtens günstige Einstiegsgelegenheiten in die Papiere des einzigen wahren "Schweizer Gewinners" der milliardenschweren Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB). Vorsichtige Anleger sollten allerdings noch den vermutlich eher schwachen US-Arbeitsmarktbericht von heute Nachmittag abwarten.

 

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