Ich bin gespannt, ob der Schweizer Aktienmarkt in den kommenden 12 Monaten an die diesjährigen Kursavancen anknüpfen kann. Denn ganz unter uns: Auch hierzulande hat sich die Börsenentwicklung zuletzt von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Unternehmensgewinnen gelöst. Die äusserst lockere Zins- und Geldpolitik vieler Zentralbanken führte zu einer liquiditätsgetriebenen Hausse.

Früher oder später wird diese liquiditätsgetriebene in eine gewinngetriebene Hausse übergehen müssen. Noch ist allerdings unklar, ob  es schon im kommenden Jahr zu einem solchen Übergang kommt. Auch der «Präsidentschafts-Zyklus» spricht für ein alles andere als einfaches 2013. Zumindest statistisch betrachtet folgt in den USA auf eine freundliche Aktienmarktentwicklung im Wahljahr ein eher schwaches Börsenjahr.

Gerade deshalb ist zunehmend ein selektiver Ansatz gefragt. Nachstehend deshalb nun meine Schweizer Aktienfavoriten für das kommende Börsenjahr. Ich möchte an dieser Stelle allerdings betonen, dass auch ich nur mit Wasser koche...

Standardwerte:

ABB

In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres mussten die zuvor verwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre von ABB mehr als eine Ergebnisenttäuschung wegstecken. Insbesondere im Strominfrastrukturgeschäft hatte das Zürcher Traditionsunternehmen im bisherigen Jahresverlauf mit starkem Druck auf die Preise zu kämpfen. Insbesondere in den Schwellenländern, eigentlich eine Stärke von ABB, drangen immer wieder neue Billiganbieter auf den Markt. Mit der vor wenigen Wochen angekündigten Neuausrichtung und Restrukturierung der Division Power Systems hat das Unternehmen die Weichen allerdings in Richtung Zukunft gestellt. Obschon die bekannt gegebenen Massnahmen nur geringfügige Auswirkungen auf den zukünftigen Ergebnisbeitrag der betroffenen Division haben werden, war die strategische Neuausrichtung dennoch notwendig um die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Meine Hoffnungen beruhen auch ein bisschen auf CEO Joe Hogan und seinem neuen CFO. Ich erachte dieses Zweiergespann als überaus fähig und verspreche mir davon einiges für ABB.


Novartis

Nachdem das umsatzstarke Bluthochdruckmedikament Diovan den Patentschutz verloren hat, befindet sich Novartis in einer Wachstumsflaute. Im kommenden Jahr wird mit Glivec ein weiteres Schlüsselprodukt den Patentschutz verlieren. Noch ist das letzte Wort diesbezüglich allerdings nicht gesprochen. Der Basler Gesundheitskonzern hat noch die Möglichkeit, den Markteintritt von Generika zu verzögern. Gleichzeitig verfügt Novartis über zahlreiche jüngere Medikamente wie der MS-Pille Gilenya oder die beiden Krebspräparate Afinitor und Tasigna. Meines Erachtens wird das Umsatzpotenzial dieser Medikamente vom Markt verkannt. Ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres sollte das Unternehmen auf den Wachstumspfad zurückfinden und ab dann ein überdurchschnittlich starkes Gewinnwachstum an den Tag legen. Zusätzliches Kurspotenzial verspreche ich mir von einem umfassenden Aktienrückkaufprogramm.


Sonova

Endlich hat der in Stäfa niedergelassene Weltmarktführer für Hörgeräte die hausgemachten Probleme der letzten Jahre in den Griff bekommen. Wider anders lautenden Befürchtungen wartete Sonova vor wenigen Wochen mit einer Ergebnisüberraschung und ermutigenden Aussagen zu den firmeneigenen Gesamtjahresprognosen auf. Das Unternehmen steht unmittelbar vor dem Verkaufsstart neuer Produkte im Hochpreissegment. Darüber hinaus sind in den kommenden 12 Monaten auch im Geschäft mit Hörimplantaten Produktneuheiten zu erwarten. Obschon sich das Wachstum im Markt für Hörgeräte in den letzten Monaten weiter verlangsamt hat, rechne ich in absehbarer Zeit wieder mit einer Wachstumsbeschleunigung. Dank neuen und viel versprechenden Produkten sollte es Sonova möglich sein, ein über dem Markt liegendes Wachstum zu erzielen. Der Raum für zukünftige Ergebnisverbesserungen wird vom Markt ganz klar unterschätzt. Und auch wenn sich die Firmenverantwortlichen derzeit noch zieren: Auch von einem möglichen Aktienrückkaufprogramm geht Fantasie für die Aktien des Hörgeräteherstellers aus.


Sulzer

Der Leistungsausweis der Firmenverantwortlichen von Sulzer der letzten Jahre kann sich sehen lassen. Das Winterthurer Traditionsunternehmen hat vieles richtig gemacht und kann heute aus einer Position der Stärke heraus arbeiten. Von der unter dem neuen CEO eingeschlagenen Strategie verspreche ich mir deutliche Margenverbesserungen, sieht diese doch einen weiteren Ausbau des lukrativen Servicegeschäfts vor. Wie sich einer kürzlichen Studie von Helvea entnehmen lässt, zieht der geplante Ausbau des Servicegeschäfts kaum Investitionen nach sich. Neben den intakten organischen Wachstumsaussichten könnte 2013 zum Jahr der Veränderungen im Firmenportfolio von Sulzer werden. Am Markt wird seit wenigen Wochen darauf spekuliert, dass die Division Sulzer Metco an OC Oerlikon verkauft wird. Treibende Kraft dahinter könnte der an beiden Unternehmen materiell beteiligte russische Milliardär Viktor Vekselberg sein. Denn mit einer solchen Firmentransaktion liessen sich zusätzliche Aktionärswerte schaffen.


UBS

Wer den (Reputations-)Schaden hat, braucht für den Hohn nicht zu sorgen. Für die UBS gilt dieses Sprichwort in diesen Tagen ganz besonders. Nach dem milliardenschweren Handelsverlust vom Frühjahr muss die Schweizer Grossbank nun auch noch für den Vergleich im Libor-Skandal tief in die Tasche greifen. Eigenen Angaben zufolge will das Unternehmen im laufenden vierten Quartal in diesem Zusammenhang insgesamt 2,1 Milliarden Franken an Rückstellungen bilden. Ob damit auch alle drohenden zivilrechtlichen Klagen der Zinsmanipulation einiger Mitarbeiter abgedeckt werden können, wird sich zeigen müssen. Dem Ansehen der Bank haben diese Machenschaften ganz bestimmt nicht geholfen. Mit der strategischen Abkehr von grossen Teilen des Investment Banking befindet sich die UBS meines Erachtens jedoch auf dem richtigen Weg. Nicht zuletzt dank der starken Marktstellung im Wealth Management verfügt das Unternehmen als eine der wenigen europäischen Grossbanken überhaupt über die Grundvoraussetzungen für einen solchen strategischen Kurswechsel. Dank dem freiwerdenden Eigenkapital können sich die Aktionärinnen und Aktionäre schon heute auf satte Sonderdividenden oder ein Aktienrückkaufprogramm freuen. Die Schweizer Grossbank muss jetzt vor allem eines: Konsequent liefern und ihre Versprechen einhalten.


Zurich Insurance Group

2012 war nicht das Jahr der Zurich Insurance Group. Einmal mehr stolperte das Unternehmen im Herbst über Nachreservierungen in dreistelliger Millionenhöhe für das deutsche Sachversicherungsgeschäft. Darüber hinaus fielen die auf die Zurich Insurance Group entfallenden Kosten für den Wirbelsturm «Sandy» höher als befürchtet aus. Schon heute dürfte deshalb klar sein, dass das Mitte Februar zur Veröffentlichung anstehende Jahresergebnis kein Ruhmesblatt wird. Ob das Unternehmen im kommenden Jahr sein volles Ertragspotenzial entfalten kann, steht derzeit noch in den Sternen. Dennoch stimmt mich die mittlerweile starke Stellung in Mittel- und Südamerika diesbezüglich recht zuversichtlich. Ganz abgesehen davon sollte die im Vergleich zur Konkurrenz äusserst attraktive Dividendenrendite über allfällige Verzögerungen hinweg trösten.


Nebenwerte:

Ascom

Nach einer recht bescheidenen Geschäftsentwicklung in der ersten Jahreshälfte fielen die von Ascom anlässlich des Investorentages vom Spätherbst gemachten Aussagen unerwartet ermutigend aus. Prompt erfuhren die Aktien des Berner Technologiekonzerns eine erste Neubewertung durch den Markt. Fantasie geht derzeit insbesondere von einem möglichen Verkauf der Division Network Testing aus. Gemäss dem für die Bank Vontobel tätigen Experten lassen sich mit einem solchen strategischen Vorstoss ein deutlicher Mehrwert für die Aktionäre generieren. In einer Szenarioanalyse kommt er – je nach Berücksichtigung von Verkaufserlös und Abschreibungen auf dem aktivierten Goodwill - auf einen fairen Wert von 9,70 bis 16,70 Franken je Aktie. Sollten die Firmenverantwortlichen sich weiterhin zieren, könnten durchaus auch strategische Investoren aus der Private Equity Industrie auf Ascom aufmerksam werden und den Druck auf das Unternehmen verstärken.


Komax

Ausserhalb des Kerngeschäfts bläst dem im Luzernischen niedergelassenen Industriekonglomerat schon seit Monaten ein eiskalter Wind um die Ohren. Dennoch hielten die Firmenverantwortlichen bisher verbissen an den Problemkindern Solar und Medtech fest. Die Verluste in diesen beiden Geschäftsbereichen frassen im bisherigen Jahresverlauf nahezu die Hälfte des im Kerngeschäft erwirtschafteten operativen Gewinns auf. Ohne die in den Statuten vorgesehene Stimmrechtsbeschränkung von 5 Prozent hätte sich bei Komax wohl schon längst ein feindlich gestimmter Finanzinvestor eingekauft. Denn der Wert der einzelnen Unternehmensteile dürfte selbst nach der jüngsten Höherbewertung noch immer substanziell über dem aktuellen Marktwert liegen. Vielleicht nimmt der Druck aus dem Aktionariat im kommenden Jahr ja so stark zu, dass sich die Firmenverantwortlichen von Komax doch noch umstimmen lassen.


Logitech

Unter Miteinbezug der Sonderdividende erwies sich das Halten von Aktien von Logitech im laufenden Jahr als Nullsummenspiel. Dem Westschweizer Peripheriegerätehersteller bläst im Kerngeschäft weiterhin ein eiskalter Wind ins Gesicht, und auch die US-Tochter LifeSize bleibt den Wachstumshoffnungen einiges schuldig. All diesen Problemen zum Trotz schreibt Logitech weiterhin schwarze Zahlen. Gleichzeitig verfügt das Unternehmen über eine solide Bilanz und damit über genügend Kraft, sich den Problemen zu stellen. Durch die sich selbst auferlegten Restrukturierungsmassnahmen sollte die Kostenstruktur deutlich schlanker werden. Zudem sind die strukturellen Probleme von Logitech dem Markt mittlerweile bestens bekannt, was sich auch in den bei rund 19 Prozent aller ausstehenden Aktien liegenden Baisseengagements widerspiegelt.


Straumann

Nachdem die Aktien des Herstellers von Premiumimplantaten in den letzten Wochen ein Opfer von Bereinigungen im Hinblick auf das Jahresende geworden sind, bieten sich meines Erachtens günstige Einstiegsgelegenheiten. Mit einer raschen Nachfragebelebung in den Absatzmärkten ist bei Straumann zwar nicht zu rechnen. Durch die geplanten Restrukturierungsmassnahmen sollte die Kostenbasis jedoch schlanker werden. Bisher nimmt der Markt eine eher skeptische Haltung ein, was die Erreichbarkeit der kommunizierten Restrukturierungsziele anbetrifft. Ich erhoffe mir davon im Jahresverlauf Raum für positive Überraschungen, scheinen mir die vom Unternehmen getroffenen Massnahmen doch sehr glaubwürdig.


Tecan

In den vergangenen Jahren erlitt die Rückkehr von Tecan auf den Wachstumspfad immer neue Verzögerungen. Im Laufe des kommenden Jahres wird der Laborausrüster aus heutiger Sicht nun endlich erste Früchte für die hohen in der Vergangenheit getätigten Investitionen ernten. Ist Tecan nach mehreren Übergangsjahren damit nun endlich mal wieder für positive Überraschungen gut? Insbesondere von den beiden Produkten P14 und P16 erhoffe ich mir ab dem nächsten Jahr erste Ergebnisbeiträge. Auch vom neuen CEO David Martyr verspreche ich mir einiges, war Martyr zuvor doch in einer führenden Funktion für den Mischkonzern Danaher tätig und verfügte dort über einen soliden Leistungsausweis.