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In meiner gestrigen Kolumne berichtete ich von immer euphorischer werdenden Kaufempfehlungen aus der Analystengemeinde. Zur Veranschaulichung zog ich die Unternehmensstudie von Kepler Cheuvreux zu AMS sowie jene der Bank Vontobel zu Comet hinzu.

Und die Euphorie unter Analysten nimmt immer groteskere Formen an. Jüngstes Beispiel ist ein Kommentar von Aviate zum im bernischen Gwatt beheimateten Solarzulieferer Meyer Burger. Darin traut der für den britischen Broker tätige Verfasser den Namenaktien einen Anstieg bis auf 70 Franken zu. Vom aktuellen Kurs aus betrachtet entspricht dies nicht weniger als einer Verfünffachung.

Der Experte argumentiert mit Aussagen von Elon Musk, dem Visionär und Gründervater des erfolgreichen Elektroautomobilherstellers Tesla Motors. Dieser hatte Produktionskapazitäten in der Grössenordnung von jährlich 400 Gigawatt gefordert, gegenüber 50 Gigawatt heute. Ausserdem sei ein Grossteil dieser Produktionskapazitäten veraltet, weshalb sie über die nächsten fünf Jahre ersetzt werden müssten.

Und da komme Meyer Burger ins Spiel: Zwar befinde sich die Auftragslage aufgrund von Überkapazitäten noch immer in einem tiefen Loch. Allerdings stehe das Unternehmen am Anfang eines Nachfragezyklus, welcher dem Experten zufolge weit über den letzten hinausgehen könnte.

Seine Rechnung ist einfach: Kann der Solarzulieferer bis in zwei Jahren an seinen bisherigen Spitzenumsatz von 1,3 Milliarden Franken anknüpfen, klingelt bei ihm die Kasse. Dank der über die letzten Jahre reduzierten Kostenbasis sei bei einem solchen Umsatz ein Reingewinn von rund 300 Millionen Franken möglich. Entwickle sich die Solarindustrie dann noch wie von Elon Musk erwartet, hätten die Aktien eine substanzielle Neubewertung verdient.

Diese Annahmen riechen mir etwas gar nach Milchbuchrechnung. Meyer Burger verfügt heute zweifelsohne über eine tiefere Kostenbasis als noch vor wenigen Jahren. Nicht zuletzt auch dank einer Anpassung der Produktionskapazitäten an die verhaltene Nachfragesituation. Sollte sich letztere substanziell aufhellen, müssten wieder Kapazitäten geschaffen werden. Und das kostet meist viel Geld.

Die von Aviate erwartete Verfünffachung des Börsenwerts innerhalb der nächsten drei Jahre dürfte vor allem eines sein: Wunschdenken eines bei Meyer Burger vermutlich bis über beide Ohren investierten Brokers.

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Händler berichten mir bei den Namenaktien von Sonova schon seit Tagen von guten Anlagekäufen. So richtig einen Reim kann ich mir nicht darauf machen, wartet die UBS Investmentbank doch mit einer nicht nur von Licht, sondern auch von Schatten geprägten Sektorenstudie auf.

Wie die Verfasser schreiben, wächst der weltweite Markt für Hörimplantate unter Ausklammerung von China zur Zeit nicht zweistellig. In den USA liege das Marktwachstum um die 5 Prozent, genauso wie in Europa. Nicht zuletzt dank einer tiefen Vergleichsbasis gestalte sich die Situation in den Schwellenländern etwas besser.

Rückmeldungen aus Kliniken lassen die Experten vermuten, dass die Sonova-Tochter Advanced Bionics anderen Anbietern weiterhin Marktanteile streitig machen kann. In Erwartung neuer Produkte innerhalb der nächsten 12 Monate werden die Aktien des in Stäfa beheimateten Mutterhauses mit einem Kursziel von 150 Franken zum Kauf empfohlen. Ein für Anleger attraktives Aufwärtspotenzial sieht anders aus.

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Der gestern von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) veröffentlichte Stabilitätsbericht sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. Der Bericht lobte die beiden Grossbanken zwar für ihre Fortschritte bei der Stärkung der Eigenkapitalbasis. Gleichzeitig machte er aber unmissverständlich klar, dass insbesondere im Zusammenhang mit dem Leverage Ratio weiterer Handlungsbedarf bestehe.

Einem Kommentar aus dem Aktienhandel der Berenberg Bank zufolge überrascht der Fokus der SNB auf das Leverage Ratio nicht. Die Schlüsselaufgabe der Banken bleibe, die Eigenkapitalbasis mittels einbehaltener Gewinne und einer weiteren Reduktion der Risikoaktiven zu stärken.

Bei den beiden Schweizer Grossbanken habe die UBS die Nase ganz klar vorn. Die Credit Suisse sei nun gefordert und müsse ihre Rolle im Investment Banking überdenken. Denn zum einen enttäusche der Gewinnbeitrag aus diesem Geschäftszweig noch immer und zum anderen komme die Verbesserung beim Eigenkapital nicht schnell genug voran. Die Credit Suisse laufe damit Gefahr, von der SNB zu einer weiteren Kapitalerhöhung gedrängt zu werden.

Nur so am Rande: Die Aktien der Schweizer Grossbank werden bei der Berenberg Bank offiziell weiterhin mit einem Kursziel von gerademal 16 Franken zum Verkauf empfohlen.