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In den vergangenen Tagen warnten an der Wall Street gleich mehrere prominente Marktstrategen und -beobachter vor einer Börsenkorrektur. Darunter auch Ben Inker. Der für die Investmentfirma GMO tätige Stratege hält den amerikanischen Aktienmarkt für um nicht weniger als 40 Prozent überbewertet. Das lässt sich auch von seinem fairen Wert von 1100 Punkten für den breit gefassten S&P-500-Index ableiten, ging das Börsenbarometer vergangene Nacht in New York doch bei knapp 1790 Punkten aus dem Handel.

Sein Bewertungsmodell stützt der Stratege auf das ökonomische Kapital der im S&P-500-Index berücksichtigten Unternehmen ab. Das ökonomische Kapital wiederum entspricht den Ersatzbeschaffungskosten. Die Aussagekraft des Buchwerts stellt Inker hingegen in Frage, hält er diesen doch für zu ungenau und zu leicht zu beeinflussen. Das ökonomische Kapital stellt der Stratege wiederum ins Verhältnis zur Eigenkapitalrendite. Beide Zahlen bereinigt er allerdings zuerst um buchhalterische Tricks wie den aktivierten Goodwill.

Im aktuellsten Quartalsausblick kommt Inker zum Schluss, dass sich die Aktieninvestoren an der Wall Street über die kommenden sieben Jahre auf deutlich tiefere, vermutlich sogar negative Renditen einstellen müssen. Nur eine deutliche Aufhellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen könne daran überhaupt noch etwas ändern.

Ich bin zwar nicht ganz so pessimistisch für amerikanische Aktien wie der Stratege von GMO, immerhin Herr über verwaltete Kundenvermögen im Umfang von nicht weniger als 112 Milliarden Dollar. In einem Punkt muss ich ihm aber beipflichten: Die Aktienmarktbewertung hat sich möglicherweise zu stark von der Entwicklung der Unternehmensgewinne gelöst, obschon letztere erst noch durch die tiefen Finanzierungskosten künstlich aufgebläht wurden. Fragt sich, was passiert, wenn die liquiditätsgetriebene Hausse in Übersee in eine gewinngetriebene übergeht.

Trends dauern an den Finanzmärkten für gewöhnlich immer länger als gedacht. Aber früher oder später wird sich der amerikanische Aktienmarkt schlichtweg wieder an den fundamentalen Gegebenheiten orientieren müssen. Von daher darf man den warnenden Marktstrategen und -beobachtern keinen Strick drehen. Und gerade Ben Inker hat mit seinen Prognosen in der Vergangenheit mehr als einmal eine gute Nase bewiesen.

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Vor knapp zwei Wochen stufte BNP Paribas den europäischen Bankensektor von «Outperform» auf «Neutral» zurück. Seither lassen die Exponenten des französischen Bankinstituts keine Gelegenheit aus, um sich negativ über die europäischen Bankaktien auszulassen.

Insbesondere die glanzlose Berichterstattung für das zurückliegende dritte Quartal bietet den Experten mehr als genug Angriffsfläche. In einem Rückblick lassen sie denn auch nichts anbrennen: Trotz einer Aufhellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien Ergebnisverbesserungen ausgeblieben. Im Investment Banking habe die Situation sogar eine grundlegende Verschlechterung erfahren.

Besorgniserregend sei allerdings die drohende Verschärfung bei den regulatorischen Vorschriften. In einigen Ländern zeichne sich ein teilweise deutlich strengerer Alleingang ab. Dies gelte insbesondere für die zukünftigen Eigenmittelvorschriften, die die bis zuletzt besseren Dividendenaussichten wieder zunichte machen könnten.

Mit Gegenwind müsse der europäische Bankensektor aber auch aufgrund des sich abzeichnenden Endes der Politik des billigen Geldes durch die US-Notenbank sowie des Ausbleibens weiterer Stimuli durch die Europäische Zentralbank rechnen.

Und obschon die Experten von BNP Paribas die Namenaktien der Credit Suisse mit «Outperform» und einem Kursziel von 32 Franken zum Kauf empfehlen, zählen sie die Papiere nicht zu den Sektorfavoriten. Die Namenaktien der UBS werden hingegen mit «Neutral» und einem Kursziel von 16,50 Franken eingestuft.

Nach den ernüchternden Quartalsergebnissen und aufgrund drohender Rechtskosten und strengerer Eigenmittelvorschriften müssen sich die Aktionäre voraussichtlich länger als gedacht in Geduld üben. Und vermutlich wird der eine oder andere Experte seine optimistischen Dividendenprognosen für die kommenden Jahre grundlegend überdenken müssen.

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Aus einer anderen Ecke von BNP Paribas erreicht mich heute ein Kommentar zu den Edelmetallmärkten. Im Kommentar warnen die Verfasser vor einer Abwärtsspirale beim Gold. Je mehr sich der Unzenpreis der magischen Marke von 1000 Dollar nähere, desto stärker steige der Druck auf die Goldproduzenten, sich abzusichern.

Ich bin überrascht, dass Edelmetallstrategen dieses Thema erst jetzt aufgreifen. Denn schon im Frühsommer wurde mir aus Übersee davon berichtet, dass erste Produzenten wieder damit begonnen haben, ihre zukünftige Fördermenge abzusichern. Damals verwies man auf Aussagen des an der Börse in London gehandelten Goldproduzenten Petropavlovsk.

Noch in den Neunzigerjahren war es an der Tagesordnung, dass gerade die grossen Produzenten die zukünftige Fördermenge über Termingeschäfte gegen rückläufige Preise absicherten. Während der beispiellosen Hausse der letzten Jahre haben viele Goldproduzenten dem Druck der eigenen Aktionäre nachgegeben und ihre Absicherungstransaktionen abgebaut.

Mittlerweile dürfte das Pendel umgeschlagen und das Beispiel von Petropavlovsk Nachahmer gefunden haben. Bleibt zu hoffen, dass die von BNP Paribas befürchtete Abwärtsspirale ausbleibt.

Denn aus charttechnischer Sicht bleibt bei der Gold-Unze vorerst alles möglich, auch ein Rückschlag auf die bisherigen Jahrestiefststände von Ende Juli bei 1180 Dollar.