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Rückblickend hätte das Kursdebakel vom Dezember den Leerverkäufern in New York eine günstige Gelegenheit geboten, ihre Wetten gegen die dort gehandelten Aktien aus dem Swiss Market Index (SMI) zu schliessen. Stattdessen bauten sie insbesondere die Wetten gegen Roche und ABB noch einmal kräftig aus.

Als die Kurse in den ersten beiden Januar-Wochen stiegen und nicht mehr weiter zurückfielen, waren sich die Leerverkäufer ihrer Sache dann aber offensichtlich doch nicht mehr ganz so sicher.

Bei den Schwergewichten Nestlé und Novartis kann sogar von einer regelrechten Kapitulation gesprochen werden. Aktuellen Erhebungen der New York Stock Exchange (NYSE) zufolge wurde bei Novartis zuletzt mit 1,6 Millionen American Deposit Receipts (ADRs) auf rückläufige Kurse spekuliert. Das ist gerademal noch halb so viel als noch zwei Wochen zuvor. Gegen Nestlé liefen hingegen Wetten in Höhe von knapp 200'000 Titeln, was einem Minus von 60 Prozent gleichkommt.

Die Nestlé-Aktien trennen keine 2 Franken mehr vom Rekordhoch vom Spätherbst (Quelle: www.cash.ch)

Über die Beweggründe lässt sich bestenfalls mutmassen. Entweder rechnen die Leerverkäufer, dass sich die weitestgehend von der Konjunktur unabhängigen Schwergewichte eines weiteren Zuflusses von Anlagegeldern erfreuen - oder aber sie gehen von soliden Zahlenkränzen für das vergangene Jahr aus.

Zumindest würde letzteres erklären, weshalb noch immer mit 3,48 Millionen ADRs gegen Roche spekuliert wird. Denn das sind noch immer viermal mehr als noch vor wenigen Wochen. Beim Pharma- und Diagnostikkonzern sind sich die Analysten uneinig, ob das Schlussquartal nun besser oder schlechter ausgefallen ist. Auch in Bezug auf die Zielvorgaben für das neue Jahr sind unterschiedliche Stimmen zu vernehmen.

Noch extremer präsentiert sich das Bild bei LafargeHolcim. Die Wetten gegen die Aktien des Weltmarktführers aus Jona weisen einen Marktwert von weniger als 1000 Dollar auf. Da liegt es geradezu auf der Hand, dass die Börsenbetreiberin NYSE den Rückgang gegenüber der vorangegangenen Erhebung mit 100 Prozent angibt.

Die Aktien von LafargeHolcim führen die Gewinnerliste beim SMI seit Jahresbeginn an (Quelle: www.cash.ch)

Etwas voreilig waren die Leerverkäufer rückblickend bei der UBS. Hätten sie die Ergebnisenttäuschung und den anschliessenden Kurstaucher von gestern doch bloss noch mitgemacht und sich nicht vorzeitig aus den Aktien zurückgezogen. Allerdings sei gesagt, dass noch immer mit 15,6 Millionen Titel auf rückläufige Kurse spekuliert wird. Der Spitzenwert geht wenige Wochen zurück und liegt bei satten 19,2 Millionen ADRs.

Vom Zahlenkranz der grössten Schweizer Bank lassen sich übrigens zwei wichtige Erkenntnisse ziehen: Zum einen gehören die goldenen Zeiten in der Vermögensverwaltung nach dem Aus für das Bankgeheimnis wohl endgültig der Vergangenheit an. Der Druck auf die Margen nimmt zu - und das längst nicht nur, weil die Anlagekunden ihre Wertschriftendepots zu wenig bewegen. Zum anderen fällt es den beiden Schweizer Grossbanken immer schwieriger, sich im Investment Banking gegen die übermächtige amerikanische Konkurrenz zu behaupten.

Eigentlich müssten UBS und Credit Suisse sich und ihr Geschäftsmodell völlig neu erfinden. Besser gesagt: Eigentlich wären sie schon vor Jahren dazu gezwungen gewesen, als sich das Aus für das Bankgeheimnis abzuzeichnen begann.

Es dürfte kein Zufall sein, dass sich die amerikanischen Leerverkäufer derart auf die Aktien der beiden Schweizer Grossbanken eingeschworen haben.

Neuerdings gilt ihr Interesse auch Julius Bär. Man muss kein Branchenkenner sein, um zu erahnen, dass die Probleme der UBS im Wealth Management nicht hausgemacht sind und auch die kleinere Zürcher Bank im Schlussquartal in Mitleidenschaft gezogen haben. Der ziemlich ernüchternde Zwischenbericht von Mitte November dürfte daher wohl bloss ein erster Vorgeschmack auf die kommende Jahresergebnispräsentation gewesen sein.

Der Anstieg bei den leerverkauften Titeln von Julius Bär um 35 Prozent auf fast 900'000 ADRs - und das innerhalb von gerademal zwei Wochen - lässt jedenfalls nichts Gutes erahnen.

Es macht ganz den Anschein, als hätten sich die Leerverkäufer in den letzten Wochen gleich bei mehreren Aktien aus dem SMI ziemlich die Finger verbrannt. Die kommende Erhebung dürfte verraten, ob sie auf das Prinzip Hoffnung setzen oder sich weiter aus den genannten Titeln zurückziehen. Im Wissen, dass von den Grossbankvaloren eine Signalwirkung für den breiten Schweizer Aktienmarkt ausgeht, vermute ich ersteres...

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