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Es kommt nicht oft vor, dass ein Analyst seine Einschätzung einer Aktie wenige Tage vor der Ergebnisveröffentlichung grundlegend überdenkt. Und wenn, dann vermutlich nur deshalb, weil er eine Vorahnung hat.

Ob das auch bei der heutigen Rückstufung der Namenaktien der Credit Suisse von «Neutral» auf «Underweight» durch JP Morgan der Fall ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Denn der verantwortliche Experte kürzt seine Gewinnschätzungen um gerade mal 0,1 Prozent und belässt das Kursziel weiterhin bei 32 Franken.

Anders als die Erzrivalin UBS mache die Nummer zwei unter den Schweizer Grossbanken keine Anstalten, das Investment Banking einer grundlegenden Neuausrichtung zu unterziehen. Die in diesem Geschäftszweig verfolgte Strategie trage weder den fehlenden Skaleneffekten, noch der mangelhaften Diversifikation im Handel mit Festverzinslichen, Devisen und Rohstoffen Rechnung.

Die Credit Suisse generiere nur gerade halb so viele Erträge wie die fünf führenden Mitbewerber. Darüber hinaus seien stark schwankende Aktivitäten wie das Schwellenländergeschäft oder die Verbriefung von Schuldforderungen für geschätzte 80 Prozent der Erträge verantwortlich, so der Vorwurf des Experten.

Ohne weitere Restrukturierungsrunde im Investment Banking werde sich die Bewertungslücke zur UBS nicht nur nicht schliessen, sondern in Zukunft sogar noch ausweiten. Der Experte rät der Schweizer Grossbank in diesem Zusammenhang zu einer Reduktion der Risikoaktiven im Handel mit Festverzinslichen, Devisen und Rohstoffen um 40 Milliarden Franken und zu einem Abbau von 15 Prozent der weltweiten Stellen im Investment Banking. Ausserdem seien die Firmenverantwortlichen auf der Kostenseite gefordert, um die langfristigen Zielsetzungen erreichen zu können. Nur so lasse sich der wahre Wert des Wealth Managements in entsprechender Weise entfalten.

Sollte der Experte von JP Morgan bei der Credit Suisse von einem enttäuschenden Ergebnis wissen oder ein solches zumindest erahnen, so verpackt er dies geschickt. In der mir vorliegenden Unternehmensstudie lassen sich bestenfalls zwischen den Zeilen Anhaltspunkte für einen verhaltenen Zahlenkranz herauslesen.

Es gibt berechtigte Zweifel, ob die Nummer zwei unter den Schweizer Grossbanken langfristig an ihrem bisherigen Geschäftsmodell festhalten kann und will. In den letzten Tagen kamen am Markt Spekulationen über einen Rücktritt von CEO Brady Dougan auf. Vermutlich braucht es allerdings mehr als einen Wechsel an der Spitze der Geschäftsleitung, um bei der Credit Suisse einen Kulturwandel weg vom Investment Banking einzuläuten.

Dennoch dürfte Dougan als Protegé des aus dem Verwaltungsrat zurücktretenden Walter Kielholz an Rückhalt verlieren. Immerhin war es Kielholz, der den Amerikaner während seinen Jahren als Präsident des Verwaltungsrats ins Boot holte. Wer weiss, vielleicht öffnet sich für die leidgeplagten Aktionäre der Schweizer Grossbank ja schon bald ein neues Kapitel.

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Der geplante Zusammenschluss von Holcim und Lafarge liess am Montag wohl den einen oder anderen Mitbewerber zweimal leer schlucken. An den Märkten wurden die Heiratspläne jedenfalls ausgiebig gefeiert, und auch aus der Analystengemeinde erhielten die beiden Unternehmen ziemliche Vorschusslorbeeren.

Doch schon heute dürfte klar sein, dass der Zusammenschluss der Ostschweizer Weltmarktführerin mit der weltweiten Nummer zwei aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unter keinem allzu günstigen Stern steht. Eigenen Angaben zufolge wollen sich Holcim und Lafarge zwar von Geschäftsbereichen mit einem Jahresumsatz von umgerechnet 6 Milliarden Franken trennen. Allerdings ist den Unternehmen und ihrem Unterfangen in unzähligen Ländern eine langwierige und intensive Prüfung durch die Wettbewerbsbehörden so gut wie sicher.

In einem Kommentar feiert der für die DZ Bank tätige Verfasser heute deshalb den Mitbewerber HeidelbergCement als Gewinner. Dadurch, dass sich Holcim und Lafarge auch in den Schwellenländern von Geschäftsaktivitäten trennen müssten, würden sich dem deutschen Zementhersteller günstige Übernahmegelegenheiten eröffnen. HeidelbergCement werde die Bemühungen um den Verkauf von Randaktivitäten wie das Tonziegelgeschäft intensivieren, um die dadurch zufliessenden Mittel für den Kauf von neuen Werken einzusetzen. Und auch vom Wegfall von Überkapazitäten und dem damit nachlassenden Preisdruck verspricht sich der Experte einen positiven Effekt.

Als ich am frühen Freitagnachmittag aus London mit den Spekulationen rund um einen Zusammenschluss von Holcim und Lafarge konfrontiert wurde, dachte ich im ersten Moment an einen verspäteten Aprilscherz. Denn die Wettbewerbsbehörden dürften einem solchen Vorhaben nur unter sehr strengen Auflagen überhaupt zustimmen. Und auch dass der sehr fähige und allseits geschätzte CEO Bernard Fontana im neuen Unternehmen nur noch eine untergeordnete Rolle spielen wird, darf aus Aktionärssicht nicht auf die leichte Schulter genommen werden.