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Im Devisenhandel bedienen sich die mächtigsten unter den Marktakteuren gerne eines "Spoof", was ins Deutsche übersetzt so viel wie "Schwindel" oder "Veräppelung" bedeutet. Um ein Währungspaar in die gewünschte Richtung zu treiben, wird zuerst gerade das Gegenteil gemacht und eine Kursverschiebung auf die falsche Seite inszeniert. Während andere Marktteilnehmer dann auf den fahrenden Zug aufspringen oder ihre "Stopps" ausgelöst werden, kann der gewiefte Marktakteur in aller Seelenruhe die gewünschte Position aufbauen.

Ein "Spoof" ist auch bei Aktien möglich, aber längst nicht an der Tagesordnung. Was sich seit Dienstagnachmittag in den Papieren von Clariant abspielt, lässt jedoch vermuten, dass die Aktionäre "ausgeblufft" werden. Von wem und mit welchem Hintergedanken, darüber lässt sich vorerst nur mutmassen.

Hier nun ein kurzer Ablauf der Geschehnisse:

Am 26. März schrieb die "Financial Times", dass die deutsche Evonik den Basler Spezialitätenchemiehersteller für umgerechnet 7,3 Milliarden Franken oder 23 Franken je Aktie übernehmen wolle. Prompt sprangen die Aktien an diesem Tag, von regen Handelsaktivitäten begleitet, um gut 10 Prozent nach oben.

In den darauffolgenden Wochen wurden mit Johnson Matthey und Dow Chemical zwei weitere angebliche Interessenten ins Spiel gebracht, was Clariant am 12. Mai zu einer Stellungnahme veranlasste. In einem Interview mit der "Basler Zeitung" trat CEO Hariolf Kottmann den Übernahmespekulationen klar entgegen. Es gebe und habe keinerlei Gespräche über einen gesamtheitlichen Merger oder einen Verkauf gegeben und es werde sie auch nicht geben, liess er die Leser damals wissen.

Berichte in der Wochenendpresse brachten die Gemüter am vergangenen Montag erneut in Wallung. Die kalte Dusche folgte aber schon tags darauf, als ein Vertreter des Evonik-Hauptaktionärs RAG an der Jahrespressekonferenz ein Interesse an Clariant in Abrede stellte. Eine milliardenschwere Übernahme sei für ihn kein Thema, so liess er die Anwesenden wissen. In der Folge brachen die Aktien des Basler Rivalen vorübergehend um mehr als 6 Prozent ein. Interessant war allerdings, dass derivatseitig kaum spekulativ aufgebaute Engagements glattgestellt wurden.

Eine Erklärung lieferten gestern aus London eintreffende Gerüchte, die den Papieren von Clariant eine Erholung bescherten. Gemäss einem dortigen Finanzblog habe sich Evonik von einem Bankenkonsortium, bestehend aus Citigroup, Société Générale und Barclays, eine milliardenschwere Kreditlinie zusichern lassen. Der deutsche Chemiekonzern wolle 24 Franken je Aktie bieten und falls nötig sogar ein unfreundliches Angebot abgeben, so ist nachzulesen.

Sollten sich diese Informationen als wahr erweisen, hätten Marktakteure, die nach dem Dementi des Evonik-Hauptaktionärs RAG vom Dienstag bei Clariant ausgestiegen sind, ganz klar das Nachsehen. Die Frage wäre dann: Hat RAG den Spekulanten mit einem "Spoof" ganz absichtlich den Wind aus den Segeln genommen oder gibt es zwischen Evonik und seinem Hauptaktionär letztendlich sogar Differenzen rund um den angeblichen Firmenkauf?

Die Firmenverantwortlichen um CEO Hariolf Kottmann sind derzeit genauso zum Warten verdammt wie die Aktionäre von Clariant. Ich bin jedenfalls neugierig, ob sich die gestrigen Gerüchte als wahr erweisen. Vielleicht handelt es sich aber auch bloss um eine weitere, gezielt gestreute Falschmeldung (siehe Kolumne vom 2. Juni).

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Obschon die amerikanischen Aktienindizes in den vergangenen Tagen von ihren Rekordständen zurückgefallen sind, ist die Stimmung unter den Marktakteuren weiterhin ausgelassen. Das wird mir zumindest aus Übersee berichtet.

Einen Tabubruch begeht nun der für die Deutsche Bank tätige Aktienstratege. Er sagt der amerikanischen Leitbörse in den Sommer hinein einen Rückschlag vorher.

Wer sich jetzt schon die Hände reibt und auf günstige Einstiegsgelegenheiten hofft, der irrt. Denn der Experte beziffert das Abwärtspotenzial auf gerade mal 5 Prozent. Am S&P-500-Index gemessen entspräche das einem Stand von 2000 Punkten, wie letztmals Ende Januar.

Allerdings schreibt der Aktienstratege, dass er die Bewertung amerikanischer Aktien als stolz erachte. Darüber hinaus warnt er vor Risiken im Zusammenhang mit dem starken Dollar sowie den steigenden Zinsen.

Solche Strategiestudien muss man als Anleger nicht unbedingt gelesen haben. Überzeugung sieht meines Erachtens jedenfalls anders aus. Ich bin auf alle Fälle deutlich skeptischer als der Studienverfasser was den amerikanischen Aktienmarkt anbetrifft und halte einen Rückschlag von 20 Prozent oder mehr jederzeit für möglich. Bis dahin gilt aber: La hausse amène la hausse.
 

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