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Für die Anhänger der Finanzmarkttheorie ist die "Effizienz der Märkte" etwas wie das "Vater unser" für die katholische Kirche. Gebetsmühlenartig wird immer und immer wieder gepredigt, dass allen Marktakteuren zur selben Zeit dieselben Informationen zugänglich seien.

Die Realität sieht leider anders aus. Denn wären die Finanzmärkte tatsächlich so effizient wie behauptet wird, gäbe es vermutlich keine Blasen. Es liesse sich dann aber auch kein Geld mehr verdienen. Schliesslich funktionieren Märkte nur dann, wenn ein Käufer auf einen Verkäufer stösst.

Der Herdentrieb steckt tief in uns allen drin - ein natürlicher Instinkt sozusagen. Doch nur in den seltensten Fällen erweisen sich allgemein gängige Erwartungen rückblickend betrachtet als richtig. Oder um es in andere Worte zu fassen: Die Märkte verspüren geradezu einen Drang nach Über- oder Untertreibungen.

Aus diesem Grund möchte ich meinen Leserinnen und Lesern eine Strategiestudie aus dem Hause Credit Suisse nicht vorenthalten. In der Studie begeben sich die Autoren um den bekannten Strategen Andrew Garthwaite auf die Suche nach Themenbereichen, bei denen die Finanzmärkte mit ihrer Meinung grundlegend falsch liegen könnten. Dabei stützen sich die Experten auf eine eigens bei bedeutenden Anlegern durchgeführte Umfrage ab, ergänzt durch Erhebungen von Anbietern wie Bloomberg.

Den Studienverfassern zufolge rechnen knapp 70 Prozent der Umfrageteilnehmer mit einem festeren Dollar. Dieses Ergebnis decke sich mit der Einschätzung der bankeigenen Währungsstrategen. Allerdings habe der Greenback in der Vergangenheit nach der ersten Leitzinserhöhung innerhalb dreier Monate jeweils um die 10 Prozent eingebüsst. Auf Basis der Kaufkraftparität weise der Dollar gegenüber Euro und Yen einen Aufschlag von rund 20 Prozent auf. Er nehme damit schon heute eine deutlich restriktivere Zins- und Geldpolitik vorweg, so die Autoren.

Interessant sind die Umfrageergebnisse zu China. Jeder zweite von der Grossbank Befragte sieht auf kurze Sicht die grössten Risiken für die Weltwirtschaft vom Reich der Mitte ausgehen. Über die nächsten Jahre trauen die Anleger der chinesischen Wirtschaft jedoch weiterhin ein überdurchschnittliches Wachstum von 5 Prozent oder mehr zu. Aufgrund dieser überaus vorsichtigen Haltung scheint den Strategen die Wahrscheinlichkeit für positive Überraschungen extrem hoch. Neben den ermutigenden Aussagen des Premierministers verweisen die Experten auf die zuletzt wieder besseren wirtschaftlichen Frühindikatoren der Nachbarländer Taiwan und Korea.

Unstimmigkeiten machen die Autoren auch bei den Schwellenländeraktien aus. Wie der Studie entnommen werden kann, setzten gerade mal 4 Prozent der Befragten über die nächsten zwölf Monate auf Dividendenpapiere aus den besagten Regionen. Mit einem Anlagehorizont von fünf oder mehr Jahren trauen hingegen 46 Prozent der Anleger den Aktien aus den Schwellenländern das grösste Aufwärtspotenzial zu. In diesem Zusammenhang machen die Experten in den mittlerweile günstigen Schwellenländerwährungen, im zuletzt stark unterdurchschnittlichen Abschneiden dieser Börsen sowie in den relativ betrachtet extrem gedrückten Unternehmensmargen positives Überraschungspotenzial aus.

Den Strategen zufolge sind sich die Marktakteure auch hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Rohöls ziemlich einig. Auf Basis von Erhebungen der Nachrichtenagentur Bloomberg liege der Durchschnitt aller Prognosen bis Ende 2016 bei rund 70 Dollar je Fass, so schreiben sie. Das entspräche einem Aufwärtspotenzial von rund 40 Prozent. Die eigene Umfrage habe ergeben, dass dreimal so viele Anleger den Fasspreis bis Ende nächsten Jahres auf über 70 Dollar klettern als unter 50 Dollar fallen sehen. Aufgrund der jüngsten Entwicklung an den Terminmärkten sowie in Erwartung einer möglicherweise stärker rückläufigen Kostenkurve bei der Förderung rechnen die Studienverfasser beim Ölpreis nicht mit einer raschen Erholung.

Was die Aktienmärkte anbetrifft, so liegt die gängige Marktmeinung gemäss Credit Suisse bei einem Anstieg der amerikanischen Leitbörse von gerade mal 7 Prozent bis Ende nächsten Jahres. Das Aufwärtspotenzial bis Ende dieses Jahres wird hingegen auf gerade mal 1 Prozent beziffert. Die bankeigenen Experten erwarten nun allerdings, dass sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 70 Prozent eine Aktienblase bilden wird. Sie gehen dabei von einer fallenden Risikoprämie, einer weltweit steigenden Überschussliquidität sowie weiteren Aktienrückkäufen und Firmenübernahmen aus. Ausserdem habe die eigens durchgeführte Umfrage ergeben, dass 70 Prozent der Anleger in den USA mit rückläufigen und nur 5 Prozent mit steigenden Unternehmensmargen rechnen würden, so die Autoren der Studie.

Die Strategen raten ihrer Anlagekundschaft deshalb zu Aktien europäischer Unternehmen mit einem hohen Ergebnisbeitrag aus dem Inland, auf solche aus den europäischen Peripherieländern. Gleichzeitig bleiben sie vorsichtig für Papiere von europäischen Unternehmen mit einem hohen Ergebnisbeitrag aus China sowie für jene grosskapitalisierter Energiefirmen. Darüber hinaus empfehlen die Experten bei den Aktien zu einem generellen Übergewicht in den Wertschriftenportfolios.
 

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