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Seit der überraschenden Aufgabe des Mindestkurses gegenüber dem Euro bläst der Schweizer Industrie ein eiskalter Wind ins Gesicht. Der Schweizerischen Nationalbank (SNB) die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre etwas gar einfach. Mit dem Mindestkurs dämpfte sie vorübergehend zwar die Symptome der Folgen der Schuldenkrise, nicht aber ihre Ursachen. Auf Dauer konnte das nicht gut gehen.

Wie das Seilziehen rund um das hochverschuldete Griechenland erahnen lässt, ist aus den wirtschaftlichen Problemen Europas längst ein politisches geworden. Spätestens wenn die Demokratie den wirtschaftlichen Interessen geopfert wird, ist das System als Ganzes zu hinterfragen.

Was OC Oerlikon anbetrifft, so beschränken sich die Probleme auf die Folgen des erstarkten Frankens. Die Aufgabe des Mindestkurses liess die Namenaktien des in Zürich beheimateten Industriekonzerns Mitte Januar vorübergehend um 20 Prozent auf 10 Franken einbrechen.

Mittlerweile müssen Anleger wieder etwas tiefer in die Tasche greifen, gingen die Valoren am vergangenen Freitag doch bei 11,75 Franken aus dem Handel. Gegenüber dem Vortag entsprach dies einem satten Plus von 2,6 Prozent.

Auslöser war eine Unternehmensstudie aus dem Hause Helvea. Darin erhöhte der als Koryphäe geltende Industrieanalyst Reto Amstalden sein Anlageurteil von "Hold" auf "Buy" und zog das Kursziel auf 14,60 (12,40) Franken nach.

Der viel beachtete Studienverfasser macht kein Geheimnis daraus, dass die Nachfragesituation in den Absatzmärkten von OC Oerlikon auf kurze Sicht alles andere als rosig ist. Er selber sieht die Geschäftsentwicklung beim Industriekonzern jedoch noch im Laufe der zweiten Jahreshälfte die Talsohle durchschreiten.

Für Amstalden steht fest: Auch wenn das Unternehmen die bis Ende 2017 definierten Zielsetzungen nicht erreichen sollte, sollte der Gewinn in den kommenden zwei Jahren prozentual zweistellig wachsen.

Wie der Studie zu entnehmen ist, werden sich erste Synergien des im vergangenen Jahr von Sulzer erworbenen Oberflächenbehandlungsgeschäfts bemerkbar machen. Darüber hinaus erhofft sich ihr Verfasser nach den Rochaden im Verwaltungsrat eine Überprüfung der bisherigen Strategie. Diese könnte das Fundament für zukünftige Firmenübernahmen schaffen. OC Oerlikon stünden mehr als eine Milliarde Franken für Zukäufe zur Verfügung, so schreibt er weiter.

Interessant ist auch, was Amstalden zur Kursentwicklung der vergangenen 12 Monate zu sagen hat. Seinen Berechnungen zufolge hat der breite Markt die Aktien in dieser Zeit um knapp 20 Prozent hinter sich zurückgelassen. Auf Basis der nächstjährigen Gewinnschätzungen werde das Unternehmen 15 Prozent tiefer als ähnlich ausgerichtete Rivalen bewertet.

Ähnlich äussert sich übrigens auch sein für Kepler Cheuvreux tätiger Berufskollege. Er empfiehlt die Papiere von OC Oerlikon schon eine ganze Weile mit einem Kursziel von 14 Franken zum Kauf. Im Hinblick auf die Halbjahresergebnispräsentation vom 4. August sieht der Experte Raum für eine grundlegende Neubeurteilung und –bewertung des Industriekonzerns.

Erst kürzlich nahm derselbe Analyst die Erstabdeckung des Börsendebütanten SFS Group auf, womit sich elegant auf die zweite Industrie-Perle überleiten lässt.

Eigentlich hatte der Börsengang des Metallverarbeiters aus Heerbrugg alle Zutaten für eine Erfolgsgeschichte. Etwas mehr als 12 Monate nach der Publikumsöffnung präsentiert sich den Anlegern jedoch ein eher nüchternes Bild: Mit den Aktien liess sich in den vergangenen 12 Monaten kaum Geld verdienen.

Schon seit Wochen zeigt der Kursverlauf nach unten. Alleine seit Jahresbeginn hat sich ein sattes Minus von 12 Prozent aufgestaut. Die Papiere notieren mittlerweile nur noch knapp 10 Prozent über dem Ausgabepreis vom Mai vergangenen Jahres.

Allerdings haben die Aktien von SFS Group durchaus ihre Reize. Wie der Unternehmensstudie aus dem Hause Kepler Cheuvreux entnommen werden kann, ist der Metallverarbeiter gut geführt und grundsolide. Er verfüge über grosse Expertise und werde von seinen Kunden hochgeschätzt.

Die präzise hergestellten Komponenten des Unternehmens würden in den attraktiven Absatzmärkten des Automobil-, Elektronik- und Baugeschäfts zum Einsatz kommen, so der Studienverfasser. Aufwärtspotenzial macht der Experte im Zusammenhang mit Übernahmen wie dem kürzlichen Kauf des Maschinenparks der belgischen WEMA aus.

Eines haben OC Oerlikon und die SFS Group gemeinsam: Beide Firmen verfügen über eine grundsolide Bilanz und erwirtschaften eine nachhaltige Free-Cash-Flow-Rendite von mindestens 7 Prozent. Mehr kann man sich aus Anlegersicht meines Erachtens jedenfalls nicht wünschen.

Ich nutze den heutigen Kursrückschlag und setze beide Aktien auf die Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2015. In meiner morgigen Kolumne wage ich übrigens einen Ausblick auf die Kursentwicklung der von mir favorisierten Aktien im Juni.

 

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