Die ausbleibende Wachstumsdynamik in der Eurozone wird mittel- und langfristig einen Bereinigungsprozess auslösen. In diesem Beitrag betrachten wir exemplarisch die Staatsfinanzen Italiens. Wie kann es gelingen, den Verschuldungsgrad des Landes in den Griff zu bekommen? In Frage kommen im Wesentlichen zwei Lösungsansätze. Bei beiden Lösungsansätzen geht es um eine Transformation der Schuldenlast mit dem Ziel, die Verschuldung auf ein nachhaltig tragbares Niveau zu reduzieren. Es soll verhindert werden, dass übermässige Verschuldung das mögliche Wachstum erstickt und dank der Bereinigung der Verschuldung (endlich) wieder Raum geschaffen wird für neues Wachstum und unternehmerische Initiativen.

Lösungsansatz 1: Hauptsache Wachstum

Aus den Schulden herauswachsen ist ein Zauberwort. Ideal wäre ein kräftiges reales Wirtschaftswachstum, welches bewirkt, dass die bestehenden Schulden in Relation zur Wirtschaftsleistung abnehmen und somit tragbarer werden. Betrachtet man die Eurozone und im konkreten Fall Italien, so sind am Horizont keine Aussichten auf ein starkes reales Wachstum auszumachen. Im besten Fall wird es drei, eher fünf Jahre dauern, bis sich die aktuelle Stagnationsphase aufhellen könnte. Bedeutet das Ausbleiben realen Wachstums zwingend, dass ein Land nicht aus der Schuldenfalle herauskommt?

Nein, wirklich entscheidend ist, dass die Wirtschaftsleistung wenigstens nominal wächst und dazu braucht es eine positive Inflationsrate! Doch die EZB weiss, wie schwierig es ist, das Inflationsziel von knapp 2% zu erreichen. EZB Präsident Mario Draghi kämpft mit allen Mitteln gegen eine Verankerung von zu tiefen Inflationserwartungen. Die Inflation im Euroraum ist von etwa 2.5% Mitte 2012 auf den aktuellen Wert von 0.4% gesunken. Man kann auch nicht mehr davon ausgehen, dass die Kräfte hinter diesem Trend – sinkende Energie- und Nahrungsmittelpreise, hohe Arbeitslosigkeit, geopolitische Krisen wie Ukraine / mittlerer Osten – nur vorübergehend seien.

Warum ist eine zu tiefe Inflation ein Problem? Bei der Frage der Tragfähigkeit einer Verschuldung spielt die Inflation eine entscheidende Rolle. Ist die Schuld nominal festgeschrieben (es gibt einen Markt für inflationsbereinigte Anleihen, doch dieses Segment stellt nur eine Nische dar), führt jede unerwartete Veränderung der Inflation zu einem Vermögenstransfer. Steigt die Inflation unerwartet, profitieren die Schuldner, und durch fallende Inflation werden die Gläubiger vermögender.

Jede Schuld eines Schuldners ist spiegelbildlich ein Guthaben eines Gläubigers. Entscheidend ist, ob die Schuldner nachhaltig in der Lage sein werden, die Zinsen zu tragen. Hier liegt der Haken. Der Verschuldungsgrad der privaten und öffentlichen Haushalte stieg während eines langen Kreditzyklus bis 2008 stark an und ist seither trotz grossen Sparbemühungen nicht gesunken.

Nun, wenn die Überschuldung das Problem darstellt, gibt es doch eine naheliegende Lösung: man fokussiert sich aufs Sparen und trägt die Schulden ab! So einfach das Rezept ist, in der Realität funktioniert es nicht. Gemessen wird der Verschuldungsgrad der Staaten als Quotient von Staatsverschuldung dividiert durch die Wirtschaftsleistung. Über die letzten Jahre ist der Verschuldungsgrad Italiens kontinuierlich gestiegen und hat per Ende 2013 132.5% erreicht. Italien wies per Ende 2013 eine Staatsschuld von EUR 2'065 Milliarden auf. Zum gleichen Zeitpunkt betrug die Deutsche Staatsschuld EUR 2'147 Milliarden.

Gemäss Internationalem Währungsfonds wird Italien 2014 um 0.2% schrumpfen und 2015 magere 0.8% zulegen, während die Inflation (CPI) bei 0.1% bzw. 0.5% liegen wird. Das führt zu einem sehr langsamen nominalen Wachstum der Wirtschaft, so dass der Verschuldungsgrad Italiens durch die laufenden Defizite weiter ansteigen wird.

Lösungsansatz 2: Abschreibung nicht tragfähiger Schulden

Betrachtet man die Fakten, dürfte es Italien aus eigener Kraft nicht schaffen, den Verschuldungsgrad zu stabilisieren und auf mittlere Frist zu verringern. Der zweite Lösungsansatz zur Bereinigung einer Überschuldung wäre ein konsequenter Schuldenabbau: weil Italien bei weitem nicht allein dasteht, müsste man einen großen, globalen Schuldenschnitt in Erwägung ziehen. Das würde bedeuten, dass Gläubiger Vermögen in Höhe von Billionen Euro abschreiben müssten. An diese politische Großaufgabe hat sich noch niemand herangewagt. Zumal nicht restlos klar ist, welche Schuldner / Bereiche des Anleihenmarktes besonders gefährdet sind. Sinkt oder steigt die Ausfallwahrscheinlichkeit Italiens? Seit September sind die CDS Prämien (Ausfallversicherung, welche den Käufer bei einem Zahlungsausfall des Schuldners entschädigt) für Italien wieder gestiegen, doch die 10-jährigen Zinsen haben per 24. November den historisch gesehen extrem tiefen Wert von 2.17% erreicht. Aufgrund der ungünstigen Wachstums- und Inflationsprognose ist es angebracht, von einer Verschlechterung der Schuldnerqualität Italiens auszugehen. Die steigende Unsicherheit müsste sich in steigenden Renditeaufschlägen Italiens widerspiegeln (gegenüber Deutschland).

Erwartung zukünftiger Stimulierung

Woran liegt es, dass die Finanzmärkte Italien (noch nicht) als Wackelkandidaten sehen? Die einzige schlüssige Erklärung ist die Erwartung, dass die EZB quantitative Lockerung betreiben wird und neben verbrieften Anleihen auch andere Anlagen wie Unternehmensanleihen, Aktien und mitunter Staatsanleihen kaufen wird und das stützt die Kurse. Dass die Zinsen für sichere Anlagen wie deutsche Staatsanleihen tief sind, folgt aus dem globalen Gleichgewicht. Dass die Bewertungen riskanter Anlagen wie Italien hoch sind und die Renditeaufschläge entsprechend gering sind, folgt aus der Tatsache, dass Investoren auf der Suche nach Zusatzrenditen immer sorgloser werden. Vielleicht auch, weil sie wissen, dass die Rettung des Euros sehr engmaschig mit der Rettung der systemrelevanten Staaten (Too big to fail) zusammenhängt. Und Italien gehört da ohne Zweifel dazu.

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