Die Corona-Pandemie hat die digitale Transformation nochmals beschleunigt. Auch Bargeld wird sich über kurz oder lang einem «Upgrade» wohl nicht entziehen können. So zahlen seit der Corona-Krise immer mehr Menschen mit Karten oder mit dem Smartphone statt mit Papier- oder Münzgeld. Kryptowährungen wie Bitcoin und Stablecoins wie das von Facebook unterstützte Diem (früher Libra) stellen unser Geld- und Zahlungssystem ebenfalls vor Herausforderungen. Denn diese könnten den nationalen Währungen, die von den Notenbanken ausgegeben werden, zunehmend Konkurrenz machen.

Obwohl es noch lange nicht ausgedient hat, wirkt traditionelles, von Zentralbanken ausgegebenes Papiergeld in einer digitalen Welt zunehmend wie ein Anachronismus. Aufgrund des Trends zu elektronischen Zahlungsmitteln und dem Aufkommen der Kryptowährungen bzw. der Fortschritte bei der Blockchain-Technologie und der Kryptographie erwägen immer mehr Notenbanken die Ausgabe einer digitalen Zentralbankwährung («Central Bank Digital Currency», CBDC), eines digitalen Notenbankgelds für alle, das für den Massenzahlungsverkehr genutzt werden kann. Auch die Schweizerische Nationalbank beschäftigt sich mit diesem Thema. In China, Schweden und der Ukraine laufen schon Pilotversuche, die Bahamas haben ihre staatliche virtuelle Währung «Sand Dollar» bereits in Umlauf gebracht. 

Welche Arten von Geld gibt es?

Es gibt drei Arten von Geld. Die Münzen und Noten in unseren Portemonnaies sind physisches Bargeld. Eine 100-Franken-Note ist im Prinzip eine Schuldverschreibung, deren Anspruch staatlich garantiert ist. Da die Banknote als gesetzliches Zahlungsmittel gilt, muss sie beispielsweise bei der Schuldentilgung immer akzeptiert werden, solange kein anderes Zahlungsmittel im Vertrag zwischen zwei Parteien vereinbart wurde. Nebst physischem Geld geben Zentralbanken auch elektronisches Geld aus. Elektronisches Zentralbankgeld ist jedoch den Banken vorbehalten und für die Bevölkerung nicht zugänglich. Die Banken halten diese Mittel als Einlagen auf Konten bei der Zentralbank. Solche Giroguthaben der Banken und das physische Bargeld bilden die Notenbankgeldmenge. Die dritte Art von Geld ist Buch- bzw. Giralgeld. Es ist das «stofflose» Geld, das bei einer Geschäftsbank auf dem Bankkonto als Einlage verbucht und auf den Bankauszügen sichtbar ist. Kredite gehören ebenfalls zum Buchgeld. Im Zahlungsverkehr hat sich Giralgeld durchgesetzt. Bei einer Überweisung wird es elektronisch von Konto zu Konto übertragen. 

Was ist eine CBDC?

Bei digitalem Zentralbankgeld gibt die Notenbank – oberflächlich betrachtet – einfach elektronisches Geld aus, anstatt Geld physisch zu drucken bzw. zu prägen oder den Banken auf den Girokonten gutzuschreiben bzw. zu belasten. CBDC wäre somit eine neue Art von Zentralbankgeld, die auf Kryptotechnologie basiert. Eine digitale Zentralbankwährung mag keine aufregende Innovation sein. Denn unsere täglichen Finanzgeschäfte wickeln wir ja schon über eine Vielzahl von bargeldlosen Transaktionen bzw. elektronischen Instrumenten ab, etwa über Banken (Überweisungen, Kreditkartenabrechnungen etc.), Online-Zahlungsdienste wie PayPal oder virtuelle Geldbörsen wie Apple Pay. Kryptowährungen gibt es haufenweise. Genauer betrachtet ist eine CBDC nach Definition der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aber ein «digitales Zahlungsinstrument, das auf die nationale Recheneinheit lautet und eine direkte Verbindlichkeit der Zentralbank darstellt.» 

Was ist anders?

CBDC ist eine Einlage bei einer Notenbank. Private könnten so – je nach Ausgestaltung – künftig Guthaben bei der Zentralbank halten. Das bedeutet unter anderem auch: CBDC muss durch Reserven und Einlagen sowie durch die Kreditwürdigkeit eines Staats gesichert sein. In den Industriestaaten wickeln die meisten Menschen ihre Finanztransaktionen zwar mehrheitlich auf elektronischem Weg ab. Aber die Haftung für die Einlagen liegt bei privatwirtschaftlichen Unternehmen. Eine Notenbank haftet beispielsweise nicht für die Spareinlagen bei Finanzinstituten, die über die Einlagensicherung hinausgehen. Letztlich ist nur Zentralbankgeld in dieser Hinsicht risikofrei. 

Digitalwährungen gibt es doch schon?

Kryptowährungen wie Bitcoin sind privat erzeugte Währungen, die in Computernetzwerken geschaffen werden und unabhängig von staatlichen Institutionen zirkulieren. Solche Digitalwährungen werden weder von Notenbanken oder Staaten herausgegeben noch von Zentralbanken oder Regierungen als gesetzliches Zahlungsmittel garantiert. Niemand ist dazu verpflichtet, Bitcoins als Zahlungs- oder Wertaufbewahrungsmittel zu akzeptieren oder sie in herkömmliche Währungen umzutauschen. Es gibt bei Kryptowährungen keine Regulierungsbehörde und vielfach auch keine zentralen Kontrollorgane. Entsprechend gering ist die Rechtssicherheit. Die Akzeptanz als Zahlungsmittel nimmt zwar stetig zu, etwa im Online-Handel, sie ist im Alltag aber weiterhin vergleichsweise gering.

Warum das Interesse?

Das Interesse an CBDCs resultiert aus Entwicklungen, die mit der Finanzkrise 2008 begannen: dem Aufkommen von Kryptowährungen und dem Aufstieg digitaler Transaktionen. In einigen fortgeschrittenen Volkwirtschaften war die Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr bereits vor Covid-19 rückläufig. Der anhaltende Rückgang der Bargeldnutzung bereitet den Währungshütern Sorgen. Zentralbanken befürchten, dass durch das enorme Aufkommen privater Zahlungssysteme und -instrumente ihre Fähigkeit, Geldpolitik zu betreiben und Finanzstabilität zu gewährleisten, zusehends geschwächt wird. Sie sind für die Sicherheit des Geldsystems verantwortlich. 

Was sind die Vorteile?

Mit einem Smartphone und einer Internetverbindung kann jeder Digitalwährungen nutzen, um rasch und sicher Geld zu senden und zu empfangen. Die Transaktionskosten sind oft deutlich geringer als bei traditionellen Lösungen. Insbesondere in Ländern mit einer weniger weit entwickelten Finanzinfrastruktur können Menschen einen einfacheren und sichereren Zugang zu Geld und Finanzdienstleistungen erhalten. Überdies sind CBDCs fälschungssicherer. Allgemein eröffnen sie Raum für Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen. Durch eine Zentralbank-Digitalwährung würde sich im Online-Zahlungsverkehr auch die Abhängigkeit von rein privaten Zahlungssystemen verringern. Zudem könnten Geldflüsse besser überwacht werden, um illegale Aktivitäten einzuschränken. Es eröffnet beispielsweise neue Möglichkeiten bei der Geldwäschereibekämpfung. CBDCs haben ebenso das Potenzial, die Effizienz der Zentralbanken bei der Verteilung von Kapital auf Basis geldpolitischer Entscheidungen zu optimieren. 

Und die Risiken?

Veränderungen im Geldwesen können mitunter problematisch sein, mögen sie auf den ersten Blick noch so geringfügig sein. Der Übergang von physischem zu digitalem Bargeld muss daher sorgfältig bedacht werden. Die Sparer könnten beispielsweise zu viel Geld auf einmal von den Banken abheben und in CBDCs umtauschen, was einen Bankenrun auslösen könnte. Die Regulierung müsste weiterentwickelt werden. Sicherheitsaspekte wie Cyberrisiken gilt es ebenfalls zu berücksichtigen. Auch ist unklar, wie ein gemeinsamer globaler CBDC-Standard geschaffen werden kann. Nicht zuletzt: Überall wo der Staat in die Marktkräfte eingreift, leidet in der Regel die Effizienz und damit die Produktivität. 

Wie betrifft es mich?

Aufgrund unterschiedlicher regulatorischer Rahmenbedingungen und unterschiedlich weit entwickelter Finanzinfrastruktur gibt es keine Einheitslösung für digitales Zentralbankgeld, die sich für jedes Land eignet. CBDC-Systeme variieren erheblich, sind aber weitgehend auf ein Wholesale- oder Retail-Modell ausgerichtet. Der direkte Kontakt zu digitalem Zentralbankgeld hängt von der Architektur ab, die ein Staat bzw. eine Notenbank wählt. Beim Wholesale-Modell sind CBDCs auf Transaktionen zwischen Zentralbanken und Finanzinstituten mit einem Konto bei einer Notenbank beschränkt. Dagegen könnten bei einem Retail-Modell Privatpersonen und Unternehmen individuelle Konten bei der Notenbank führen und ihren Zahlungsverkehr darüber abwickeln, ohne dass es einen Finanzintermediär braucht. So könnten Notenbanken beispielsweise eigene mobile Apps für bargeldlose Transaktionen anbieten, die einen Peer-to-Peer-Transfer ermöglichen.

Disclaimer:

Die in dieser Publikation der Migros Bank AG enthaltenen Informationen dienen zu Werbe- und Informationszwecken gemäss Art. 68 des Finanzdienstleistungsgesetzes. Sie sind nicht das Ergebnis einer (unabhängigen) Finanzanalyse. Die darin enthaltenen Informationen begründen weder eine Aufforderung, ein Angebot noch eine Empfehlung zum Kauf und Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Durchführung bestimmter Transaktionen oder zum Abschluss eines anderen Rechtsgeschäftes, sondern haben ausschliesslich beschreibenden, informativen Charakter. Insbesondere stellen sie keine persönliche Empfehlung oder Anlageberatung dar. Sie berücksichtigen weder Anlageziele, das bestehende Portfolio noch die Risikobereitschaft oder Risikofähigkeit oder finanzielle Situation oder andere besondere Bedürfnisse des Empfängers. Der Empfänger ist ausdrücklich aufgerufen, seine allfälligen Anlageentscheide auf Grund eigener Abklärungen inklusive Studium der rechtsverbindlichen Basisinformationsblätter und Prospekte oder auf der Informationsbasis einer Anlageberatung zu treffen. Die Migros Bank übernimmt keine Garantie für die Richtigkeit bzw. die Vollständigkeit der vorliegenden Informationen und lehnt jegliche Haftung für allfällige Verluste oder Schäden irgendwelcher Art ab, welche durch den Gebrauch dieser Information entstehen könnten. Die vorliegenden Informationen stellen lediglich eine Momentaufnahme im aufgedruckten Zeitpunkt dar; es erfolgen keine automatischen, regelmässigen Anpassungen.