Es ging um Roboter, künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Das McKinsey Global Institute hatte das Beste aufgeboten, was zu diesen Thema an natürlicher Intelligenz zu haben ist. Das Ergebnis war ernüchternd. Ich lernte vor allem, dass auch gescheite Menschen in Schablonen denken. Natürlich wies auch in diesem Seminar jemand darauf hin, dass die Landwirtschaft einst 42 Prozent aller Menschen beschäftigt habe und heute noch 2. Und zog daraus den Schluss, dass, wie damals mit der Dampfmaschine und dem Automobil, „Innovation“ für neue Beschäftigung sorgen werde. Noch immer habe es die Wirtschaft geschafft, die nötigen Jobs zu schaffen.

Wie immer fragt keiner nach, welche Bedürfnisse denn die „Innovation“ befriedigen sollte. Dass Robotern dazu nichts einfällt - geschenkt. Doch Menschen müssten über menschliche Bedürfnisse Bescheid wissen. Oder zumindest müssten sich US-amerikanische Intellektuelle an die über 50 Millionen Armen im eigenen Land erinnern und an deren unerfüllte Wünsche: Essen, ein Dach über dem Kopf, Schulen, Sicherheit usw. Muss es denn immer gleich „Innovation“ sein?

Und wie immer wies niemand darauf hin, dass die Unternehmen nach den Gesetzen der Marktwirtschaft Jobs abschaffen und nicht schaffen müssen. Der Konkurrenzkampf zwingt sie, mit möglichst wenig Aufwand zu produzieren. Und Arbeit ist nun mal mit grossen Abstand der wichtigste Aufwandposten. Einem Computer könnte man das einprogrammieren. Er könnte dann vielleicht sogar nach Lösungen suchen, wie man den Widerspruch zwischen der betriebswirtschaftlichen Logik und dem volkswirtschaftlich Wünschenswerten überwindet. Doch für ein Seminar ist dieser Gedanke wohl zu komplex.

Gute und schlechte Jobs

Und noch etwas fiel mir bei diesem Webinar auf: Alle diese hochkarätigen Teilnehmer gingen offenbar davon aus, dass Jobs an sich gut oder schlecht seien. Der Trennungsstrich hat anscheinend etwas mit qualifiziert oder unqualifiziert zu tun. In Wirklichkeit ist es natürlich so, dass schlechte Jobs von Menschen gemacht werden - oder vom Markt, falls man von der eigenen Verantwortung ablenken will. Eine Story aus dem „Wallstreet Journal“ hat diesen wichtigen Punkt neulich trefflich illustriert. Sie geht - kurz zusammengefasst - so:

Gotham City wird von einer Gang beherrscht. Diese, das New York Hotel and Motel Trade Council (HTC), sorgt mit erpresserischen Knebelverträgen und mit Hilfe willfähriger Politiker dafür, dass sich kein Hotelbesitzer im Zentrum New Yorks dem Würgegriff der Gewerkschaften entziehen kann. Die Folge: Der Betreiber ist gezwungen, Löhne zu zahlen, die mindestens 40 Prozent über den Marktpreisen liegen. Der Dumme ist der Kunde. Reisende meidet Gotham City. End of the story.

Wie viel man als Hotelangestellter in New York wirklich verdient, stand in dem Text natürlich nicht. Wer das „WStJ“ liest, lebt in anderen Welten. cash hat nachrecherchiert: Um als Erwachsener mit einem Kind in New York einigermassen anständig über die Runden zu kommen, braucht man ein Jahressalär (Living Wage) von 51'357 Dollar. Bei 2000 Arbeitsstunden (50 Wochen mal 40 Stunden) ergibt das einen Stundenlohn von 25,65 Dollar. In den von der HTC beherrschten Hotels verdient ein Koch 26,89 Dollar, für 2015 wurden 28,24 Dollar ausgehandelt. Auf dem freien Markt liegt der Lohn mit rund 12,50 Dollar nicht einmal halb so hoch. Einem Bar-Tender müssen HTC-Betriebe 18,86 statt den üblichen 6,34 Dollar bezahlen. Da kommen dann noch die Trinkgelder dazu - wenn man Glück hat.

Offenbar ist es also möglich, aus ganz gewöhnlichen Arbeiten, die ganz normale Bedürfnisse befriedigen, gute, anständig bezahlte Jobs zu machen. Es braucht dazu nicht einmal viel Innovation. Ein paar gut organisierte Gangs reichen.