Frauen sind an der Hierarchiespitze nach wie vor unterrepräsentiert. Beispielsweise haben mehr als 90 Prozent aller Fortune 500 Unternehmen einen Mann an der Spitze. Drei Viertel aller Parlamentarier dieser Welt sind männlich. Wie lässt sich diese Ungleichheit erklären? Werden Frauen systematisch diskriminiert, wenn es um Wahlen oder Beförderungen geht?

Olle Folke von der Universität Uppsala und Johanna Rickne von der Universität Stockholm haben einen anderen Grund für die weltweite Unterrepräsentation von Frauen an der Hierarchiespitze öffentlicher und privater Organisationen gefunden. In einem Forschungsbeitrag, der kürzlich in der Fachzeitschrift American Economic Journal: Applied Economics erschienen ist, zeigen die beiden Autoren, dass Frauen, die eine Bürgermeister- oder Parlamentswahl gewinnen oder zum CEO eines Unternehmens befördert werden, deutlich höhere Scheidungsraten aufweisen als Kandidatinnen, die bei derartigen Wahlen bzw. Beförderungen unterlegen sind.

Für ihre Studie untersuchten die Forscher 641 verheiratete Schwedinnen und 1246 verheiratete Schweden, die zwischen 1991 und 2010 für ein Bürgermeisteramt oder einen Parlamentssitz kandidierten, sowie 105 verheiratete Frauen und 715 verheiratete Männer, die zwischen 2002 und 2012 zum CEO ernannt wurden. Im Durchschnitt sind die untersuchten Personen 50 Jahre alt und seit 20 Jahren verheiratet. Rund 10 Prozent dieser Frauen und Männer haben Kinder unter 6 Jahren. Bezüglich dieser Eigenschaften bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Frauen und Männern.

Unterschiede bestehen hingegen bezüglich des Karrierefokus. Die untersuchten Männer sind durchschnittlich älter als ihre Ehefrauen, verdienen mehr als diese und beanspruchen nur selten Vaterschaftsurlaub. Die untersuchten Frauen sind demgegenüber durchschnittlich jünger als ihre Ehemänner, verdienen etwa genauso viel wie ihre Ehemänner und beanspruchen 80 Prozent des gewährten Elternurlaubs. Viele der untersuchten Frauen sind demzufolge in einer Ehe, bei der die berufliche Karriere des Ehemanns im Vordergrund steht, obwohl diese Frauen für Spitzenpositionen im öffentlichen und privaten Sektor qualifiziert sind.

Die Forscher untersuchten auch, wie sich die Wahl bzw. Beförderung auf den Lohn und die Arbeitszeit der untersuchten Frauen und Männer auswirkte, konnten aber keine geschlechterspezifischen Unterschiede feststellen. Sowohl die Lohnsteigerungen als auch die Arbeitszeiten waren für Frauen und Männer nach der Wahl bzw. Beförderung praktisch identisch.

Deutliche Unterscheide zeigten sich jedoch bei der Scheidungsrate. Während die Wahl bzw. Beförderung bei den untersuchten Männern keine Auswirkungen auf die Scheidungsrate hatte, verdoppelte sich die Scheidungsrate bei den untersuchten Frauen. Diejenigen Frauen, die bei der Bürgermeister- oder Parlamentswahl gewannen, wurden in den Jahren nach ihrem Wahlerfolg doppelt so häufig geschieden wie diejenigen Frauen, die ihre Wahlen nicht gewinnen konnten. Bezüglich einer Beförderung zum CEO fanden die Forscher vergleichbare Ergebnisse.

Begabte Frauen, die die Befähigung zu einer Spitzenposition im öffentlichen oder privaten Sektor besitzen, stehen somit vor einem Problem. Wenn sie sich für eine erfolgreiche berufliche Karriere entscheiden, gefährden sie ihre Ehe. Männer haben dieses Problem nicht. Bei ihnen gefährdet die berufliche Karriere die Ehebeziehung nicht. Solange dieser Geschlechterunterschied besteht, werden Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sein, da ein Teil der begabten Frauen, die für diese Führungspositionen befähigt sind, nicht bereit ist, das private Glück dem beruflichen zu opfern.