Auf dem Bundesplatz empfing der Gesamtbundesrat das französische Staatsoberhaupt mit militärischen Ehren. Macron, Berset und ihre beiden Ehefrauen nahmen sich viel Zeit, um die Mitglieder des Bundesrates sowie zahlreiche weitere Personen vor dem Bundeshaus zu begrüssen, bevor sie auf dem roten Teppich über den Bundesplatz schritten.
Nach dem Abspielen der Nationalhymnen nahmen Berset, Macron und die Präsidentengattinnen ein Bad in der Menge der rund tausend Schaulustigen hinter den Absperrungen. Das Bundeshaus selbst war für den Empfang mit allen Kantonswappen geschmückt, und auf dem Bundesplatz wehte neben der Schweizer und der französischen auch die EU-Flagge.
Berset: Stabile Beziehungen mit der EU
Vor den Medien sagte Berset später an der Seite Macrons: «Wir haben stabile Beziehungen mit der EU.» Die Ausarbeitung eines Verhandlungsmandates sei eine wichtige Etappe auf dem Weg zu einem Ausbau der bilateralen Beziehungen. Frankreich sei diesbezüglich ein wichtiger Ansprechpartner für die Schweiz, so Berset.
Er lobte auch die von Macron 2022 initiierte Europäische Politische Gemeinschaft (EPG). Dieses Forum soll den politischen Dialog und die Zusammenarbeit auf dem europäischen Kontinent fördern. «Es ist wichtig für uns, dass wir uns in diesem Rahmen informell austauschen können», sagte Berset. Künftig solle die EPG auch einen Gipfel in der Schweiz durchführen.
Neben der Europapolitik wurden laut Berset zahlreiche weitere Themen mit Macron angeschnitten, unter anderem der Klimawandel. Im Anschluss an die offiziellen Gespräche wurden Absichtserklärungen zum Austausch von Studierenden und zur Zusammenarbeit bei der Forschung über Gletscher und Pole unterzeichnet.
Gemeinsame Werte
Beide Seiten hätten die tiefen Wurzeln der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich gewürdigt, hiess es in einer Mitteilung des Bundesrates. Diese seien verbrieft unter anderem durch den 1516 geschlossenen Ewigen Frieden und immer wieder erneuert durch enge Kontakte auf allen Ebenen.
«Es gibt mehr Krisen, Autoritarismus, Ungleichheit, Rassismus und Antisemitismus», sagte Berset vor den Medien. Im Gespräch der beiden Delegationen sei ersichtlich geworden, dass die Schweiz und Frankreich viele gemeinsame Werte und gemeinsame Themen teilten.
Berset bezeichnete Frankreich als «einen der wichtigsten Partner der Schweiz». 210'000 Schweizerinnen und Schweizer lebten in Frankreich, 163'000 Französinnen und Franzosen in der Schweiz. Zusätzlich kämen 2,2 Millionen Franzosen in die Schweiz, um zu arbeiten.
Zuvor hatte Macron die Schweiz in der Wandelhalle des Bundeshauses in seiner Ansprache gelobt. Frankreich und die Schweiz seien mehr als Nachbarn, sie seien Freunde, gleichsam Cousins. Beide Länder hätten ein gemeinsames Erbe zu verteidigen. Die Gebiete der Zusammenarbeit seien vielfältig.
Macron: Beziehung zur EU klären
Für die Schweiz sei es aber essenziell, ihre Beziehungen zur EU zu klären, mahnte Macron. Ein Schlüsselmoment sei gekommen, und die Verhandlungen mit der EU müssten zum Erfolg führen. Frankreich unterstütze die EU-Kommission in ihren Absichten, auch wegen Forschung und Wirtschaft.
Er respektiere die Schweizer Neutralität in der Frage der verweigerten Wiederausfuhr von Kriegsmaterial zugunsten der Ukraine, sagte Macron. Gleichzeitig gab er seiner Hoffnung auf eine verstärkte Verteidigungskooperation der Schweiz mit der Nato Ausdruck.
Der französische Präsident setzt am Donnerstag den zweitägigen Staatsbesuch in der Schweiz fort. Macron wird zusammen mit Bundespräsident Berset in Lausanne erwartet, um an der dortigen Universität über Europa zu sprechen und anschliessend im Forschungszentrum CERN bei Genf über Wissenschaft.
Nach einem Besuch der Jean-Monnet-Stiftung auf dem Campus der Universität Lausanne werden Macron und Berset im Hotel Beau-Rivage Palace in Ouchy am Genfersee essen, wo sie auch mit Wirtschaftsvertretern zusammentreffen. Am frühen Abend fliegt das französische Präsidentenehepaar von Genf nach Paris zurück.
(AWP)