Als ein Auslöser der heftigen Verluste nannten Börsianer jüngste Aussagen der US-Finanzministerin und früheren Notenbankchefin Janet Yellen, wonach es sein könnte, dass die Zinsen etwas steigen müssten, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern. Bei anziehenden Zinsen könnten Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren an Attraktivität verlieren.

Der hiesige Leitindex Dax fiel erstmals seit Ende März unter die Marke von 15 000 Punkten. Am Ende stand ein Minus von 2,49 Prozent auf 14 856,48 Punkte zu Buche. Der MDax mit den mittelgrossen deutschen Werten sackte um 2,65 Prozent auf 32 042,37 Punkte ab.

Auch charttechnisch ist der Dax mittlerweile angeschlagen. Dem Leitindex sei es am Montag erneut nicht gelungen, die kurzfristig relevante 21-Tage-Durchschnittslinie nachhaltig zu überwinden, hiess es hier von Seiten der Helaba. Die Experten der Landesbank verwiesen auch auf die Saisonalität: Gemäss der Börsenweisheit "Sell in May and go away" soll der Mai ein guter Monat sein für einen vorübergehenden Rückzug.

Die Quartalsberichte zahlreicher Unternehmen gingen in dem allgemeinen Kursrutsch nachrichtlich meist unter. Die Aktien von Infineon etwa sackten als Dax-Schlusslicht um knapp sechs Prozent ab und konnten so nicht von leicht angehobenen Jahresprognosen profitieren. Dies und die Zahlen des Chipkonzerns seien "vermutlich nicht gut genug, um in dem aktuellen Umfeld noch zu begeistern", hiess es von Börsianern.

Infineon zählt zur Tech-Branche, einem Gewinner der noch schnelleren Digitalisierung in der Corona-Krise. Solche Aktien kamen am Dienstag besonders schwer unter Druck. Am Markt hiess es, hier machten sich die Aussicht auf steigende Finanzierungskosten und die vermehrte Hoffnung auf baldige Lockerungen der Pandemie-Massnahmen bemerkbar. Die Landesbank Helaba verwies auf eine sinkende Inzidenzzahl in Deutschland.

Unter diesen Umständen litten auch andere mit Infineon vergleichbare Aktien unter den Gewinnmitnahmen, im Dax galt dies für den Essenslieferdienst Delivery Hero mit einem Minus von rund drei Prozent. Auch alle anderen Index-Werte schlossen in der Verlustzone.

Besonders deutlich zeigte sich der Kursrutsch aber im MDax mit Verlusten unter anderem bei Teamviewer sowie Hellofresh . Gute oder zumindest in der Tendenz ordentliche Quartalszahlen konnten den beiden in der Corona-Zeit gefragten Aktien keinen Rückenwind geben, die Kurse sackten um 12,3 beziehungsweise 6,7 Prozent ab.

Für ein positives Ausrufezeichen sorgte Koenig & Bauer : Der Druckmaschinenhersteller erholt sich weiter von der Corona-Krise. Die Anteilscheine waren mit einem Plus von 6,5 Prozent der klare Gewinner im Nebenwerteindex SDax , der um 2,8 Prozent einknickte.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büsste 1,89 Prozent auf 3924,80 Punkte ein. Der Londoner FTSE 100 und der Pariser Cac 40 schlossen jeweils knapp ein Prozent im Minus. An der Wall verzeichnete der Leitindex Dow zum europäischen Handelsschluss Verluste in ähnlicher Grössenordnung.

Der Kurs des Euro fiel: Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,2021 (Montag: 1,2044) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8319 (0,8303) Euro. Am Anleihemarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,25 Prozent am Montag auf minus 0,27 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,17 Prozent auf 144,34 Punkte. Der Bund-Future lag mit 0,24 Prozent im Plus bei 170,57 Punkten./la/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

(AWP)