MANNHEIM (awp international) - Dem kriselnden Industriedienstleister Bilfinger hat der Verkauf der Bau- und Gebäudedienste einen hohen Gewinn beschert. Im eigentlichen Geschäft belasteten die Zurückhaltung in der Öl- und Gasindustrie, ein schwaches Kraftwerksgeschäft sowie Umbaukosten aber weiter. Umsatz und Auftragsbestand sackten ab. Wegen geringerer Kosten verbesserte sich aber das operative Ergebnis. An den Zielen für 2016 hielt der erst seit Anfang Juli amtierende neue Konzernchef Tom Blades am Donnerstag bei der Zahlenvorlage fest.

Im Februar will Blades die neue Strategie vorstellen. Angesichts von Überkapazitäten im Kraftwerksgeschäft dürfte es dabei auch zu weiteren Stellenstreichungen kommen. Die Rahmenbedingungen blieben "herausfordernd". Die Zurückhaltung der Stromkonzerne nach der Energiewende in Deutschland, gekappte Investitionen in der Öl- und Gasindustrie im Zuge des Ölpreisverfalls sowie hausgemachte Probleme hatten Bilfinger in die Bredouille gebracht. 2015 erlitt Bilfinger wegen hoher Abschreibungen einen Rekordverlust von fast einer halben Milliarde Euro.

Mit dem milliardenschweren Verkauf der profitablen Bau- und Gebäudedienste an den schwedischen Finanzinvestor EQT und der Rück-Integration der zuvor zum Verkauf gestellten Kraftwerksdienste hatte der MDax-Konzern zuletzt wichtige Weichen gestellt. Blades will das Kraftwerksgeschäft selbst sanieren oder in Teilen verkaufen. Nähere Details will er nun aber erst Mitte Februar bekanntgeben. Bilfinger werde sich nicht auf Europa beschränken, sondern auch im Nahen Osten und in Nordamerika Wachstumschancen nutzen, erklärte er. Bilfinger habe "grosses Potenzial". Doch die Stärken seien über den Konzern und die Regionen verstreut. "Wir werden sie bündeln."

Nach dem Verkauf der profitablen Bau- und Gebäudedienstleistungen ist Bilfinger bereits deutlich geschrumpft. Die Zahl der Mitarbeiter verringerte sich auch durch Stellenstreichungen im Jahresvergleich um etwa 6000 auf zuletzt noch gut 38 400. Insbesondere in der Zentrale hatte der Konzern jüngst den Rotstift angesetzt. Im internationalen Geschäft und bei Kraftwerken stehen wohl noch weitere Schritte an.

Im dritten Quartal sorgte der Verkauf der Immobiliendienstleistungen für einen Gewinn von 457 Millionen Euro. Vor einem Jahr hatten Abschreibungen noch zu einem Verlust von 76 Millionen geführt. Die Leistung sackte von Juli bis September um ein Fünftel auf 1,02 Milliarden Euro ab. Auftragsbestand und Auftragseingang, die auf die künftige Entwicklung schliessen lassen, gingen um 19 beziehungsweise 5 Prozent zurück. Das Industriegeschäft verbuchte im dritten Quartal nach einer langen Talfahrt aber einen leichten Zuwachs.

Nach dem Umbau der Führungsspitze und der strategischen Neuausrichtung zeigen sich in den Kennzahlen laut Experten erste positive Signale. DZ-Bank-Experte Thorsten Reigber zeigte sich insbesondere von der Gewinnentwicklung positiv überrascht. Die Sparmassnahmen begännen zu greifen, erklärte er. Doch das Marktumfeld bleibe herausfordernd. Bilfinger-Aktien waren am Vormittag mit einem Kursaufschlag von 1,1 Prozent in einem festen Markt gefragt.

Auch Blades verwies darauf, dass im Industriegeschäft die Sparmassnahmen griffen. Das Kraftwerksgeschäft habe sich auch weiter verbessert. Doch die Marktsituation im Öl- und Gassektor sei insgesamt weiter angespannt. Kunden halten sich mit Investitionen zurück. Bilfinger ist in Europa stark und damit von der konjunkturellen Entwicklung hier besonders abhängig.

Den Ausblick für 2016 bestätigte Blades. Die Leistung dürfte im Vergleich zum Vorjahr "deutlich" auf rund 4,1 Milliarden Euro sinken. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) soll sich aber "deutlich" verbessern. 2015 hatte Bilfinger bei einer Leistung von 5 Milliarden einen operativen Verlust von 23 Millionen verbucht. Nach neun Monaten stand bei dieser Kennzahl nun ein operativer Gewinn von 8 Millionen Euro nach einem Verlust von 45 Millionen ein Jahr zuvor.

Blades muss nach dem Rekordverlust 2015 und dem Wegfall der Dividende bei Anlegern das Vertrauen mühsam wiederherstellen. Der Chefsessel war in den vergangenen zwei Jahren in Mannheim ein Schleudersitz. Nach mehreren Gewinnwarnungen musste zunächst Hessens ehemaliger Ministerpräsident Roland Koch seinen Hut nehmen. Auf ihn folgte Interimschef Herbert Bodner. Der Norweger Per Utnegaard blieb danach nicht einmal ein Jahr. Nach ihm war der Ex-Finanzchef Axel Salzmann übergangsweise am Ruder./jha/mne/fbr

(AWP)