Während S&P die Preissteigerungen im Geschäft mit Erstversicherern wie Allianz und Axa nicht beziffern wollte, wurde die Ratingagentur Moody's konkreter. Die meisten von ihr befragten Erstversicherer erwarteten, dass sie für Rückversicherungsschutz im Schaden- und Unfallgeschäft im nächsten Jahr über 5 Prozent mehr bezahlen müssten als zuletzt, schrieb Moody's in einer am Dienstag veröffentlichten Studie. Viele rechneten mit Steigerungen von bis zu 15 Prozent. Möglicherweise halte der Trend auch über das nächste Jahr hinaus an, schreibt Moody's.

Normalerweise treffen sich die Rückversicherer mit ihren Kunden und Maklern jedes Jahr im September in Monte Carlo, um Preise und Bedingungen für die Vertragserneuerung zum folgenden Jahreswechsel auszuhandeln. Wegen der Corona-Pandemie fällt die Veranstaltung in diesem Jahr aus. Die Gespräche und die Pressekonferenzen zum Thema finden deshalb vielfach in Videokonferenzen statt.

Trotz der erwarteten Preiserhöhungen gehen Experten nicht davon aus, dass die Gewinne der Rückversicherer in nächster Zeit allzu üppig sprudeln. Sowohl S&P als auch Moody's haben ihren Ausblick für die Branche unter dem Eindruck der Coronakrise von "Stabil" auf "Negativ" gesetzt.

Kapitalkosten verdienen

Die Rückversicherer hätten mehrere Jahre lang ihre Kapitalkosten nicht verdient, begründete S&P-Analyst Bender den Schritt. Für das laufende Jahr erwartet er für die 20 grössten Unternehmen der Branche eine Eigenkapitalrendite zwischen 0 und 3 Prozent. Für 2021 geht er von einer Steigerung auf 5 bis 8 Prozent aus.

In der Lebensrückversicherung, bei der in diesem Jahr vor allem die hohe Zahl der coronabedingten Todesfälle in den USA teuer zu Buche schlägt, dürfte die Eigenkapitalrendite laut S&P zwar von über 10 Prozent auf 4 bis 6 Prozent sinken. Damit werfe dieses Geschäft aber immer noch deutlich mehr ab als die Schaden- und Unfall-Rückversicherung.

"Wir erwarten dass die Branche frühestens im Laufe des Jahres 2021 ihre Kapitalkosten verdienen kann", sagte Bender. "Erst dann würden wir den Sektorausblick auf stabil setzen." Dass die Unternehmen die hohen Schäden infolge der Pandemie tragen können, steht für ihn jedoch ausser Frage. "Wir sind weiterhin der Ansicht, dass die Branche über ein robustes Kapital verfügt", sagte Bender.

Schätzungen der Coronaschäden weit auseinander

Wie teuer die Coronakrise die Branche zu stehen kommt, steht immer noch in den Sternen. S&P geht derzeit von versicherten Schäden in Höhe von 35 bis 50 Milliarden US-Dollar aus. Der Rückversicherer Swiss Re rechnet sogar mit 50 bis 80 Milliarden Dollar. Und der Branchenriese Munich Re hat mehrere Studien zusammengetragen, bei denen die Spanne für die weltweit versicherten Coronaschäden von 30 bis 107 Milliarden Dollar reicht.

Im ersten Halbjahr verbuchten die Top 20 der von S&P beobachteten Rückversicherer infolge der Coronakrise bereits Schäden von 12 Milliarden Dollar, davon etwa 11 Milliarden im Schaden- und Unfallgeschäft und etwa eine Milliarde in der Lebensrückversicherung.

Die Branche musste laut S&P vor allem für den Ausfall von Grossveranstaltungen, die Schliessung von Betrieben sowie Ausfälle in der Kreditversicherung und der Hypothekenversicherung in den USA geradestehen.

Im zweiten Halbjahr dürften weitere Schäden hinzukommen, sagte Bender, und auch für 2021 rechnet er mit weiteren Belastungen infolge der Pandemie. Zudem dürfe man die Hurrikansaison nicht vergessen. Man wisse nicht, welche Schäden Wirbelstürme in diesem und im nächsten Jahr noch anrichteten. Zuletzt hatte Hurrikan "Laura" in den USA gewütet. Experten zufolge muss Versicherungsbranche mit mehreren Milliarden Dollar für die Schäden geradestehen./stw/eas/stk

(AWP)