An der Börse wurden die Nachrichten gleichwohl negativ aufgenommen. Die Hannover-Rück-Aktie gehörte am Morgen mit einem Minus von etwas mehr als ein Prozent zu den schwächsten Titeln im MDax , dem Index der mittelgrossen Werte. Seit dem Jahreswechsel hat die Aktie aber immer noch um rund 15 Prozent zugelegt.

Vor allem im November und Dezember sei die Übersterblichkeit in den USA sehr deutlich gestiegen, sagte Jungsthöfel. Nach weiterhin hohen Fallzahlen im Januar und Februar sei dann eine deutliche Besserung eingetreten: "Das dürfte uns entlasten." Nach 261 Millionen Euro im Gesamtjahr 2020 legte die Hannover Rück in der Personen-Rückversicherung im ersten Quartal noch einmal 151 Millionen Euro für höhere Schäden zurück. Davon entfielen dem Finanzchef zufolge etwa 100 Millionen auf die USA. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität sind in den Vereinigten Staaten bisher 578 500 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.

In der Mortalitätsversicherung in den USA zahlen Versicherer am Ende auf jeden Fall die zugesagte Leistung aus. Wenn jedoch deutlich in kurzer Zeit mehr Menschen sterben als üblich, sprengt dies die Kalkulation. Denn ein Unternehmen muss dann nicht nur früher deutlich mehr Geld auszahlen - sondern es erhält auch weniger lang als erwartet Prämien und erzielt geringere Kapitalerträge. Wie andere Rückversicherer hat auch die Hannover Rück solche Risiken von Erstversicherern rückversichert.

Insgesamt verdiente der weltweit drittgrösste Rückversicherer im ersten Quartal rund 306 Millionen Euro und damit knapp zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor, als die Corona-Pandemie die Welt gerade erfasst hatte. "Wir sind gut in das laufende Geschäftsjahr gestartet", sagte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz. Analysten hatten im Schnitt jedoch mit mehr Gewinn gerechnet.

Dabei konnte die Hannover Rück ihre coronabedingte Belastung in der Personen-Rückversicherung durch einen positiven Sondereffekt in diesem Segment nahezu ausgleichen. Jungsthöfel zufolge lag dies an einem Kunden, der einen Teil seines Vertragsbestands verkauft hat - wobei die Hannover Rück durch eine Umstrukturierung verschiedene Sondererträge verbuchen konnte.

Im Schaden- und Unfallgeschäft musste die Hannover Rück netto überhaupt keine coronabedingten Grossschäden mehr tragen. Dennoch fielen die Grossschäden im ersten Quartal mit 193 Millionen Euro nur rund 90 Millionen niedriger aus als im Vorjahreszeitraum. Da hatte die Hannover Rück allein 220 Millionen Euro für coronabedingte Schäden zurückgestellt.

Am teuersten schlugen diesmal die Folgen des extremen Wintereinbruchs in Texas zu Buche - ein Schaden von netto mehr als 75 Millionen Euro für die Hannover Rück. Fast halb so teuer kam den Rückversicherer mit knapp 35 Millionen Euro ein Industrieschaden in Deutschland zu stehen.

Wie teuer die Blockade des Suezkanals durch den havarierten Frachter "Ever Given" für die Versicherer wird, wagte Jungsthöfel noch nicht einzuschätzen. So seien die Folgen für die Lieferketten und mögliche Ansprüche von Geschädigten bisher nicht absehbar. Die Hannover Rück dürfte aber voraussichtlich mit weniger als zehn Millionen Euro davonkommen, sagte er. Auch der Einsturz einer Metro-Brücke in Mexiko-Stadt am Dienstag wird dem Manager zufolge zu einem Schaden für die Hannover Rück. Dieser lasse sich aber noch nicht beziffern.

Unterdessen liessen die jüngsten Preiserhöhungen im Schaden- und Unfallgeschäft die Prämien des Rückversicherers insgesamt nach oben schnellen. Konzernweit erzielte die Hannover Rück im ersten Quartal Prämieneinnahmen von 7,8 Milliarden Euro, fast zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Schwankungen der Währungskurse herausgerechnet belief sich der Anstieg sogar auf fast 17 Prozent.

Angesichts dessen hob der Vorstand seine Prämien-Prognose für das Gesamtjahr an. Er rechnet jetzt mit einer währungsbereinigte Steigerung der Bruttoprämien im oberen einstelligen Prozentbereich. Bisher hatte er lediglich ein Plus von etwa fünf Prozent im Auge gehabt.

Rückenwind brachte der Hannover Rück die Erneuerung der Rückversicherungsverträge in Japan sowie zu geringeren Teilen in Australien, Neuseeland, Asien und Nordamerika zum 1. April. Dabei konnte der Konzern im Schaden- und Unfallgeschäft fünf Prozent höhere Preise durchsetzen - und baute sein Prämienvolumen um 7,4 Prozent aus./stw/tav/zb

(AWP)