Rund 470 Millionen Franken haben sich die Jungfraubahnen diesen Ausbau kosten lassen. Der Eiger Express ist das Herzstück des Grossprojekts. Dieses umfasste ebenfalls den Ersatz der alten Männlichenbahn und den Bau eines neuen, gemeinsamen Terminals mit Bahnanschluss im Talboden von Grindelwald sowie eines grossen Parkhauses.

Die Erneuerung der Männlichenbahn war kaum bestritten, denn die Betriebsbewilligung der Gondelbahn, deren kleine, knallroten Gondeln ihre besten Zeiten längst hinter sich hatten, lief aus. Die neue Männlichenbahn wurde bereits vor einem Jahr fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Für weit heftigere Kontroversen sorgte der "Eiger Express". Das Projekt spaltete die einheimische Bevölkerung. Der Kampf ums Für und Wider wurde bisweilen hemdsärmlig und unzimperlich geführt - von allen Seiten.

"Wäscheleine" sorgt für Zoff

Auf der einen Seite standen die Jungfraubahnen, der grösste und finanziell potenteste Arbeitgeber der Region, mit dem umtriebigen CEO Urs Kessler an der Spitze.

Mit dem Seilbahnneubau verfolgen die Jungfraubahnen zwei Ziele: zum einen das Jungfraujoch als touristischer Leuchtturm international konkurrenzfähig bleiben. Dazu trägt unter anderem die deutlich verkürzte Reisezeit bei. Zum anderen soll Grindelwald als Winter- und Sommerdestination gestärkt werden.

Das Grossprojekt soll ausserdem zu einem Rückgang des motorisierten Individualverkehrs führen, dank 30-Minuten-Takt der Zubringerzüge von Interlaken her.

Auf der anderen Seite standen Organisationen und Private, die dem Bahnunternehmen vorwarfen zu stark auf eine wenig nachhaltige Massentourismus-Strategie zu setzen. "Qualität statt Masse" lautete hier das Schlagwort.

Heftig diskutiert wurde über den Eingriff ins Landschaftsbild durch die neue Seilbahn. Gegner sahen durch die "Wöschhäichi" die bislang unverstellte, spektakuläre Sicht auf die Eigernordwand verschandelt und damit touristisches Kapital vernichtet.

In Hotellerie und Gewerbe gab es Stimmen die befürchteten, dass die noch rascher aufs "Joch" geschleusten ausländischen Gäste kaum mehr einen Fuss in das etwas oberhalb des Talbodens gelegene Dorf setzen würden.

Mit der Coronapandemie, die die Schweiz nun schon seit einem Dreivierteljahr plagt, dürfte die Unsicherheit über die von den Jungfraubahnen gewählte Wachstumsstrategie nicht kleiner geworden sein.

Klare Mehrheit

Eine klare Mehrheit im Tal steht jedoch hinter dem Grossprojekt und erhofft sich davon kräftige Impulse für den Tourismus, wo fast jeder direkt oder indirekt sein täglich Brot verdient.

Dies wurde namentlich an einer denkwürdigen Gemeindeversammlung im Jahr 2014 klar, als die Stimmberechtigten dem Projekt mit einer rund 70-prozentigen Mehrheit den Segen erteilten.

Gegen das Projekt gingen letztlich 17 Einsprachen ein, namentlich von Naturschutzorganisationen, aber auch von Einheimischen. Ende Februar 2018 beschlossen die letzten privaten Einsprecher, ihre Opposition aufzugeben - gegen eine Spende des Bahnunternehmens für einen guten Zweck.

Wichtiger Asien-Markt

Das Jungfraujoch gilt vor allem in asiatischen Ländern als einer der Höhepunkte einer Schweiz-Reise. Es ist das wirtschaftliche Zugpferd der Jungfraubahnen.

War es nach der Wende zum 20. Jahrhundert zunächst noch die eine gutbetuchte Schicht, die es sich auf dem "Joch" hoch über den Fels- und Eisabgründen des Hochgebirges gruseln liess, hielt bald einmal der Massentourismus, vornehmlich aus asiatischen Ländern, auf 3457 Metern über Meer Einzug.

Mit der Zahnradbahn gelangten die Reisenden bisher von Lauterbrunnen und Grindelwald her auf die Kleine Scheidegg, wo sie in die Wagons der Jungfraubahn umsteigen und via die Stationen Eigergletscher, und Eismeer hinauf zum Jungfraujoch fahren. Die Zahnradbahnen bleiben bestehen.

Die neue Seilbahn des Eiger Express bringt nun die Gäste vom neuen Terminal direkt zur Station Eigergletscher hoch. Wer aufs Jungfraujoch will, steigt dort in die Zahnradbahn um. Im Jahr 2019 besuchten über eine Million Gäste das Jungfraujoch.

(AWP)