Aber auch die Pharmasparte und das Elektronikgeschäft mit Halbleitermaterialien trugen zu den Zuwächsen bei, wie Merck am Donnerstag mitteilte. In diesem Jahr sollen Umsatz und Betriebsgewinn aus eigener Kraft stark steigen. An der Börse reagierten die Anleger erfreut.
Vom Krieg in der Ukraine sieht sich Merck unterdessen finanziell direkt kaum betroffen. Es gebe jedoch wachsende Herausforderungen in der Logistikkette, sagte Merck-Vorstandschefin Belén Garijo bei der Vorlage der Zahlen.
Der Dax-Konzern hat bisher in der Pandemie eine Sonderkonjunktur erlebt, da die Darmstädter weltweit viele Corona-Impfstoffentwickler und auch den Mainzer Hersteller Biontech beliefern. Nach kräftigen Zuwächsen bereits im ersten Corona-Jahr setzte sich der Aufwind auch 2021 fort: Der Umsatz kletterte im vergangenen Jahr um gut 12 Prozent auf knapp 19,7 Milliarden Euro.
Beim Gewinn konnte Merck noch stärker zulegen. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg um gut 17 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro.
Unterm Strich wuchs der Gewinn um mehr als die Hälfte auf fast 3,1 Milliarden Euro. "Im Geschäftsjahr 2021 haben wir ein Rekordwachstum erzielt und unsere Margen gesteigert", sagte Garijo. Für Anleger soll es mit 1,85 Euro Dividende je Aktie so viel geben wie nie, 45 Cent mehr als im Vorjahr.
Im laufenden Jahr sollen alle drei Geschäftsbereiche zum geplanten starken organischen Wachstum beitragen, stärkster Wachstumsmotor bleibe dabei das Laborgeschäft. Merck veröffentlicht traditionell zur Jahresbilanz noch keine konkreten Umsatz- und Ergebnisziele, diese folgen in der Regel erst mit der Zahlenvorlage zum ersten Quartal.
Der Ausblick der Darmstädter auf das laufende Jahr sei zwar nur ein qualitativer, schrieb Daniel Grigat vom Investmenthaus Stifel. Unterstelle man dem Passus "starkes Wachstum" aber ein Plus von sieben Prozent in diesem Jahr, so wäre das mehr als die aktuelle Konsensprognose. Noch stärker könne das operative Ergebnis (Ebitda) die Markterwartungen überbieten.
Konzernchefin Garijo bekräftigte zudem das Ziel von 25 Milliarden Euro Umsatz bis 2025, für das Merck wie schon bekannt kräftiger als in den vergangenen Jahren investieren will. Im Laborgeschäft hatte sich der Konzern zuletzt mit Übernahmen im Bereich der mRNA-Technologie weiter verstärkt.
Damit setzt Garijo auf einen vielversprechenden Trend: Die Pharmaindustrie hofft, das Bauplanprinzip der Messenger-RNA nicht nur wie aktuell in der Pandemie bei Corona-Impfungen einsetzen zu können, sondern etwa auch bei Medikamenten gegen Krebs. Auch in Zukunft seien bei Merck vorrangig ergänzende ausgewählte Zukäufe geplant, ergänzte die Firmenlenkerin.
Der Krieg in der Ukraine habe "keinen materiellen Einfluss" auf das Geschäft und die Prognose von Merck, sagte Garijo weiter. Der Konzern erziele nur etwa ein Prozent des Gesamtumsatzes in Russland und der Ukraine. Merck habe weder eigene Produktionsstandorte noch Beschäftigte in Ukraine. In Russland zählt Merck 400 Leute zur Belegschaft und macht vor allem Pharmageschäft.
Angetrieben wurde Merck im vergangenen Jahr von der boomenden Laborsparte mit Produkten und Dienstleistungen für die Arzneiherstellung und -forschung. Hier stieg der Umsatz aus eigener Kraft um mehr als ein Fünftel. Im Zusammenhang mit der Pandemie kamen rund 1,15 Milliarden Euro Umsatz zusammen, wie die Firmenlenkerin sagte. In diesem Jahr sollen es 900 Millionen Euro werden.
Etwas weniger kräftig als die Laborsparte legte der Pharmabereich zu, wo sich neue Medikamente etwa gegen Krebs und Multiple Sklerose auszahlten. Zudem wuchs das Geschäft mit Fruchtbarkeitsbehandlungen auch wegen Nachholeffekten. In der Pandemie waren Kinderwunschkliniken zeitweise geschlossen.
Im Pharmageschäft hatte Merck allerdings zuletzt auch einige Flops in Medikamentenstudien erlitten, Projekte komplett eingedampft und auch seine Wachstumsambitionen für das Geschäft mit neuen Arzneien etwas heruntergeschraubt.
In der Spezialchemie profitierte Merck von einem stark wachsenden Geschäft mit Halbleitern, in das der Konzern mit der Übernahme des US-Zulieferers Versum eingestiegen war. Weltweit sind Halbleiter knapp, gerade in der Autobranche. Der Konzern macht nach dem Umbau der Sparte inzwischen 60 Prozent der Umsätze in dem Bereich mit Halbleitermaterialien. In den kommenden Jahren sollen die Kapazitäten weiter ausgebaut werden.
Unterdessen erholte sich im vergangenen Jahr auch das Geschäft mit Farbpigmenten. Verluste gab es hingegen erneut bei Flüssigkristallen etwa für Smartphone-Bildschirme, wo harte Konkurrenz aus Asien Merck seit längerem zusetzt./tav/als/mis
(AWP)