Alleine die verkauften Mengen stiegen von Januar bis März um 6,4 Prozent, wie Nestlé am Donnerstag mitteilte. Das ist der höchste Wachstumsbeitrag seit mindestens 20 Jahren. Preiserhöhungen steuerten 1,2 Prozent zum Wachstum bei. Mit den Zahlen übertraf Nestlé sogar die kühnsten Erwartungen aus der Finanzgemeinde. An der Börse gab es Applaus: Die Nestlé-Aktie gewann am Morgen um über 3 Prozent.

Insgesamt setzte der Hersteller von Cailler-Schokolade, Nespresso-Kaffee und Purina-Tierfutter in der Periode von Januar bis März 21,1 Milliarden Franken um, das ist ein Plus von 1,3 Prozent. Diese Wachstumszahl ist für Anleger allerdings zweitrangig, da sie auch durch Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen beeinflusst wird.

Erholung in China

Das starke organische Wachstum ist umso bemerkenswerter, wenn man die hohen Vergleichszahlen aus dem Vorjahr berücksichtigt: Denn vor einem Jahr hatten Hamsterkäufe in den Industrieländern im Zuge der Corona-Pandemie die Umsätze kräftig angetrieben. Zudem zählte das Quartal auch einen Arbeitstag mehr.

Nun profitierte Nestlé aber einerseits von der Erholung in China. Dabei half das chinesische Neujahr. Dieses fand 2021 später statt als im letzten Jahr, womit die Verkäufe ins ersten Quartal statt wie im Vorjahr ins vierte Quartal fielen. China wuchs in der Folge zweistellig und meldete sich damit wieder in die Wachstumszone zurück. Im Vorjahresquartal hatte die Pandemie die Umsätze noch drastisch gedrückt.

Auch im von den Lockdowns hart getroffenen Ausserhaus-Geschäft belebten sich die Geschäfte etwas: Nach einem Rückgang von 30,4 Prozent im Gesamtjahr 2020 ging es noch um knapp 12 Prozent bergab. Dieser Bereich steuert allerdings nur rund 15 Prozent zu den Gruppenumsätzen bei. Das für Nestlé deutlich wichtigere Detailhandelsgeschäft dagegen konnte das Wachstum nochmals beschleunigen auf 9,2 Prozent.

Wachstumsschwäche überwunden

Insgesamt legte Nestlé in den ersten drei Monaten des Jahres organisch so schnell zu wie letztmals im Schlussquartal 2011 (8,4%). Danach hatte sich das Wachstum allerdings fortlaufend verlangsamt: Von noch 7,5 Prozent im Gesamtjahr 2011 bis auf 2,4 Prozent im Jahr 2017.

Dies stellte zugleich der Wendepunkt dar. Anfang 2017 hatte Mark Schneider den Chefposten bei Nestlé übernommen und mit einem umfassenden Umbau begonnen. Wachstumsschwache Bereiche wurden verkauft, wachstumsstarke Geschäfte forciert. Somit gelang es, die Umsatzexpansion wieder von Jahr zu Jahr zu beschleunigen.

Nun ist Nestlé auf dem besten Weg, sein für nächstes Jahr in Aussicht gestelltes mittelfristige Ziel von einem mittleren einstelligen Wachstum, sprich mindestens 4 Prozent, bereits in diesem Jahr zu erreichen. Die Vorgabe für das Gesamtjahr lautet zwar lediglich auf eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr (+3,6%). Doch Analysten halten dieses Ziel mit den starken Quartalszahlen nun zunehmend für tiefgestapelt.

Bremsklötze verkauft

Der Konzernumbau trägt nämlich mehr und mehr Früchte. Mit dem kürzlichen abgeschlossenen Verkauf des nordamerikanischen Wassergeschäfts ist Nestlé nun die grössten Bremsklötze los. Inklusive des verkauften Geschäfts schrumpfte die Wassersparte im ersten Quartal um 5,6 Prozent. Dagegen zahlten sich die Investitionen in Kaffee und Tierfutter aus. Diese beiden Bereiche wuchsen weiter ungebremst.

Ob Nestlé damit in einem der nächsten Quartale gar noch einmal an den 2008 aufgestellten Rekord der letzten 20 Jahren von 9,8 Prozent anknüpfen kann, wird sich erst noch zeigen.

tt/uh

(AWP)