Kymriah (tisagenlecleucel, CTL019) ist die erste personalisierte Zelltherapie (CAR-T), die in den USA zugelassen wird. Es handelt sich dabei um einen alternativen Ansatz im Bereich der Immun-Therapien. Konkret bewilligt wurde die Behandlung von B-Zell-akuter lymphatischer Leukämie (ALL) bei Kindern und jungen Erwachsenen. ALL ist eine der Hauptursachen für tödlichen Krebs bei Kindern.

Die FDA kommentierte den Schritt selber als Quantensprung: "Mit der Möglichkeit, die körpereigenen Zellen eines Patienten zu reprogrammieren, um eine tödliche Art von Krebs zu bekämpfen, stossen wir zu einer neuen Grenze in der medizinischen Innovation vor", liess sich ein Vertreter der Behörde zitieren.

Bei der CAR-Technologie werden T-Zellen des Patienten, also weisse Blutkörperchen, neu "programmiert". Und zwar so, dass sie die Krebszellen angreifen, die das 'CD19'-Protein produzieren. Nach der Neuprogrammierung werden die T-Zellen, nun CTL019 genannt, wieder in das Blut des Patienten injiziert. Sie vermehren sich, binden sich an die 'CD19+'-Krebszellen und zerstören diese.

BEHANDLUNG KOSTET 475'000 USD

Die neuartige Therapie hat ihren Preis. Dieser wurde für die gesamte Behandlung auf 475'000 USD festgelegt. Wenn die Therapie nach einem Monat keine Wirkung zeigt, müssen die Patienten allerdings nichts bezahlen, wurde betont. Zudem werde es Programme geben, um die Therapie auch Patienten ohne Krankenversicherung zugänglich zu machen.

Novartis schätzt die Zahl der Patienten, die für die Kymriah-Therapie in Frage kommen, auf rund 600 pro Jahr. Die Gesamtzahl der Patienten mit ALL wurde mit 3'000 angegeben.

ZERTIFIZIERTE BEHANDLUNGSZENTREN

Novartis will die neue Therapie nun möglichst schnell auf den Markt bringen. Diese kann aber nur in speziell zertifizierten Behandlungszentren mit besonders geschultem Personal durchgeführt werden. Zunächst soll deren Zahl 20 betragen und bis zum Jahresende auf 32 steigen. Die Produktion der genveränderten Patienten-T-Zellen erfolgt bei Novartis Morris Plains im US-Bundesstaat New Jersey.

Die Zelltherapie hatte bereits 2014 in der genannten Indikation den Status "Therapiedurchbruch" von der FDA erhalten. Im vergangenen März wurde dann ein beschleunigtes Zulassungsverfahren (Priority Review) gewährt. Und im Juli 2017 empfahl der beratenden Ausschuss der FDA die Zulassung.

BLOCKBUSTER-POTENZIAL

Die US-Zulassung für das Mittel war von Experten denn auch erwartet worden. Gleichwohl sei der Schritt "bahnbrechend" und "ein revolutionärer Durchbruch zur Heilung von Krebs", hiess es in ersten Kommentaren.

Allerdings wurde unisono vor allzu hohen Umsatzerwartungen gewarnt, weil es sich um eine seltene Krankheit handle und der Preis für die Therapie am unteren Rand der Erwartungen liege.

Die Experten erhoffen sich aber bald Angaben zu weiteren Einsatzmöglichkeiten. Insgesamt wird dem Mittel sehr wohl Blockbuster-Potenzial zugetraut, also Jahresumsätze von über 1 Mrd USD. Der Analyst von HSBC geht zum Beispiel von einem Spitzenumsatz für Kymriah und anderen CAR-T-Programmen von 3,4 Mrd USD aus.

Tatsächlich kündigte Novartis denn auch zusammen mit dem FDA-Zulassungsentscheid an, man wolle in den USA und in der EU die Zulassung der Therapie für weitere Krebsarten beantragen. Namentlich genannt wurde DLBCL (diffuses, grosszelliges B-Cell-Lymphom), für das bis Ende Jahr entsprechende Anträge eingereicht werden sollen.

An der Börse legten die Papiere des Pharmakonzerns seit Handelsbeginn stärker zu als der Gesamtmarkt und bauten die Avancen danach weiter aus. Am Schluss gingen Novartis als stärkster Blue Chip mit einem Plus von 2,1% aus dem Handel, während der SMI 0,84% dazugewann.

rw/ra

(AWP)