"Der vergangene Geschäftsgang kann als knapp zufriedenstellend bezeichnet werden", teilte der Schweizer Reise-Verband (SRV) am Donnerstag vor den Medien in Zürich mit. Die Reingewinnmarge konnte auf 1,1 Prozent gehalten werden. Dies geht aus einer Umfrage des SRV und der Universität St. Gallen bei 335 Reisebüros hervor.

Im Langzeitvergleich sei dies das zweite Mal, dass der durchschnittliche Umsatz pro Reisebüro unter der Marke von 3 Millionen Franken geblieben sei, sagte SRV-Geschäftsführer Walter Kunz: "Das ist nicht unser Anspruch." Die 3-Millionen-Grenze müsste wieder erreicht werden.

Zudem müsste auch die Marge wieder besser werden. Diese ist mit 1,1 Prozent äusserst dünn: Einem durchschnittlichen Reisebüro mit drei Mitarbeitern bleiben von 2,84 Millionen Franken Umsatz am Schluss nur gut 31'000 Franken Reingewinn.

Aufhellung in Sicht

Für die nahe Zukunft sieht es besser aus. Die kurzfristigen Einschätzungen der Reiseprofis würden sich zum zweiten Mal in Folge aufhellen, schrieb der SRV. Die Buchungsdossiers und damit die Umsätze dürften grösser ausfallen. Die Gründe dafür lägen in der besseren Wirtschaftslage und in den politischen Turbulenzen in vielen Ländern.

Das Jahr 2018 sei fulminant gestartet, sagte SRV-Präsident Max Katz. In den ersten Monaten seien die Buchungszuwächse sehr erfreulich gewesen, insbesondere für Reisen nach Tunesien, Ägypten und der Türkei, die in den Vorjahren wegen politischer Unruhen Einbrüche erlebt hatten.

Auch andere Länder im östlichen Mittelmeer wie Griechenland und Zypern seien deutlich mehr nachgefragt, sagte Katz. Dagegen hätten die Gewinner der letzten Jahre im westlichen Mittelmeer, Spanien und Mallorca, unter erhöhten und teilweise überhöhten Preisen gelitten.

Flaute wegen Fussball-WM

"Mitte Juni startete die Fussball-WM und damit die traditionelle Buchungsflaute während solchen Anlässen", sagte Katz. Trotz dem frühen Ausscheiden der grossen Nationen wie Deutschland, Spanien und schliesslich auch der Schweiz hätten aber die Buchungen nicht mehr richtig anziehen wollen. "Zu schön und heiss war der Sommer zu Hause."

Der ewige Sommer in der Schweiz habe die anfangs Jahr sehr guten Buchungszahlen deutlich relativiert, sagte Katz. Noch lägen die meisten Reiseveranstalter im Plus und ein gutes Herbstferiengeschäft könne zu einer Steigerung der Zahlen bis zum Jahresende führen.

Entgegen den Erwartungen würden die Leute wegen der angespannten Sicherheitslage nicht weniger reisen, sagte der St. Galler-Tourismusprofessor Christian Laesser. Sie kämen aber vermehrt ins Reisebüro, um sich über die Risiken informieren zu lassen.

"Die angespannte Sicherheitslage treibt die Kunden in die Reisebüros", schrieb der SRV. Die Deutschschweizer seien dabei risikoscheuer als die Westschweizer und Tessiner, sagte Laesser.

Insgesamt bleibe die Reiselust der Schweizer hoch, sagte der Chef des Reiseversicherers Allianz Global Assistance, Angelo Eggli: 85 Prozent der Schweizer würden mindestens einmal im Jahr eine private Reise machen. Das sind mehr als im Vorjahr (82 Prozent), wie aus einer separaten Umfrage von Allianz Global Assistance bei gut 1'000 Personen über das aktuelle Reiseverhalten hervorging.

Airlinepleiten können Genick brechen

Während bei den Umsätzen Aufhellung in Sicht ist, sei bei den Margen der Ausblick wie schon seit Jahren verhalten, schrieb der SRV. Das liege am harten Wettbewerb mit Konkurrenten und dem Internet.

Bei einer sehr dünnen Reingewinnmarge von 1,1 Prozent könnten Airlinepleiten Reisebüros das Genick brechen. Denn die Reisebüros würden nicht nur die bereits bezahlten Tickets einbüssen, sondern sie müssten auch Ersatzflüge für ihre Kunden besorgen. Diese Flüge seien nach einem Grounding wegen der hohen Nachfrage meistens doppelt so teurer, sagte Kunz.

Als Beispiel nannte er die jüngste Pleite der Berner Regionalfluggesellschaft Skywork Ende August. Alleine für die Reisebüros im Raum Bern belaufe sich der Gesamtschaden auf über eine halbe Million Franken.

Kundengeldabsicherung gefordert

Der SRV wiederholte deshalb seine Forderung nach einer Kundengeldabsicherung für Fluggesellschaften. Diese hatte der europäische Dachverband der Reisebranche (ECTAA) Anfang Jahr beim EU-Ministerium für Mobilität und Verkehr eingereicht. Chancen rechnet sich Kunz allerdings keine aus: "Die Lobby der Airlines ist zu gross."

Eggli von Allianz Global Assistance sagte am Rande der Medienkonferenz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP, dass nur ein Versicherungskonzern für Reisebüros eine Versicherung gegen Airlinepleiten anbiete. Die Allianz mache das nicht, denn das rechne sich nicht.

jb/tt

(AWP)