"Wir wissen nicht, was alles auf uns zukommt", sagte Verwaltungsratspräsident Johan Rupert am Freitag an einer Telefonkonferenz. Rupert machte für die Luxusbranche eine Reihe von Risiken aus, beginnend beim Ukraine-Krieg über die Corona-Lockdowns in China bis hin zu den wachsenden Inflations- und Rezessionsängsten rund um den Globus.

In Russland und der Ukraine etwa haben zur Gruppe gehörende Markenhäuser wie Cartier oder Piaget kurz nach Kriegsbeginn ihre Aktivitäten in der Region gestoppt und die Shops geschlossen. Die Mieten und Löhne würden weiter bezahlt, während es in Russland auch zu Beschlagnahmungen von Produkten gekommen sei, hiess es.

Belastend fürs Geschäft sind auch die strengen Corona-Massnahmen im wichtigen chinesischen Markt. Derzeit seien im "Reich der Mitte" etwa 100 der rund 250 Markenshops geschlossen, sagte CEO Jérôme Lambert. Immerhin werde ein Teil der dadurch verlorenen Umsätze über die Online-Kanäle aufgefangen.

Starkes US-Wachstum

Die geopolitischen Einflüsse hinterliessen Spuren in der Jahresrechnung von Richemont. Die Russland-Risiken und Abschreibungen belasteten das operative Ergebnis mit knapp 170 Millionen Euro, während die strikten Corona-Regeln in China die ansonsten starke Erholung zuletzt etwas bremsten.

Am Ende kletterte der Umsatz gegenüber der von der Coronakrise stark belasteten Vorperiode 2020/21 um 46 Prozent auf 19,2 Milliarden Euro. Und im Vergleich zu vor zwei Jahren, als Corona noch kaum ein Thema war, lagen die Umsätze um 35 Prozent höher.

Insbesondere in den USA kam das Geschäft nach den Corona-Öffnung ins Rollen. In der Marktregion Amerika kletterten die Verkäufe in Lokalwährungen um 77 Prozent in die Höhe, während Richemont in Europa mit 51 Prozent ebenfalls stark zulegen konnte. Etwas moderater war das Wachstum wegen China in Asien-Pazifik (+28%).

Hohe Dividende

Das kräftige Wachstum schlug auch auf die Ergebnisse durch: Der Betriebsgewinn (EBIT) hat sich zu den beiden Vorjahren auf 3,39 Milliarden Euro weit mehr als verdoppelt. Die operative Marge lag mit 17,7 Prozent aber klar unter dem, was Analysten erwartet hatten. Grund dafür waren hohe Aufwendungen fürs Marketing, die Produktion oder für den Vertrieb.

Der Reingewinn rückte wegen Abschreibungen auf den Investitionen beim britischen Online-Partner Farfetch "nur" um 61 Prozent auf 2,08 Milliarden Euro vor. Den Aktionären soll trotzdem eine Gesamtdividende von 3,25 Franken je Aktie vorgeschlagen werden, nachdem im vergangenen Jahr 2 Franken bezahlt wurden.

Trotz Wachstum und grosszügiger Dividende kommen die Zahlen an der Börse nicht gut an. Gegen Mittag bricht die Richemont-Aktie um 12 Prozent ein. Nebst der laut Analysten zu tiefen Marge wurde der Rücksetzer auch mit den Unsicherheiten zu den im November gross angekündigten Online-Plänen begründet.

Der Versuch, mit Farfetch und weiteren Partnern eine E-Commerce-Plattform aufzubauen, zieht sich in die Länge. "Wir sind mit mehreren Interessenten in Gesprächen und die entwickeln sich positiv", hielt sich Finanzchef Grund dazu bedeckt.

mk/cf

(AWP)