Im Vergleich zur letztjährigen Umfrage planen zudem deutlich weniger Arbeitnehmende eine Frühpensionierung. Nur noch 27 Prozent anstelle der 32 Prozent aus dem Vorjahr haben angegeben, dass sie eine vorzeitige Pensionierung anstreben. Eine Mehrheit könne sich sogar vorstellen, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten - allerdings vorwiegend in einem Teilzeitpensum.

Das Problem sei, dass eine Frühpensionierung sehr teuer sei und die Menschen sich das nicht leisten können oder wollen, sagte Tashi Gumbatshang, Leiter Kompetenzzentrum Vermögens- und Vorsorgeplanung bei Raiffeisen Schweiz. Es würden bis zum ordentlichen Rentenalter nicht nur die Lohnzahlungen wegfallen, auch die Umwandlungssätze zur Berechnung der Rente seien tief.

Wenig Zuspruch erhielt in der Befragung das derzeit unterschiedliche Rentenalter von Mann und Frau. Ein Drittel befürwortet das Rentenalter 65 für alle.

Wenig Vertrauen in zweite Säule

In der aus drei Säulen zusammengesetzten Vorsorge hat die zweite Säule (BVG) Vertrauen verloren. Nur noch rund 15 Prozent der im Rahmen des Vorsorgebarometers Befragten glauben an die Zukunftsfähigkeit und die Finanzkraft der beruflichen Vorsorge. Im Jahr davor lag dieser Wert noch anderthalb Prozentpunkte höher.

Der Vertrauensverlust zeige sich auch daran, dass immer mehr Personen eine Auszahlung des Pensionskassenkapitals einer Rente vorziehen würden. Die öffentliche Diskussion rund um die zunehmende Lebenserwartung und um die sehr tiefen Zinsen hinterlasse Spuren. Die Umfrageteilnehmer rechneten bei der eigenen Pensionierung mit Leistungskürzungen.

Das führe dazu, dass sich die Kunden vermehrt die Frage stellen, ob sie über die ordentlichen Beiträge hinaus überhaupt in ihre Pensionskasse Geld einzahlen sollen, sagte Gumbatshang. "Die Kunden fragen sich, ob sie das einbezahlte Geld später je wieder sehen."

Tiefe Risikobereitschaft

Mit gut 16 Prozent verblieb die AHV in der "Vertrauensfrage" auf dem Niveau des Vorjahres, während das Vertrauen in die private Vorsorge der dritten Säule innert Jahresfrist ebenfalls zurückgegangen ist. Allerdings sind nach wie vor mehr als 43 Prozent von der finanziellen Stabilität der selbst alimentierten 3a/3b-Vorsorgegefässen überzeugt.

Das weiter schwindende Vertrauen in das Vorsorgesystem zeigt sich auch daran, dass viele Schweizer in dieser Frage verstärkt auf das Prinzip Eigenverantwortung setzen. Nur noch 12,5 Prozent gegenüber 19 Prozent im Vorjahr sehen den Staat in Vorsorgefragen in der Pflicht. Demgegenüber sehen sich 78 Prozent nach zuvor 70 Prozent der Befragten selbst in der Verantwortung.

Wenn es ums Geldanlegen geht, dann zeigen Schweizerinnen und Schweizer nach wie vor wenig risikobereit. Auch dann nicht, wenn es sich wie im derzeitigen Tiefzinsumfeld auf die lange Frist lohnen könnte. "Viele sorgen privat immer noch mit einem klassischen Säule 3a-Konto vor und scheuen ein Engagement in den Aktienmärkten", so Gumbatshang.

Das Raiffeisen-Vorsorgebarometer basiert auf einer vom 17. bis 26. Juni 2020 durch das Link-Institut bei 1'028 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren durchgeführten Befragung. Die Studie dazu wurde in Zusammenarbeit mit der School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) erstellt.

mk/ra

(AWP)