Das Mittel zählt bisher zu den aussichtsreichen Kandidaten unter den potenziellen Corona-Impfstoffen. Viele Länder, auch Deutschland, haben mit dem Konzern Verträge über insgesamt Milliarden Dosen abgeschlossen. AstraZeneca werde die Untersuchung beschleunigen, damit sich das Zulassungsverfahren für den Impfstoff so wenig wie möglich verzögere, hiess es vom Unternehmen.

Bei der Überprüfung geht es letztlich darum, festzustellen, ob die gesundheitlichen Probleme des Studienteilnehmers vom Impfstoff ausgelöst wurden. Während des Stopps sollen keine weiteren Probanden geimpft und bisher geimpfte Personen weiter beobachtet werden. Plötzlich auftretende Krankheitssymptome müssten nicht unbedingt am Impfstoff liegen, hatte der Direktor des britischen Wellcome Trust, Jeremy Farrar, bei einer Online-Pressekonferenz zu Corona-Vakzinen gesagt.

Bei den gesundheitlichen Problemen handele es sich um einen Einzelfall, betonte das Unternehmen. Der Impfstoff aus Oxford befindet sich unter anderem in den USA in der dritten, abschliessenden Studienphase mit mehreren Zehntausend Teilnehmern. AstraZeneca machte keine Angaben zu der Erkrankung.

Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf eine informierte Person, dass es sich um eine Transverse Myelitis handele - eine Entzündung, die das Rückenmark trifft und von Vireninfektionen ausgelöst werden kann. Der von AstraZeneca hergestellte Wirkstoff AZD1222 beruht auf der abgeschwächten Version eines Erkältungsvirus von Schimpansen und soll das Immunsystem auf Trab bringen, damit es Sars-CoV-2 im Falle einer Infektion unschädlich machen kann.

"Die Studie wurde nicht abgebrochen, sondern es werden als Standard zunächst neue Impfungen ausgesetzt, um die mögliche Nebenwirkung genauer untersuchen zu können", erläuterte Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg. Die Krankheit Transverse Myelitis gehe in der Regel mit schweren neurologischen Symptomen einher, erklärte der Infektiologe. Ursachen für eine solche Erkrankung könnten etwa Polio und Autoimmunreaktionen wie Multiple Sklerose sein. "Und die Symptome sind je nach Höhe des Befalls im Rückenmark meist akute Lähmungserscheinungen oder Gefühlsstörungen."

AstraZeneca und acht weitere Pharma- und Biotech-Unternehmen hatten erst am Dienstag versichert, dass sie bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs keine Kompromisse bei der Sicherheit machen werden. Dieser ungewöhnliche Schritt folgte mit Blick auf Bedenken, dass es vor allem in den USA politischen Druck zwecks einer Eil-Zulassung erster Impfstoffe vor der Präsidentenwahl am 3. November geben könnte. US-Präsident Donald Trump erklärte zuletzt immer wieder, dass es vielleicht schon bis zur Wahl einen Impfstoff geben werde.

Das Mittel von AstraZeneca wirkt zweifach: Es soll sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen fördern - beide sind für die Immunabwehr wichtig. International gibt es ein Rennen von Wissenschaftlern und Pharmaunternehmen um gute Corona-Impfstoffe, viele Kandidaten befinden sich bereits in klinischen Prüfungen.

Und Länder versuchen schon jetzt, Impfstoffe für sich zu sichern. So vereinbarte die EU-Kommission mit der Mainzer Firma Biontech die mögliche Lieferung von bis zu 300 Millionen Einheiten. Im Idealfall sollen noch vor Jahresende die ersten Impfstoff-Dosen in Europa verfügbar sein, wie das Unternehmen mitteilte. Voraussetzung ist der erfolgreiche Abschluss von Tests und die Zulassung des Impfstoffs, die der Hersteller bereits im Oktober beantragen will.

Die EU-Kommission verfolgt die Strategie, mit möglichst vielen Pharmafirmen Vorverträge abzuschliessen, um bei einem erfolgreichen Impfstoff rasch Zugriff zu haben. Die Brüsseler Behörde hat schon mit sechs Herstellern entsprechende Gespräche geführt. Mit dem Biontech-Konkurrenten AstraZeneca gibt es bereits einen Vertrag über die Lieferung von bis zu 400 Millionen Impfstoff-Dosen./so/DP/jha

(AWP)