Am Montag hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde die Finanzmärkte mit ihren Aussagen zur Geldpolitik bewegt. Sie stellte ein Ende der Negativzinsen bis zum Ende des dritten Quartals in Aussicht. Einen ersten Zinsschritt peilt sie für den Juli an. An den Finanzmärkten wurden die Aussagen als Hinweis auf eine erste Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte gedeutet.

Seitdem haben einige Mitglieder im EZB-Rat gefordert, im Juli sogar einen grösseren Zinsschritt um 0,50 Prozent zu machen. Dies scheint aber im EZB-Rat nicht mehrheitsfähig zu sein. Eine Reihe von westlichen Notenbanken, darunter auch die US-Notenbank, haben bereits eine Zinswende eingeleitet.

Von einem raschen Sinken der Inflationsrate, die in Deutschland wie in der Eurozone zuletzt 7,4 Prozent betrug, geht der Bundesbankpräsident nicht aus. "Die Inflation wird nicht über Nacht sinken, das kann noch etwas dauern. Es kommt darauf an, dass die längerfristigen Inflationserwartungen gut verankert sind", sagte er.

Für die deutsche Wirtschaft ist Nagel trotz der zahlreichen Krisenherde verhalten optimistisch. "Die deutsche Wirtschaft steht nicht so schlecht da: Wir haben vor dem Krieg für 2022 mit mehr als vier Prozent Wachstum gerechnet. Jetzt könnte sich das etwa halbieren. Mit einem Wachstum von etwa zwei Prozent sieht es dann immer noch ganz ordentlich aus." Das Szenario einer Stagflation, also eine vergleichsweise hohe Inflation bei gleichzeitig stagnierender Wirtschaftsleistung, sieht er als derzeit als nicht wahrscheinlich an: "Die Lage ist weiterhin robust", sagte Nagel dem Spiegel./jsl/jkr/mis

(AWP)